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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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zitterten plötzlich. Von einem Augenblick auf den anderen schlug seine Stimmung um. »Der Verräter hat abgelehnt?« Er schrie beinahe und seine dünne Stimme hallte laut von den Tempelwänden wider. »Er wagt es, meine ausgestreckte Hand zurückzuweisen? Ich habe ihm den Palmzweig des Friedens geschickt – und er spuckt darauf?«
    »Er hat uns ein Gegenangebot unterbreitet, Herr«, erwiderte Uschparu bedächtig. Er war an die Stimmungsschwankungen des Kaidhans offensichtlich gewöhnt.
    Luban verharrte in der Mitte des Tempels. Er war der einzige der Anwesenden, der Weiß trug, und so sah er beinahe aus, als würde er leuchten. Er schloss die Augen und schien ein Gebet zu murmeln. Dann öffnete er ein Auge und sagte: »Was bietet er?«
    »Wenig, Herr, es sind eher Forderungen, die Numur erhebt, fürchte ich.«
    »Forderungen?«
    »Er wird wissen, dass wir sie nicht annehmen können und auf ein Gegenangebot hoffen, Hochgeborener.«
    »Er ist eine Schlange, dieser Abtrünnige. Was will er also?«
    Bevor Uschparu diese Frage beantworten konnte, flog eine der Seitentüren des Tempels auf, und ein seltsamer Zug rauschte in die hohe Halle. Vorneweg ging mit harten Schritten eine Greisin,
die nicht von ihrem hohen Alter gebeugt, sondern kerzengerade und stolz war. Sie trug ein graues, strenges Gewand und keinerlei Schmuck. Ihr folgten vier Träger, die auf einer Sänfte einen schwarz gekleideten Knaben von vielleicht zehn oder elf Jahren hereinbrachten. Zwei Krieger mit eisernen Waffen beschlossen den Zug.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte die Frau, und ihre scharfe Stimme schnitt wie ein Messer in die Stille, die ihrem Eintreffen gefolgt war.
    »Edle Danami, Malk Gerru, welch Überraschung«, stammelte Luban.
    Die Frau blieb dicht vor ihm stehen, und obwohl sie Grau trug und er leuchtendes Weiß, schien er vor ihrer Ausstrahlung förmlich zu verblassen. Luban wich einen Schritt zurück. Sie blitzte ihn an und warf dann einen Blick in die Runde, der so vernichtend war, dass Maru glaubte, die Wand müsse davon zerspringen.
    »Noch einmal frage ich, was dies zu bedeuten hat, Neffe!«
    »Dies ist der Rat des Kaidhans, hochgeborene Danami«, antwortete Immit Uschparu an Stelle Lubans. »So tagte er viele Male, seit die Stadt belagert wird, und noch nie hast du uns mit deinem Besuch beehrt.«
    »Was will mir der Kydhier damit sagen?«, fragte Danami ihren Neffen Luban.
    Uschparu verfärbte sich, und Luban wurde noch ein Stück kleiner. »Es gibt immer so viel zu besprechen, edle Danami. Er wollte wohl sagen, dass er dich nicht mit allem Ungemach des Reiches behelligen will.«
    »Als Immit Schaduk noch lebte, war ich oft zugegen. Schaduk hat auf mich gehört, ist es nicht so, Neffe?«
    »Ja, so war es wohl«, erwiderte Luban kleinlaut.
    Maru war tief beeindruckt. Die Frau hatte etwas von einem schneidend kalten Wind. Sie musste schon mindestens siebzig oder
gar achtzig Jahre alt sein, ein Alter, das nur die wenigsten erreichten.
    Uschparu war wütend: »Die Gesetze der Akkesch sagen klar, dass der Rat des Kaidhans den Männern vorbehalten ist!«
    »Was versteht denn ein Kydhier von unseren Gesetzen?«, entgegnete die Frau trocken. »Ich bin die Großmutter Gerrus, des Erben, der letzten Hoffnung der Etellu. Ich habe mehr Recht hier zu sein als du, Uschparu.«
    »Lass ihn doch bitte, liebe Danami. Wir wollen nicht streiten, der Krieg ist schlimm genug«, versuchte Luban mit weinerlicher Stimme zu beschwichtigen.
    »Das ist es, was ich hörte. Der Krieg. Ihr verliert ihn, du und dein neuer Immit.«
    »Wir sind dabei, ihn zu einem guten Ende zu führen«, verteidigte sich Immit Uschparu.
    »Auch davon habe ich gehört. Verhandlungen mit einem Verräter? Wie tief seid ihr gesunken!«, zischte Danami.
    »Aber Danami, unsere Krieger hungern, das Volk stirbt am Fieber. Wir müssen verhandeln!«, jammerte Luban.
    »Verhandeln? Taten wären hier erforderlich. Dort steht Upnu, den sie einst die Faust der Akkesch nannten. Hat sie auch nur einmal zugeschlagen in diesem Krieg? Ihr wartet auf euer Ende und redet, statt zu handeln. Die Ahnen schämen sich deiner, Luban!«
    »Du bist ungerecht«, erwiderte Luban mit zitternder Stimme.
    »Bin ich das? Dann lasst mich hören, was dieser Rat beschlossen hat. Und vergiss nicht, dort sitzt dein Erbe. Auch an ihn musst du denken, wenn du mit einem Abtrünnigen um das Reich schacherst.«
    Der Knabe war dem Streit ohne eine erkennbare Regung gefolgt. Er hatte wohl früh gelernt, seine Gefühle zu

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