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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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es sei gesund, wenn er den Kriegern seine Märchen erzählt. Nun, umgebracht hat er noch keinen damit. Bis jetzt. Und wenn sie lauschen, rufen sie nicht fortwährend nach dem armen Kräuterweib. Also lasse ich ihn gewähren. Doch lauf nur zu ihm, Nehis. Ich habe zu tun, viel zu tun. Werde nach denen sehen, die es am schlimmsten erwischt hat. Du triffst mich dort, nachher, an jenem Brunnen«, sagte die Kräuterfrau und wies ungefähr in eine Richtung.
    Maru nickte. Sie hörte Biredh nur zu gerne zu. Sie konnte nicht sagen, ob er wirklich Heilkräfte in seiner Stimme hatte, aber es war nicht schwer, das zu glauben, denn seine Erzählungen machten das Herz leicht. Sie lief leise näher heran, um ihn nicht zu stören. Der Blinde saß auf einem Schemel, und seine Stimme klang durch das Haus der Heilung wie eine bronzene Glocke. Die Kranken lauschten gebannt. Zu Marus Überraschung war Biredhs Erzählung ausgesprochen düster. Er schilderte einen Gewittersturm so lebhaft, dass seine Zuhörer zusammenzuckten, wenn er die Worte Blitz und Donner herausschleuderte. Maru versuchte, den Faden aufzunehmen. Offenbar war ein Dorf von einer mächtigen Flut verheert worden, aber heldenhaft schienen sich einige Krieger gegen das Verhängnis zu stemmen. Sie warfen sich in das tosende Wasser und zogen Frauen, Kinder und Alte an Land. Maru klang das seltsam vertraut. Biredh fuhr fort: »Allen voran aber ist der Held Fakyn zu
nennen. Ein Kydhier, groß wie ein Baum. Doch was rede ich? Ihr kennt ihn! Und mit lauter Stimme, so, wie er in der Schlacht die Reihen seiner Männer ordnet, so übertönte er den Donner und ordnete die Menschen, wo Unordnung Verhängnis bedeutete. Und da war Bolox, der Farwier, der Fakyn an Kraft kaum nachstand. Er teilte die Wellen und zog viele heraus, die sich schon dem Tod geweiht glaubten.«
    Maru blieb vor Staunen der Mund offen stehen: Wieder einmal berichtete Biredh von Ereignissen, die sie selbst erlebt hatte. Die Zuhörer hingen an seinen Lippen. Sie fragte sich, ob nicht der eine oder andere von ihnen seinerzeit ebenfalls dabei gewesen war.
    »Helden werden geboren in so einer Nacht«, fuhr Biredh fort, »doch hart waren die Prüfungen, die die Götter ihnen auferlegten, und diese Nacht war noch nicht zu Ende. Denn während die tapferen Männer mit den aufgewühlten Wassern kämpften, geschah etwas Unheilvolles hinter ihrem Rücken.« Biredh legte eine Pause ein. Seine leeren Augenhöhlen schienen die Gesichter der gespannt Lauschenden zu mustern. Dann setzte er die Erzählung fort: »Der Alldhan hatte in Serkesch das Verhängnis gebannt, und er hatte es in einen Käfig gesperrt.«
    »Schaduks Fluch!«, entfuhr es einem Kydhier.
    »Ja, so ist es, Schaduks Fluch, den der sterbende Immit in den Körper seiner Frau Umati gebannt hatte. Oh, wenn ihr sie gesehen hättet! Ein Weib von großer Schönheit und mit tödlichen Kräften. Es heißt, ihr brennender Blick könne einen Mann ebenso leicht ums Leben bringen wie ihre nackten Hände. Streng verhüllt war ihr Gefängnis Tag und Nacht – wisst ihr, weshalb?«
    »Nein, nein«, riefen mehrere der Kranken.
    »Die Sonne durfte sie nicht berühren, denn sie war keine gewöhnliche Sterbliche. Zwar heißt es, dass sie in Ulbai geboren sei, als Tochter eines mächtigen Schab der Akkesch, doch ihre Mutter war eine Fürstin der Viramatai. Und dies zeichnete sie aus, vor
allen anderen Weibern der Stadt. Es wird erzählt, dass eine ihrer Ahnen von Edhil, dem Sonnengott selbst, ein Kind empfing. Und in dieses von göttlichem Blut gesegnete Gefäß hatte der Immit nun einen Rachedaimon gebannt.«
    Ein Raunen lief durch die Reihen der Zuhörer. Es war allgemein bekannt, dass Edhil im fernen Land der Viramatai, am Rand der Welt, den Himmel betrat und dass die Männertöterinnen, wie dieses Frauenvolk auch genannt wurde, sich dem Sonnengott in geheimen Riten hingaben. Maru hielt den Atem an. Umati war also zur Hälfte eine Viramatai? Sie hatte noch nie eine gesehen und wusste von diesem Volk nur, dass dort Frauen herrschten und dass in ihrem Land das kostbare Eisen gefunden wurde. Doch was sollte der Unsinn mit dem Rachedaimon und Schaduks Fluch?
    »Seht ihr es, Männer, seht ihr, wie die Krieger mit dem Fluss um Frauen und Kinder kämpften und nicht achtgaben auf die Gefahr in ihrem Rücken?«, nahm Biredh den Faden der Handlung wieder auf. »Und da öffneten sich die blitzeschleudernden Wolken für einen Wimpernschlag, und auf einem goldenen Strahl kam Edhil selbst auf die

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