Die Tochter des Praesidenten
und eine Schwester. Wir wurden nach Auschwitz II geschickt, in das Vernichtungslager Birkenau. Eine Million Juden sind dort gestorben. Können Sie sich das vorstellen? Eine Mil lion? Ich war der einzige aus meiner Familie, der überlebt hat, weil ein homosexueller SS-Wachmann eine Schwä che für mich hatte und mich nach Auschwitz III überstel len ließ, um dort für die IG Farben zu arbeiten.«
»Ich hab’ von dieser Fabrik gehört«, nickte Blake John son.
»Das Mädchen, das später meine Frau wurde, und ihre Mutter hat er mir zuliebe ebenfalls dorthin bringen las sen.« Sein Gesicht war schmerzgequält. »Wir haben über lebt, sind nach Frankreich zurück und haben versucht, weiterzuleben. Ich wurde Anwalt, ihre Mutter starb, wir heirateten.« Er zuckte die Schultern. »Es ging ihr gesund heitlich nie gut, sie war immer krank und ist schon vor Jahren gestorben.«
»Und wie sind Sie mit Judas in Verbindung gekom men?«
»Bei diesem Treffen der Auschwitz-Überlebenden sprach mich ein Mann an und bot mir die Chance, dabei mitzuhelfen, die Zukunft Israels zu sichern. Und das er schien mir alle Mühe wert, so daß ich nicht widerstehen konnte«, schloß er mit einer typisch französischen Geste.
»Sie waren der Anwalt der Familie de Brissac?« fragte Dillon.
»Ich habe sie jahrelang juristisch beraten.«
»Und haben die Tatsache, daß Maries tatsächlicher Va ter der amerikanische Präsident ist, an Judas verraten«, sagte Blake.
»Daß es solche Folgen hat, habe ich doch wirklich nicht gewollt. Ehe er starb, unterzeichnete der General ei ne Urkunde, in der er gemäß des Code Napoléon bestä tigte, daß er Maries rechtmäßiger Vater sei, um sicherzu gehen, daß sie den Titel erbte. Eine Erklärung dafür woll te er mir allerdings nicht geben.«
»Und wie haben Sie es herausgefunden?«
»Auf eine beinahe lächerliche Weise. Kurz vor ihrem Tod saß die Gräfin eines Tages mit Marie auf der Terrasse und genoß die Sonne, als ich mit einigen Papieren kam, die sie unterzeichnen mußte. Sie hörten mich nicht, son dern besprachen die Situation, und die Gräfin sagte: ›Aber was wird dein Vater darüber denken?‹ Dabei war ihr Vater für mich ja tot.«
»Also haben Sie gelauscht?« fragte Blake.
»Ja, und ich erfuhr, was ich wissen mußte – den Na men ihres echten Vaters.«
»Und Sie haben es Judas erzählt?«
»Ja«, gestand Rocard widerstrebend. »Sehen Sie, ich habe mit vielen wichtigen Leuten zu tun, mit Politikern, hochrangigen Generälen … Eine meiner Aufgaben ist es, Judas ständig über alles Interessante zu informieren.«
»Und so haben Sie ihm auch Marie de Brissacs Ge heimnis verraten?«
»Mir war nicht klar, was er mit dieser Information an fangen würde, das schwöre ich.«
»Sie armer Narr«, sagte Dillon. »Stecken bis über beide Ohren drin und fanden alles nur wunderbar romantisch. Berger war ganz genauso.«
Rocard sah ihn erschrocken an. »Sie kannten Paul? Haben – haben Sie ihn getötet?«
»Seien Sie nicht albern und reißen Sie sich zusammen. Ich hole Ihnen einen Cognac.« Blake ging zurück unter Deck.
»Was ist mit Paul passiert? Sagen Sie es mir«, bat Ro card.
»Wir haben ihn aufgespürt und befragt. Er hat uns er zählt, wie Sie ihn angeworben haben. Ich hatte vor, ihn an einem sicheren Ort unterzubringen, bis die ganze Sache vorbei war, aber er geriet in Panik, rannte über die Straße und wurde von einem Bus überfahren. Das ist die Wahr heit.«
»Armer Paul.« In Rocards Augen standen Tränen. »Wir waren …« Er zögerte. »Freunde.«
Blake kehrte mit einem großen Cognac zurück. »Trin ken Sie den, das hilft vielleicht.«
»Danke.«
»Und jetzt erzählen Sie uns, wie das mit Marie passiert ist. Kommen Sie schon, Sie haben nichts mehr zu verlie ren.«
»Judas rief an und befahl mir, ein kleines Häuschen an der Nordostküste von Korfu zu kaufen. Ich sollte dafür sorgen, daß Marie dort Urlaub machte.«
»Warum Korfu?«
»Ich hatte keine Ahnung. Es war leicht, sie zu überre den, dorthin zu fahren, weil sie sich seit dem Tod ihrer Mutter mit Malurlaub in allen möglichen Gegenden die Zeit vertrieben hat.«
»Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, daß eine böse Absicht dahinterstecken könnte?« fragte Blake.
»Ich bin wie alle seine Leute daran gewöhnt, stets sei nen Befehlen zu
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