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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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fragte Haru. »Hat er sich geweigert, das Schwert zu polieren?«
    »Natürlich nicht. Er hat es so gründlich poliert, dass ich schon dachte, es würde nichts mehr davon übrig bleiben. Er muss seine Täuschung aufrechterhalten. Da hast du den sicheren Beweis. Er ist ein Aizu durch und durch. Du hast einen Feind ins Haus geholt! Was, glaubst du, würde Vater dazu sagen? Ich werde ihn sofort hinauswerfen!«
    Fujino senkte den Kopf und starrte auf die eingewickelten Kimonos am Boden. Taka fragte sich, was ihre Mutter wohl dachte.
    Nobu als einen der verhassten Aizu zu sehen, fiel ihr schwer. Von allen Clans des Nordens, die für den Shogun gekämpft hatten, waren die Aizu die hartnäckigsten und gefürchtetsten gewesen. Erst als sie besiegt waren, hatte der Krieg schließlich ein Ende gefunden. Ihr Vater hatte ihr erzählt, der Shogun und seine Anhänger hätten Japan am Fortschritt hindern wollen und dass ihr Land, wenn sie nicht von der Macht vertrieben worden wären, nie die Möglichkeit gehabt hätte, zivilisiert und aufgeklärt zu werden wie die westlichen Nationen.
    Taka erinnerte sich an die Polizei des Shogun, dünne, übereifrige Männer aus Aizu, mit finsteren Gesichtern und brennendem Blick, die an ihre Tür in Kyoto gehämmert hatten, wobei ihre Mutter sich ihnen in den Weg stellte und schwor, Takas Vater sei nicht da. Eijiro hatte tatsächlich in einigen Schlachten gekämpft, daher war es nicht verwunderlich, dass er so starke Gefühle hegte. Aber das war alles so lange her – na ja, fünf Jahre, was ihm nicht so lang vorkommen mochte, für sie aber fast ihr halbes Leben war. Sie war damals ein Kind gewesen, hatte es eher aufregend statt beängstigend empfunden.
    Eijiro hatte sofort eine Abneigung gegen Nobu gefasst. Taka sah Nobu jeden Tag, wie er die Gärten harkte, auf Knien durch die riesigen Räume rutschte und die Tatamimatten wischte, zusammen mit den anderen Dienstboten Mahlzeiten servierte. Wenn sie und Haru zur Schule und zurück gefahren wurden, lief er immer hinter den Rikschas her. Er benahm sich untadelig, verrichtete still seine Arbeit, machte sich nicht wichtig, doch da war etwas an ihm, das ihn von den anderen Dienstboten unterschied. Die ganze Familie spürte es. Wäre er wie die anderen gewesen, hätte Eijiro ihn genauso behandelt und ihn nicht weiter beachtet, außer Befehle zu blaffen. Aber aus irgendeinem Grund schien er Nobu fast als Rivalen zu betrachten.
    Taka kniff die Augen leicht zusammen. Sie mochte immer noch nicht glauben, dass Nobu wirklich ein Aizu war. Eijiros Beweis war ganz und gar nicht überzeugend. Aber wenn es stimmte, wenn er wirklich ein Aizu war, konnten die doch nicht so schlecht sein, dachte sie.
    Ihr stand es nicht zu, sich einzumischen, doch die Worte sprudelten einfach aus ihr heraus, bevor sie sich zurückhalten konnte. »Vater tritt stets für Gerechtigkeit ein. Du weißt ganz genau, was er sagen würde. Ich glaube nicht, dass Nobu ein Aizu ist, doch selbst wenn, war er damals noch ein kleiner Junge. Er hat nicht im Krieg gekämpft.«
    »Dazu hatte er genug Familienmitglieder. Er ist durch und durch verkommen, genau wie die anderen. Läuft mit finsterem Gesicht herum, sagt nie ein Wort. Man kann ihm nicht ansehen, was er denkt. Nichts Gutes, da kannst du dir sicher sein. Du hast mir erzählt, was er mit dem Satsuma-Samurai in der Schwarzen Päonie gemacht hat. Genau das wird er mit uns eines Tages auch tun – uns im Schlaf die Kehlen durchschneiden, wenn wir nicht aufpassen.«
    Taka hätte gelacht, wenn Eijiro sich nicht so resolut gebärdet hätte. Er war nicht mal dabei gewesen. Nobu hätte es niemals mit dem Samurai aufnehmen können. »So ist er nicht«, protestierte sie. »Er ist gutmütig und fleißig, nicht wahr, Mutter?«
    »Du warst lange genug freundlich zu ihm, hast ihm mehr als genug zurückgezahlt für seine Hilfe in der Schwarzen Päonie. Du schuldest ihm nichts. Er muss gehen.«
    Eijiro straffte die Schultern. Taka wusste, von Frauen wurde verlangt, Männern zu gehorchen. Eine Frau hatte ihrem Vater zu gehorchen, dann ihrem Ehemann und, wenn der starb, ihrem ältesten Sohn. Aber nichts besagte, man müsse seinem Bruder gehorchen, vor allem, wenn dieser Bruder Befehle erteilte, die keinen Sinn ergaben.
    »Du hättest sie nicht zur Schule schicken sollen, Mutter«, schnauzte Eijiro. »Füllt ihren Kopf bloß mit dummen Gedanken. Mädchen sollten ihren Platz kennen. Wir sollten sie dazu erziehen, eine gute Ehefrau und Mutter zu werden. Sie

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