Die Tochter des Praesidenten
sagte Devlin, als Ferguson den Hörer abnahm. »Sind Sie schon da?«
»Dafür ist es noch zu früh«, erwiderte Ferguson. »Sie haben erstklassige Arbeit geleistet.«
»Heben Sie sich das Süßholz für jemanden auf, der es braucht. Sagen Sie Dillon, ich hätte gute Neuigkeiten für Riley. Ich habe mit Leary und dem Stabschef gesprochen, und er kann wieder heimkommen.«
»Wie haben Sie das denn fertiggebracht?«
»Ich hab’ ihnen die halbe Wahrheit erzählt, wenn Sie so wollen.« Er berichtete Ferguson die Geschichte, die er Leary und dem Stabschef serviert hatte.
»Mein Gott«, sagte Ferguson, »Sie sind unglaublich. So einen Mann wie Sie gibt es nicht noch mal.«
»Da geb’ ich Ihnen recht«, lachte Devlin. »Sagen Sie Sean, er soll auf sich aufpassen.«
Hannah fuhr mit ihrem roten Mini, den sie für den be sten Wagen im Londoner Verkehr hielt, vom Verteidi gungsministerium aus zu ihrer Wohnung im Erdgeschoß am Ebury Place.
Der Mann, der sich George Brown genannt hatte, rich tete sich hinter dem Lenkrad des schwarzen Ford Escort auf, der am Straßenrand parkte, und griff nach seinem Handy.
»Sie ist da. Komm, so rasch du kannst. Wenn sie vor her wieder geht, folge ich ihr und melde mich von unter wegs.«
Hannah duschte rasch, trocknete sich ab und zog fri sche Wäsche, eine Bluse und einen rehbraunen Hosenan zug an.
Anschließend rief sie im Büro ihres Vaters in der Har ley Street an, mußte aber von seiner Sekretärin hören, daß er gerade im Princess Grace Hospital eine Herz Lungen-Transplantation durchführte, die vermutlich acht Stunden dauern würde.
Hannah gestand sich ein, daß sie im Grunde auch we niger mit ihm, sondern eigentlich mit jemand anderem reden wollte. Sie griff nach ihrer Handtasche, verließ die Wohnung und fuhr in ihrem Mini davon, gerade als ein Krankenwagen um die Ecke gebogen kam. Brown fluchte und folgte ihr, aber fünf Minuten später, als er die Them se-Uferstraße entlangfuhr, entdeckte er den Krankenwa gen im Rückspiegel.
Der Fahrer war Aaron Eitan; neben ihm saß Moshe. »Bleib dran«, sagte er. »Dieser Verkehr hier ist schrecklich.«
Aaron lachte. »Es ist Jahre her, seit ich das letzte Mal in London gefahren bin. Macht richtig Spaß.«
Rabbi Thomas Bernstein, ein kleiner, vornehm aussehen der Mann mit schneeweißem Bart und grauem Haar, das eine schlichte Yarmulka aus schwarzem Samt bedeckte, saß in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch, als es klopfte und seine Enkelin hereinkam.
Er legte seinen Füllhalter hin und streckte die Arme aus. »Da bist du ja, Licht meines Lebens.«
Sie umarmte ihn herzlich »Deine Predigt für Shabbes?«
»Die Königin der Woche. Es ist wie im Showgeschäft. Ich muß ihre Aufmerksamkeit fesseln. Wie geht es dir?«
»Viel zu tun.«
Er lachte. »Mittlerweile weiß ich genug über dich und deine Arbeit, um zu begreifen, was das bedeutet. Du ar beitest also an einem großen Fall?«
»Dem größten überhaupt.«
Sein Lächeln verschwand. »Kannst du mir davon er zählen?«
»Nein, alles streng geheim.«
»Du scheinst bedrückt. Warum?«
»Ich kann dir nur soviel sagen: Es gibt dabei einen Aspekt, der mich als Jüdin verstört.«
»In welcher Hinsicht?«
»Laß mich dir eine Frage stellen. Der Mann, der Pre mierminister Rabin erschossen hat …«
»Ermordet ist der passendere Ausdruck«, unterbrach er sie.
»Dieser Mann und die Gruppen, die ihn unterstützen, berufen sich auf bestimmte Stellen in der Schrift …«
»Weder in der Bibel noch der Thora gibt es dafür ir gendeine Rechtfertigung«, erklärte er mit strenger Stim me. »Diese abscheuliche Gewalttat war eine große Sünde in den Augen Gottes.«
»Wenn ich nun solche Leute zur Strecke bringen müß te, würde es dir nicht zu schaffen machen?«
»Warum? Weil es Juden sind? Wir sind genauso wie andere Menschen. Gut, schlecht, durchschnittlich und manchmal böse.«
»Sag mir, warum läßt Gott solche Dinge zu?«
»Weil er uns Menschen einen freien Willen gegeben hat und somit die Möglichkeit der Wahl. Darin liegt die einzig wahre Bedeutung des Wortes Erlösung. Vertrau auf das, was du für richtig hältst, Kind, und tue deine Pflicht. Du hast wie immer meinen Segen.«
Sie küßte seine Stirn. »Ich muß gehen. Bis bald.«
Er blickte versonnen auf die geschlossene Tür und be gann für sie zu
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