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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Traurigkeit, die nur Liebende zu empfinden vermochten, die wussten, dass ihre Liebe keine Zukunft hatte. Er wandte sich ab und ging.
    Giulia wartete noch, bis sie hörte, wie die Tür am Ende des Ganges zufiel. Langsam und zitternd trat sie an die Rückwand ihres Verlieses. Dort ließ sie sich zu Boden fallen und schrie ihr ganzes Leid heraus, bis ihre Lungen schmerzten und aus ihrer Kehle kein Laut mehr kam.

30
    Eine Reise von sechs Tagen lag nun hinter Mutter Rufina. Sie war müde und spürte jeden einzelnen Knochen ihres Leibes von den vielen Stunden auf der nur leicht gepolsterten Sitzbank des Wagens. Seit ihrer Abreise hatte sie nur wenig Schlaf gefunden. Meist schlief sie auf der Pritsche ihres Wagens mitten im Wald oder auf einem Pass in den Bergen. Ohnehin waren die Berge die größte Beschwerlichkeit. Zuerst erreichte sie die Monti della Laga. Dahinter lagen die Abruzzen. Hier überquerte sie die Monti Reatini. Über diese gelangte Rufina nach Latium, bevor die Gipfel der Monti Sabini das letzte natürliche Hindernis vor Rom darstellten. Die Pferde, obgleich junge, starke Hengste, waren den steilen Anstieg und das nicht minder steile Gefälle nicht gewohnt. Daher musste Rufina ihnen in den Bergen mehr Ruhe gönnen. Sie selbst war längst am Ende ihrer Kräfte.
    In der Nacht passierte sie Tivoli, wo sie beschloss, eine Herberge aufzusuchen, um Körper und Geist vor der Ankunft in Rom zu stärken. Sie nahm das günstigste Zimmer, wo sie auf einer schmalen Pritsche eine unruhige Nacht verbrachte. Noch vor Sonnenaufgang reiste sie nach dem einsamen Morgengebet weiter.
    Dann, am Morgen des siebten Tages, erblickte sie im Westen, angestrahlt von der Morgensonne in ihrem Rücken, die glänzenden Kirchtürme Roms. Die alles überragende Kuppel des Petersdoms war selbst aus dieser Entfernung zu erkennen. Sie lenkte den Wagen dorthin.
    Die Räder klapperten über die Pflastersteine der breit gebauten Via Tiburtina, die noch aus der Zeit der alten Kaiser stammte. Die Straße führte auf geradem Wege nach Rom hinein. Rufina fuhr vorbei an prächtigen Palästen, an großen Plätzen und kleinen Kirchen. Die Fahrt durch die riesige Stadt erschien ihr weitaus länger als die Route über die Pässe.
    Nachdem sie die Ponte Margherita überquert hatte, hielt sie sich südlich und fuhr am westlichen Ufer des Tiber entlang. So gelangte sie an der Engelsburg vorbei, und als sie aus deren Schatten kam, ragte über ihr der Petersdom auf wie ein weißer, in göttlicher Vollkommenheit erschaffener Berg. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sein Pochen hämmerte in ihrem Kopf. Nun sollte sie endlich erfahren, was mit ihrem Schützling geschehen war. Tief in ihrem Inneren hoffte Rufina, dass das Ausbleiben von Giulias Briefen eine ganz harmlose Erklärung finden würde. Womöglich hatte ihre Arbeit sie davon abgehalten, regelmäßig zu schreiben. Obwohl sie, wenn sie darüber nachdachte, kaum daran zu glauben vermochte. Rasch schob sie alle Gedanken beiseite.
    Auf dem Petersplatz angekommen, griff sie in die Zügel, und die Pferde kamen zum Stehen. Sie stieg ab, richtete Habit und Schleier und schritt die Stufen zum Petersdom hinauf.
    Drinnen empfing sie angenehme Kühle. Sie hatte Rom schon einige Male in ihrem Leben bereist, und so beeindruckte sie der Pomp im Petersdom kaum. Der Teil der Basilika, in dem die hier tätigen Nonnen lebten, war ihr bekannt. Sie hielt sich links, schritt durch eine unscheinbare Tür im Seitenschiff und betrat einen langen Gang, der an einer kleinen Kapelle vorbeiführte. Rufina blickte hinein und sah eine rundliche Nonne mittleren Alters, die Gebetsbücher einsammelte.
    Die Nonne musste sie gehört haben, denn sie wandte sich um. »Wer seid Ihr?«, wollte sie wissen.
    »Mutter Rufina aus Santa Annunziata«, antwortete Rufina und ging näher. »Und Ihr?«
    »Ich bin Schwester Regina.« Regina stutzte, Rufinas Worte schienen in ihrem Kopf nachzuhallen. Dann blieb ihr der Mund offen stehen. »Sagtet Ihr Santa Annunziata?«
    »Eben das waren meine Worte«, sagte Rufina. »Ihr habt diesen Namen schon einmal gehört?«
    »Gewiss«, sagte Regina und fuhr fort, die Gebetsbücher zusammenzusuchen.
    »Dann kennt Ihr mein Mündel Schwester Giulia?«, fragte Rufina weiter. Regina schien sie nicht weiter beachten zu wollen. »Seht mich an, wenn ich mit Euch spreche!«, befahl Rufina mit eiserner Stimme.
    Regina schrak zusammen. Sie legte die Bücher auf eine Bank. »Ja, ich kenne die Schwester.«
    Rufina war nicht

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