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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Zunft.«
    Blut rauschte in Marus Ohren. Ihr Vater, ein Zauberer? Aber er war doch gestorben!
    »Er muss auch nicht tot sein, wie du glaubst, Maru Nehis«, fuhr Jalis fort, »aber er musste dich und deine Mutter auf jeden Fall verlassen. Ich habe versucht, dir zu erklären, dass wir keine Familie haben dürfen. Kein Band darf uns halten, wenn wir Großes vollbringen wollen.«
    »Dann hat er uns im Stich gelassen?«, fragte Maru. Ihre Gedanken rasten, und hundert Fragen lagen ihr auf der Zunge. Sie wusste selbst nicht, warum sie ausgerechnet diese gestellt hatte.
    »Das hat er. Vielleicht hat er dich und deine Mutter sogar in die Sklaverei verkauft. Ich halte das für denkbar, denn es wäre ein gutes Mittel, eine Umkehr für ihn unmöglich zu machen.«
    »Verkauft?«, rief Maru entsetzt.
    »Ich verstehe, dass dir das verwerflich erscheinen mag, doch wir handeln nicht nach den Maßstäben gewöhnlicher Menschen. Wir sind Maghai.«
    »Er hat meine Mutter und mich verkauft«, sagte Maru langsam. Es war ein Gedanke, an dem sie sich seltsamerweise festhalten konnte. Der Boden hatte sich aufgetan, und er würde sie verschlingen, wenn sie nicht etwas fand, was sie hielt, was ihr Kraft gab. In
diesem Fall war es der Zorn, der aus demselben Abgrund stieg, in den sie zu stürzen drohte.
    Der Maghai schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nun, was deine Bestimmung betrifft, Maru Nehis …«
    Maru sah ihn befremdet an. Wer war dieser Mann eigentlich? Was wollte er von ihr? Soeben hatte er ihr enthüllt, dass ihr eigener Vater sie und ihre Mutter verkauft hatte. Jetzt sprach er von Bestimmung?
    »Falls die Hüter einen Plan für dich haben, Maru Nehis, so halten sie ihn geheim! Ich habe deine Augen gesehen, deine Erinnerungen, deine Hände. Nichts ist dort festgeschrieben. Du bist eine Sklavin, doch wirst du es kaum bleiben. Wirst du eine Maghai? Dies ist kaum vorstellbar, denn du bist eine Frau. Dazwischen liegen mehr Möglichkeiten, als der Dhanis Windungen hat. Falls es einen Pfad für dich gibt, kann ich ihn nicht finden!« Jalis’ Tonfall änderte sich plötzlich, wurde schneidend kalt. »Doch sehe ich andere Dinge.«
    Marus Nackenhaare stellten sich auf. Sie spürte Gefahr. Da war wieder dieses seltsame leise Rascheln und ein Knistern, das aus den Wänden zu kommen schien. »Was für Dinge sind das, Herr?«
    »Ich sehe Kräfte, die an dir zerren, und ich meine nicht den Urather, diesen Stümper mit seinen armseligen Taschenspielerkniffen. Nein, Maru Nehis, da ist eine alte Macht aus dem Süden, ein Daimon oder niederer Gott. Du weißt, wen ich meine. Ich habe ihn in deiner Erinnerung gesehen. Er wittert die Kraft, die in dir heranwächst und die es nicht geben sollte. Sie kann in den falschen Händen eine gefährliche Waffe sein, Maru Nehis. Gefährlicher, als du es dir vorstellen kannst. Dein Vater hätte dich nicht verkaufen, sondern töten sollen.« Er sagte das so ruhig, als spräche er über einen kranken Hund.
    »Er hat es aber nicht getan, Herr«, sagte Maru verzweifelt. Ihr war jetzt klar, dass dieses Gespräch ein böses Ende finden würde.
    »Er hätte dich schon nicht zeugen dürfen. Er hätte nicht zulassen dürfen, dass du überhaupt geboren wirst! Dich nicht zu töten, war also sein drittes großes Versäumnis. Glaube mir, Maru Nehis, es erfüllt mich mit Kummer, dass es mir bestimmt scheint, seine Fehler wiedergutzumachen.«
    Für einen Augenblick schien die Zeit stehen zu bleiben. Maru sah aus dem Fenster. Die nackten Felsen des Glutrückens warfen rotes Licht in den Raum. Er wollte, dass sie starb. War das also schon ihr Ende? Der Maghai schloss die Augen, streckte eine Hand aus und murmelte leise ein paar Worte, die sie nicht verstand. Sie war wie gelähmt. Uo, der Gott des Todes, breitete bereits seine Arme aus, um sie in Empfang zu nehmen?
    Das Knistern in den Wänden wurde lauter. Es folgte ein seltsames hartes Knacken, dann ein leises Rascheln. Ein schwarzer Tausendfüßler kroch über die Fensterbank. Er war riesig, länger als eine Hand. Maru trat einen Schritt zurück. Ein weiterer Tausendfüßler wand sich durch das Fenster herein. Ein großer Käfer folgte ihm, dann viele kleine. Es wurden immer mehr und sie kamen durch jedes der vier Fenster.
    Maru wich weiter zurück. Es knackte unter ihren Sandalen. Erschrocken fuhr sie herum. Der Raum wimmelte von schwarzem Getier. Sie kamen unter der Tür hindurch, krochen die Wände entlang. Dutzende, hunderte von schwarzen Käfern waren schon in der Kammer, ein

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