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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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hugenottischen Sippe für den Kampf gegen die französische Krone zukommen lasst?«
    Um Marisas Kinn zuckte es. »Was sagt Ihr da?«
    »Leugnen hat keinen Zweck, Donna«, sagte Carbone. »Wir sind über alles im Bilde.« Er machte eine kunstvolle Pause. »Ich habe Eure Töchter gesehen. Bildhübsche Mädchen. Und ich frage mich, wie es ihnen wohl in den Kerkern der Engelsburg ergehen würde. Natürlich nur, bis sie auf dem Scheiterhaufen neben Euch und Eurem Gemahl Erlösung finden.«
    »Wer in Gottes Namen seid Ihr?«, ächzte Marisa. »Der Teufel?«
    »Ich glaube«, sagte Carbone, »Ihr seid nun ein wenig aufgeschlossener, was mein Anliegen anbelangt.«
    »Was zur Hölle wollt Ihr?«, fragte Marisa, den Tränen nah.
    Carbones Mund formte ein dünnes Lächeln. »Ich sagte es Euch bereits.«
    »Das kann ich nicht tun«, schluchzte Marisa und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    Carbone erhob sich und wandte sich zum Gehen. »Das tut mir sehr leid, Donna«, sagte er, ohne sie anzusehen. »Auch für Eure Töchter.«
    Mit einem Aufschrei hielt Marisa ihn zurück. »Also gut«, keuchte sie. »Ich tue, was Ihr verlangt. Nur verschont meine Kinder. Sie haben niemandem ein Leid zugefügt.«
    »Ihr seid so klug, wie Ihr schön seid, Donna«, sagte Carbone. »Ich schicke Euch einen Boten, wenn die Zeit gekommen ist. Ich denke, den Hinweis, gegenüber Eurem Gemahl Stillschweigen über mein Hiersein zu bewahren, kann ich mir ersparen.« Ohne ein weiteres Wort ging er davon.
    Zurück blieb die vor Angst und Qual zitternde Contessa Marisa Mattei.

25
    Auch zwei Tage später noch befand sich der Heilige Vater mit seinem gewaltigen Gefolge auf dem ausgedehnten Feld vor Grottammare. Aus der Ferne sahen die zahllosen Zelte aus wie spitze, viereckige Pilze aus einem unbekannten Land. Dazwischen huschten Diener, Gardisten und Geistliche hin und her wie Ameisen.
    Es war ein kühler, wolkenverhangener Abend. Der Papst saß in seinem Zelt auf einem Stuhl und hörte Gazetti zu. Giulia stand stumm neben dem verschlossenen Vorhang am Eingang. Sie dachte an Francesco Geller, mit dem sie seit der Nacht am See kaum ein Wort gewechselt hatte. Seitdem gingen sie sich aus dem Weg, obwohl Giulia auffiel, dass Geller ihr bei jeder Gelegenheit heimliche, schüchterne Blicke zuwarf. Wie gern wäre sie zu ihm gegangen, um mit ihm zu plaudern. Längst hatte sie sich eingestanden, dass sie ihn liebte. Doch der Ring an ihrem Finger und das Kreuz über ihrer Brust zogen sie fort von der geliebten Seele. Sie wollte weinen, aber noch stach der Schmerz zu stark in ihrem Herzen. Tränen brauchten Schwäche, um ungehindert fließen zu können. Vielleicht würde die Einsamkeit ihrer Zelle im Vatikan sie entkräften und die Mauer, die sie jetzt noch schützte, hinfortreißen. Dann würde sie weinen können. Francesco, dachte sie. Bitte, verzeiht mir.
    »Euer Heiligkeit«, sagte Gazetti. »Dringende Angelegenheiten in Rom erfordern Eure Rückkehr. Fünf Wochen sind wir nun fort. Ihr habt Eure Heimat gesehen, habt Euer Geburtshaus besucht, seid durch die geliebten Wälder gestreift. Nun bitte ich Euch inständig, lasst uns umkehren.«
    »Sind Wir tot, muss Rom auch ohne Uns auskommen«, erwiderte der Papst.
    »Euer Heiligkeit!«, sagte Gazetti in dem Tonfall, in dem eine Mutter ihr störrisches Kind ermahnt.
    Der Papst winkte ab. Er blickte Giulia an. »Was sagst du, liebes Kind?«, fragte er. »Wir und du sind aus ein und demselben Stamm geschnitzt. Sollen wir dieses von Gott mit vollkommener Schönheit und erhabener Ruhe gesegnete Land verlassen, um in den stinkenden Moloch Roms zurückzukehren?«
    Giulia schrak auf. »Nun, Euer Heiligkeit«, sagte sie langsam, um ihre Gedanken zu sammeln, »zwar muss ich zugeben, dass es auch meine Seele erfreut, an diesem wundervollen Ort zu verweilen, doch gebe ich dem Monsignore recht. Euer Platz ist in Rom – und der Weg zurück lang und beschwerlich.«
    »So sei es«, murmelte der Heilige Vater. »Morgen nach Sonnenaufgang brechen wir auf.«
    Dankbar lächelte Gazetti. »Ich lasse alles vorbereiten, Euer Heiligkeit«, sagte er und verließ das Zelt.
    Der Heilige Vater sah zu Giulia hinüber. »Dein Körper ist hier«, sagte er. »Doch scheint Uns, dein Geist befindet sich in weiter Ferne. Woran denkst du, mein Kind?«
    »Ich frage mich, ob Ihr gefunden habt, wonach Euer Herz sich sehnte, Euer Heiligkeit?«, log Giulia.
    Lange starrte der Papst sie an. Gerade als er den Mund öffnete, erscholl eine Stimme vor dem Zelt. Es

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