Die Tochter des Königs
bekümmert. »Bist du das, Septimus?« Mit zusammengekniffenen Augen spähte sie durch ihren Schleier. »Bitte, sag ihm, dass ich gekommen bin.«
Sie trat ins Haus, gefolgt von Eigon und den Sklaven. Hinter ihnen wurde die Tür geschlossen. Vor Erleichterung atmete Eigon tief durch. Bis zu diesem Moment hatten sie nicht mit Sicherheit gewusst, ob ihre Nachricht, in dem sie ihren Plan grob umrissen, tatsächlich hier im Haus eingetroffen war. Sie hatten Silas zu ihrem Boten bestimmt. Wenn sich irgendjemand durchschlagen konnte, dann er, und ihm würde sie ihr Leben anvertrauen. Septimus, ein hagerer Mann mit schütterem Haar, der die tadellose, aber schlichte Tunika eines älteren Haussklaven trug, legte den Finger auf die Lippen und ging ihnen durch den Korridor rasch in eines der Zimmer voraus. »Hier herein, Herrinnen«, sagte er laut. Im Flüsterton fuhr er fort: »Bitte sagt nichts Unüberlegtes. Wir wissen nicht, wer ein Spion sein könnte.«
Junilla warf einen warnenden Blick zu Eigon, die schweigend nickte. Ihr Herz klopfte vor Angst und Aufregung wie wild.
Es dauerte eine ganze Weile, ehe jemand erschien, aber schließlich kam Tempus Decimus, der Besitzer des Hauses,
begleitet von seinen zwei Gästen. Sie wirkten erschöpft und waren beide sehr mager. Decimus war ein großer Mann Anfang vierzig, Kummerfalten hatten sich tief in sein Gesicht eingegraben. Im Augenblick jedoch lächelte er. Eigon merkte, dass Julius’ Blick sie streifte. Das war die einzige Geste des Erkennens zwischen ihnen. »Erfrischungen, bitte«, ordnete ihr Gastgeber an. Die beiden Sklaven, die wartend neben der Tür standen, verneigten sich und verschwanden. Junillas Sklaven folgten ihnen. Eine kurze Zeit waren die fünf allein im Raum.
»Schnell, Eigon.« Junillas Gebaren als gebeugte alte Dame verschwand im Handumdrehen. »Zieh dein Gewand und deinen Schleier aus. Und deinen Umhang. Gib alles Julius. Und du, Felicius, streifst dir dieses Gewand über.« Junilla reichte ihm die Tasche, die sie mitgebracht hatten.
Grinsend wandte Julius Eigon den Rücken zu, als sie tat, wie ihr geheißen. Dann reichte sie ihm ihr Kleid, das er über den Kopf zog, gefolgt von Umhang und Schleier. Nur mit Mühe konnten sie ein Lachen unterdrücken, als die Säume der Ärmel unter seinen kräftigen Schultern fast platzten. »Geht das?«, fragte Eigon Junilla.
Diese lächelte. »Wenn die Wachposten blind sind! Aber du musst wie sie gehen, Julius. Und sie muss gehen wie ich, gebeugt und alt!« Sie nahm ihren Umhang und ihren Schleier ab und reichte beides Eigon.
»Sie kommen!« Decimus stand neben der Tür. »Schnell, Felicius, Junilla, hinaus in den Hof.«
Als die Sklaven zurückkehrten, waren wie zuvor zwei Frauen im Raum, jetzt saßen sie allerdings nebeneinander auf einer Liege, beide noch verschleiert. Decimus stand neben ihnen. Zwei andere Damen, halb verborgen hinter den eingetopften Pflanzen im Hof, betrachteten den Teich, den Rücken dem Raum zugewandt. Wortlos stellten die Sklaven
die Erfrischungen auf den niedrigen Tisch und zogen sich zurück.
»Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte Decimus, als die Tür hinter ihnen geschlossen war. Er ging zum Fenster und bedeutete Junilla und Felicius, wieder ins Zimmer zu kommen.
»Nachdem wir die Erfrischungen zu uns genommen haben, gehen Eigon und ich wieder, wie wir gekommen sind, mit unseren Sklaven«, sagte Junilla entschlossen, streifte ihren Umhang ab und warf ihn über die Lehne der Couch. »Nur bin es natürlich nicht ich.« Sie lächelte zu Julius hinüber. »Zum Glück hat Eigon in etwa meine Größe. Ich bezweifle, dass die Wachposten den Unterschied bemerken. Als wir angekommen sind, haben sie uns kaum beachtet.«
»Und wie verlässt du dann das Haus?«, fragte Felicius.
»Mit dir, mein Lieber. Nachdem die Wachposten abgelöst worden sind.« Junilla warf Felicius ein Lächeln zu. »Wir tragen Umhänge und Schleier und gehen ganz ungestört Arm in Arm hinaus, so, wie wir gekommen sind. Selbst wenn jemand etwas sagt, dass wir bereits gegangen wären, wird niemand zwei Frauen aufhalten, die das Haus verlassen.« Sie runzelte die Stirn. »Aber was wird mit dir passieren, wenn sie herausfinden, dass deine Vögel ausgeflogen sind?« Sie wandte sich zu Decimus.
Er lächelte spöttisch. »Ich habe nicht vor, hier zu sein, wenn sie das feststellen. Ich weiß, welchen meiner Sklaven ich vertrauen kann. Bei anderen bin ich mir nicht so sicher. Aber wir haben einen Plan. Ich werde das Haus
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