Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
Wange hätte sein sollen, war die Haut aufgeplatzt und eingerissen. Das eine Auge war so zugeschwollen, dass sie es kaum sehen konnte, das andere starrte stumpf. Die dicken Hände des Mannes waren über seiner Brust verschränkt, als versuchte er, seinen Körper zusammenzuhalten. Blut sickerte zwischen den Fingern hervor.
»Ruhig, Toshi, ruhig«, sagte einer der Träger. Taka schnappte nach Luft. Das konnte nicht sein. Doch nicht Toshi – Toshiaki Yamakawa, Eijiros bester Freund.
Fujino war an seiner Seite, strömte Ruhe aus. Die Männer traten zurück, um ihr Platz zu machen, als wüssten sie, genau wie Taka, dass alles in Ordnung käme, sobald Fujino da war. Ihre Mutter wandte sich an die Dienerinnen, die ängstlich herumstanden. »Okatsu, hol Doktor Fujita. Omoto, bring Inspektor Makihara her. Lauft!«
Sie kniete sich neben Yamakawa und legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Alles wird gut werden, Toshi«, sagte sie. »Bleib ganz ruhig liegen. Wir bringen dich in kürzester Zeit wieder auf die Beine.« Die Männer wechselten Blicke. Keiner wagte, ein Wort zu sagen.
Dienstbotinnen kamen mit Schüsseln voll heißem Wasser und warmen Tüchern gelaufen, knieten sich um Yamakawa und betupften seine Wunden. Andere versuchten die Blutung zu stillen, rissen Baumwolllaken in Streifen und verbanden damit die verletzten Gliedmaßen. Taka band ihre Ärmel zurück, wrang ein Tuch aus und kniete sich neben ihn, tupfte vorsichtig die unverletzte Wange ab, wischte über das blutverkrustete Haar, wie sie es als Kind in Kyoto bei anderen verletzten Männern getan hatte.
All dieses Blutvergießen sollte doch angeblich vorbei sein, aber nun begann es wieder von Neuem. Irgendetwas war schiefgelaufen in ihrem friedvollen Leben.
Yamakawa stöhnte und bewegte den Kiefer. Sein Atem rasselte in der Kehle. »Reine Zweitverschwendung«, murmelte er, das Gesicht verzerrt, als bereitete ihm jedes Wort unsägliche Schmerzen. »Bin fertig. Erledigt.«
Suzuki drängte sich neben ihn. »Red keinen Unsinn, Toshi. Der Arzt ist unterwegs. Doktor Fujita, der unsere Männer auf dem Schlachtfeld zusammengeflickt hat. Gib jetzt nicht auf. Du hast noch mehr Kämpfe vor dir. Wir werden diese Kerle aus dem Norden erledigen, ein für alle Mal. Wir töten sie alle.«
Schritte knirschten draußen auf der Straße, Räder ratterten, und eine Rikscha rollte eilig durchs Tor. Als die Stangen zu Boden krachten, sprang ein großer Mann heraus und stürmte durch die Menge, schob andere aus dem Weg und brüllte: »Was ist passiert? Nein, nicht Yamakawa, bei allen Göttern, nicht Toshi!«
Er ließ sich neben der blutigen Gestalt auf die Knie fallen.
»Sie haben mich erwischt, Eiji. Sie haben mich getötet.« Yamakawas Stimme war schwach, doch Taka hörte jedes Wort.
Eijiros Gesicht wurde bleich. »Sei kein Narr. Das würde niemandem gelingen. Reiß dich zusammen, Mann. Du bist schon früher verwundet worden, du bist ein zäher Hurensohn. Du kommst durch.«
Er wirbelte herum, sein Gesicht so voller Pein, dass Taka wegsehen musste. »Was ist passiert?« Seine Stimme war ein Schluchzen.
Yamakawa hob ein wenig den Kopf. »Männer aus dem Norden.«
Taka unterdrückte ein erschrecktes Keuchen und versuchte das Hämmern in ihrer Brust zu beruhigen. Voller Panik blickte sie um sich. Ein schrecklicher Verdacht hatte sie ergriffen, so grauenvoll, dass sie sich kaum traute, den Gedanken zu formulieren. Nobu konnte doch bestimmt nichts mit dem zu tun haben, was Yamakawa zugestoßen war? Er konnte doch bestimmt nicht an diesem brutalen Angriff beteiligt gewesen sein?
Sie biss sich vor Entsetzen auf die Lippe. Vielleicht war sie es gewesen, die diese Katastrophe über ihr Haus gebracht hatte. Vielleicht hatte sie einen schrecklichen Fehler begangen – sich heimlich mit ihm zu treffen, ihn zu ermutigen, sie zu besuchen, auf ihr Anwesen zu kommen, in ihr Haus. Taka hatte gemeint, ihn gut zu kennen, aber vielleicht war es falsch gewesen, so offen mit ihm zu sein, ihm so uneingeschränkt zu vertrauen. Sie hatte ihre Augen vor der Tatsache verschlossen, dass er ein Aizu war, dass sie und ihre Familie seine Todfeinde waren. Nobu war ihr immer so sanft vorgekommen, doch vielleicht hatte er sie getäuscht. Taka wünschte, sie könnte sich ihrer Mutter anvertrauen, sie fragen, ob sie sich wie ein törichtes Kind verhielt, das sich nur von seinen Gefühlen leiten ließ. Aber dafür war es zu spät.
Sie blickte sich um, voller Furcht, jemand könnte das Entsetzen in
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