Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
für seine Geschichte benennen, um seine eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
Tasil fuhr unterdessen fort: »Und daher kann ich dir sogar sagen, dass dieser Fluch in Wahrheit nur ein Weib ist. Umati mit Namen. Numur führte sie in einem Käfig...«
Luban sprang urplötzlich auf. »Umati? Schaduks Weib? Wirklich? Wie könnte das sein?«, rief er laut.
Tasil war von dem plötzlichen Gefühlsausbruch überrumpelt. »Nun, Herr, Numur nahm sie gefangen, doch wurde sie aus ihrem Gefängnis befreit und seither …«
»Hast du gehört, Uschparu? Umati, die Frau Schaduks, sie lebt!«, rief der Kaidhan freudestrahlend.
»Dies ist nur ein Gerücht, Hochgeborener«, antwortete der Immit vorsichtig, »soweit wir es wissen, hat Numur in Serkesch doch nicht nur Schaduk, sondern auch seine Frau und seine Kinder töten lassen.« Er schien nicht zu wissen, was er von dem plötzlichen Stimmungsumschwung des Kaidhans zu halten hatte.
»Nein, kein Gerücht. Ich fühle es in meinem Herzen. Sie lebt! Weißt du, was das bedeutet, guter Freund?«
Der Immit setzte zu einer Antwort an, aber dann schwieg er. Er hatte ganz offensichtlich nicht die leiseste Ahnung, worauf Luban hinauswollte.
»Weißt du nicht, dass sie zur Hälfte eine Viramatai ist? Eine Viramatai, Uschparu! Wenn ihr Volk erfährt, dass sie lebt, dass sie für mich kämpft, dann werden sie zu ihrer Hilfe herbeieilen! Siehst du das nicht, Uschparu?«
Der Immit konnte es offensichtlich ebenso wenig sehen wie Maru oder irgendein anderer in der Tempelhalle. Nur der Kaidhan erblickte diesen plötzlichen Hoffnungsschimmer.
»Herr, das Eisenland ist weit«, wandte Uschparu vorsichtig ein.
»Weit? Was sind Entfernungen für dieses Volk von Zauberinnen? Weißt du nicht, dass sie mit den Göttern verkehren? Sie töten ihre Männer, aber sie gebären Kinder. Was kann das anderes
heißen, Immit? Und stammt Umati nicht aus einer Linie, die ihren Ursprung auf den Sonnengott Edhil selbst zurückführt?«
»Wenn ich mich recht erinnere, hochgeborener Kaidhan, ist sie nur zur Hälfte eine Tochter der Männertöterinnen, und ihre Mutter wurde von ihrem Volk verstoßen.«
»Ihre Mutter, ihre Mutter – nein, Uschparu, ich sehe es, ich höre es – hörst du es nicht?«
Der Immit hörte offensichtlich nichts, er sah aber wohl seine Felle davonschwimmen. Eben noch war der Kaidhan ein gebrochener Mann gewesen, bereit, einen unwürdigen Frieden zu schließen, und jetzt schöpfte er Hoffnung aus unerwarteter Quelle.
»Nein, du kannst es nicht hören. Aber ich höre es. Es ist Etellu, mein Ahn. Still! Er raunt mir zu, dass Umati unsere große Hoffnung ist.«
War jetzt auch Luban verrückt geworden? Oder war es wirklich so, dass die Fürsten der Völker mit ihren Ahnen sprechen konnten? Maru wusste es nicht. Sie verfolgte den ganzen Vorgang mit ungläubigem Staunen. Der Immit warf einen hilfesuchenden Blick zu Baschmu. Steckten die beiden etwa unter einer Decke? Der Sterndeuter zögerte, dann räusperte er sich unsicher und begann: »Herr, es ist nicht gesagt, dass die Sterne …«
»Die Sterne, Baschmu, die Sterne! Wir haben uns geirrt. Der neue Stern ist kein Gott, nein, aber er ist auch sicher kein Urather! Er steht für die Hoffnung, die durch Umati erscheint! Kann es nicht das sein? Sagtest du nicht, die alten Listen seien unsicher, was der Wandelstern bedeute? Muss nicht der Stern einer Halbgöttin heller strahlen als der eines urathischen Boten?«
»Das … das weiß ich nicht, Herr, ich muss die Schriften der Alten vielleicht noch einmal prüfen«, erwiderte Baschmu zaghaft.
Der Immit warf ihm einen zornigen Blick zu und sagte dann: »Halbgöttin? Es ist Jahrhunderte her, dass Edhil ihre Ahnherrin zeugte, wenn es überhaupt je geschah. Und Hoffnung? Herr, sie
ist auf der falschen Seite des Flusses. Sie kann die Stadt nicht retten.«
Lubans Zuversicht schien einen Augenblick ins Wanken zu geraten, dann aber fing er sich und sagte: »Dann müssen wir sie eben holen!« Er fuhr herum und strahlte Tasil an. »Du, Urather, du wirst sie holen!«
Der Kaidhan konnte nicht sehen, dass Uschparu hinter ihm unmerklich den Kopf schüttelte. Die Geste galt Tasil, und dem war sie nicht entgangen. »Ich weiß nicht, ob ich das kann, Herr«, erwiderte er vorsichtig. »Die Serkesch jagen sie seit vielen Monden, und doch sind sie ihrer nie habhaft geworden.«
Den Einwand fand Maru berechtigt. Das Sumpfland war groß, Umati konnte sich überall und nirgends verstecken. Kein Mensch würde sie
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