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Die Tochter des Schmieds

Die Tochter des Schmieds

Titel: Die Tochter des Schmieds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Gruppe. Recep
     wünschte sich, er hätte auch einen Vater, der dort unten stehen könnte, oder zumindest einen Bruder, der alt genug wäre, aber
     er hatte nur vier ältere Schwestern und eine Mutter. Tufan ging einige Schritte vor, nicht so energisch wie Timur vorhin,
     er drehte auch noch mal seinen Kopf, um nach seinen Männern zu sehen. Jetzt waren Timur und Tufan etwa fünfzehn Schritte voneinander
     entfernt. Der eine aufrecht |43| und stolz, der andere etwas kleiner mit eingefallenen Schultern.
    – Du hast mich beschissen, sagte Tufan, du hast mich über den Tisch gezogen. Ich sags dir noch mal: Ich will meinen Anteil.
    – Anteil? Wir haben einen Preis für die Bohnen vereinbart, den hast du bekommen. Wir haben uns die Hand gegeben, und jetzt
     willst du dein Wort brechen.
    – Du hast mich betrogen, das war viel zu wenig.
    – Ich habe dir einen guten Preis gemacht. Und du warst einverstanden.
    – Mir steht das Doppelte zu.
    – Fick dich. Komm und kämpf.
    Timur ging noch zwei Schritte auf Tufan zu, der sich offensichtlich zwingen mußte, stehenzubleiben. Und plötzlich traf ein
     Stein Timur mitten auf die Stirn. Niemand hatte mitbekommen, wer ihn geworfen hatte, weil alle wie gebannt auf die beiden
     Kontrahenten sahen. Timur zögerte nur kurz, wischte sich mit der Hand über die Stirn und rannte dann los, auf Tufan zu. Doch
     der drehte sich um und lief zu seinen Leuten, die jetzt alle Steine nach Timur schmissen, um ihn fernzuhalten. Nachdem er
     einige Male getroffen worden war, blieb der Schmied stehen und ging langsam zurück. Als er weit genug weg war, wandte er sich
     wieder um:
    – Ihr Feiglinge. Könnt nicht kämpfen wie Männer. Wenn ich einen von euch kriege, werde ich ihn in das Loch stopfen, aus dem
     er gekrochen ist.
    Er schrie sich die Luft aus seinen Lungen, und ein einsamer Faden Blut lief ihm zwischen die Augenbrauen und dann an der linken
     Seite des Nasenbeins herunter und verschwand in seinem dichten blonden Schnurrbart.
    – Wir gehen, sagte er.
    Tufan war weggerannt, die Sache hatte sich erledigt.
    Aufgeregt lief Gül heim und erzählte ihrer Mutter, was sie gesehen hatte. Fatma nickte nur, sie schien sich keine Sorgen zu
     machen.
    |44| – Gül, sprich ihn nicht darauf an, wenn er nach Hause kommt, frag ihn nicht, warum das passiert ist. Frag ihn nicht. Wirst
     du das tun, meine Kleine?
    Es war schon dunkel, als der Schmied heimkam. Melike hatte nicht schlafen gehen wollen und tollte noch im Zimmer herum, schlug
     Purzelbäume und versuchte, auf die Fensterbank zu klettern. Nachdem ihr Vater gegessen hatte, ließ sie sich einfach in seinen
     Schoß plumpsen. Gül saß auf dem Boden und tat so, als würde sie Hausaufgaben machen.
    – Was hast du da? fragte Melike und bohrte den Finger in die kleine Wunde auf seiner Stirn.
    – Da hat mir ein kleines Mädchen einen Finger reingebohrt, sagte Timur. Ich war bei der Arbeit, und da kam so ein kleines
     Mädchen, so alt wie du, und sie hat mir einen Finger in die Stirn gebohrt und mich gefragt, ob sie meine Tochter sein kann.
     Und ich habe ihr gesagt, daß ich schon zwei Mädchen habe. Und bald vielleicht auch drei. Und daß meine Mädchen ganz lieb sind.
     Aber wenn du nächstesmal unartig bist, dann werde ich dieses Mädchen als Tochter nehmen und dich dafür weggeben.
    Er lachte und küßte Melike, und Gül saß nahe genug, um sein Lachen riechen zu können. Es roch scharf und säuerlich, es roch
     nach etwas Verbotenem.
    Nachts hörte Gül ihre Eltern flüstern, aber sie konnte kein einziges Wort verstehen. Am liebsten wäre sie aufgestanden und
     hätte sich zu Melike gelegt, aber die würde sie wieder von oben bis unten vollpinkeln.
    Das war nämlich letztes Mal passiert. Nachdem ihre Mutter die Schlafanzughose im Stall gefunden hatte, hatte sie Gül zur Rede
     gestellt.
    – Warum hast du deine Schlafanzughose versteckt?
    Gül hatte die Schultern hochgezogen.
    – Hast du etwa geglaubt, du hättest ins Bett gemacht? Das warst du nicht, das war wieder Melike. Und selbst wenn du ins Bett
     machst, das ist nicht schlimm. Das kann jedem passieren. Genauso wie die Sache mit dem Lehrer, als er dich geschlagen hat.
     Das kann vorkommen. Aber es sollte nicht zu |45| oft passieren, verstehst du, ich möchte, daß du ein großes Mädchen bist, das gut auf seine kleine Schwester achtgeben kann.
     Wollen wir jetzt deinen Schlafanzug gemeinsam waschen, mein Schatz?
    Fatma hatte Wasser heiß gemacht und in das große tragbare

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