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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Hütchenspiel und Kartentricks verdiente oder Brieftaschen
stibitzte. Ich war ebenfalls aus solch einem Alptraum geflüchtet, den
eigentlich kein Kind erleben dürfte. Dank der Zauberei konnte ich mich
über Wasser halten. Durch Zaubern und Stehlen. Als ich später die Wahl
hatte, beschloß ich, meine Kunstfertigkeit auf beiden Gebieten zu
nutzen und zu verfeinern. Ich entschuldige mich nicht dafür, ein Dieb
zu sein. Jedesmal wenn ich stehle, nehme ich mir nur etwas zurück, das
man mir gestohlen hat.«
    Er trank einen Schluck und lachte. »Ach, das wäre ein
gefundenes Fressen für jeden Psychiater. Nein, ich entschuldige mich
nicht, aber ich will dich auch nicht irgendwie beeinflussen. Ich werde
dich das Zaubern lehren, Luke. Und wenn du älter bist, triffst du
ebenfalls deine Wahl.«
    Luke überlegt. »Weiß es Roxanne?«
    Zum erstenmal zeigte sich eine Spur von Unsicherheit auf Max'
Gesicht. »Ich sehe keinen Grund, warum sie es wissen sollte.«
    Das machte die Sache noch besser. Für Luke bedeutete es
ungeheuer viel, etwas zu wissen, das Roxanne nicht wußte. »Ich will
alles von dir lernen.«
    »Das sollst du auch. Und da wir gerade davon reden, wir müssen
anfangen, uns um deine Ausbildung zu kümmern.«
    Lukes Begeisterung erhielt einen unerwarteten Dämpfer. »Was
soll das heißen? Ich will nicht in die Schule.«
    »Aber natürlich.« Lässig reichte Max die Halskette an LeClerc
weiter. »Der Papierkram dürfte kein Problem sein. Ich denke, er ist am
besten der Sohn meines Cousins und kürzlich Waise geworden.«
    »Ich brauche eine Woche«, bemerkte LeClerc. »Vielleicht zwei.«
    »Ausgezeichnet. Dann ist alles zusammen, wenn der Unterricht
nach den Herbstferien wieder anfängt.«
    »Ich gehe nicht in die Schule«, wiederholte Luke. »Ich brauche
keine Schule. Du kannst mich nicht dazu zwingen.«
    »O doch«, erwiderte Max freundlich. »Du wirst in die Schule
gehen, du mußt es sogar, und ich kann dich sehr wohl dazu zwingen.«
Luke wäre mit Begeisterung jederzeit für ihn gestorben, aber er war
ganz und gar nicht breit, sich fünf Tage in der Woche für etliche
Stunden zu langweilen. »Ich gehe nicht.«
    Max lächelte nur.

SIEBTES
KAPITEL
    L uke ging zur Schule. Alle seine Ausreden,
Bitten und Drohungen stießen auf taube Ohren. Als er entdeckte, daß ihm
selbst die gutherzige Lily nicht beistand, gab Luke auf. Jedenfalls tat
er so.
    Sie konnten ihn zwingen, morgens aufzustehen, sich anzuziehen
und unter LeClercs Adlerblicken mit einem Bündel langweiliger Bücher in
Richtung Schule loszutrotten.
    Aber sie konnten ihn nicht dazu zwingen, irgendwas zu lernen.
    Es begann ihm allerdings bald auf die Nerven zu gehen, daß
Roxanne ständig mit ihren Einsen angab. Und es regte ihn auf, wie sie
strahlte, wenn Max oder Lily sie lobten. Jeden Abend hockte das kleine
Biest hinter der Bühne und machte zwischen den Vorstellungen fleißig
Hausaufgaben.
    Max hatte ihren Auftritt mit den Tüchern inzwischen fest in
die Nummer eingebaut.
    Luke wußte, daß auch er Einsen schreiben konnte –
wenn er es gewollt hätte.
    Eigentlich war es lächerlich – bloß eine Zahl auf
einem Stück Papier –, aber um zu beweisen, daß er sich nicht
von einem rotznäsigen Mädchen übertrumpfen ließ, lernte er für die
Geographiearbeit. So entdeckte er, daß es sogar Spaß machte, etwas über
die Bundesstaaten und die Hauptstädte zu erfahren, vor allem als er
zusammenzuzählen begann, in wie vielen dieser Staaten er schon gewesen
war.
    Später konnte er es kaum erwarten, damit anzugeben. Aber er
ließ sich absichtlich nichts anmerken. Sollte sein Geographietest mit
der leuchtend roten Eins darunter hinter der Bühne aus dem Heft
rutschen – dann war das mehr oder weniger Zufall.
    Er explodierte fast vor Ungeduld, bis Lily das Blatt entdeckt
hatte und aufhob.
    »Was ist das?« Ihre Augen wurden ganz groß, und er sah darin
etwas, das er bisher nur selten gesehen hatte. Sie war stolz auf ihn!
Er wurde rot bis zu den Zehenspitzen. »Luke! Das ist ja großartig!
Warum hast du denn nichts gesagt?«
    »Was?« Das alberne Grinsen, das sein Gesicht überzog, paßte
nicht recht zu der gespielten Gleichgültigkeit, aber er zuckte nur die
Schultern. »Ach, das. Ist doch nichts Besonderes.«
    »Von wegen.« Lachend drückte sie ihn an sich. »Es ist
fabelhaft. Du hast nicht eine Frage falsch beantwortet, keine einzige!«
Aufgeregt rief sie Max, der gerade irgend etwas mit Lester diskutierte.
»Max! Schatz, das mußt du dir

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