Die Tochter des Teufels
goldenen Intarsien, venezianische Spiegel und Leuchter aus buntem Muranoglas.
»Ich sehe, Sie bauen um«, sagte Gabriel mit einem schalen Geschmack im Mund, nachdem man sich die Hand gedrückt hatte.
»Ich schaffe ein Paradies für Nadja«, antwortete Stanislas ruhig.
»Ich weiß. Ich habe es hinter mir. Nun sitze ich allein in meinem Paradies und kann mit goldenen Äpfeln kegeln …«
»Ihr Risiko, Gabriel.« Stanislas ging voraus zu seiner Bibliothek, die als einziger Raum in der Villa nicht verändert wurde. Er bot Gabriel einen Ledersessel an, aber dieser blieb stehen. »Wer eine Frau wie Nadja liebt, muß mit solchen Risiken rechnen.«
»Sie auch, Stanislas!«
»Nein. Ich bin zwanzig Jahre jünger als Sie.«
»Sie sind reichlich grob und ungeschliffen!«
Stanislas lächelte. »Sie sind nicht gekommen, Gabriel, um mir Freundlichkeiten zu sagen. Warum sollen wir die Zeit damit vergeuden? Ich habe Sie erwartet, und nun sollten wir offen sprechen.«
Gabriel nickte. Er winkte ab, als Stanislas zum Bücherschrank ging, um einen Cognac zu holen. »Nadja lebt bei Ihnen?«
»Noch nicht. In drei Wochen etwa. Wir werden heiraten.«
»Sehr löblich.« Gabriel sah aus dem Fenster. Ein Wohnzimmer im Rokokostil wurde gerade ins Haus getragen. »Nadja liebt Rokoko. Hat sie Ihnen das auch schon gesagt?«
»Nein! Unsere privaten Gespräche waren kurz. Wir brauchten uns nur über Termine zu einigen … die übrige Zeit liebten wir uns.«
»Sie Flegel!« Gabriel war rot geworden. »Man sollte Sie verhauen wie einen frechen Jungen! Ich lade Sie als Gast ein, und Sie mißbrauchen die Gastfreundschaft und nehmen mir Nadja weg!«
»Ihnen ist nichts weggenommen worden, Gabriel. Sehen Sie doch einmal klar und nüchtern! Nadja empfand Dankbarkeit …«
»Aus ihr wäre Liebe geworden!«
»Die Liebe eines alternden Mannes zu einer Frau, die gerade im Begriff ist, zu vollster Reife zu erblühen. Warum umhüllen Sie sich mit Illusionen, Gabriel? Nadja ist wie ein heißer Wind über der Steppe … Sie wären in diesem Sturm vertrocknet!«
Gabriel sah an Stanislas vorbei gegen die Wand. Es war grausam, was er hörte, aber es war genau das gleiche, was er sich in den letzten Stunden selbst gesagt hatte. Aber er wehrte sich dagegen, diese Wahrheit anzunehmen, er stemmte sich gegen die Erkenntnis, Nadja kampflos abgegeben zu haben, weil er ein alter Mann war. Der Trotz in ihm war stärker als die Vernunft.
»Sie geben Nadja nicht frei?« fragte Gabriel heiser.
»Meinen Sie das ernst?« fragte Stanislas, als er sah, daß Gabriel wirklich auf eine Antwort wartete.
»Natürlich! Ich appelliere an Ihr Ehrgefühl.«
»Was verlangen Sie von mir? Soll ich Paris verlassen? Soll ich in einer algerischen Oase Datteln pflanzen? Soll ich in Indochina Reis verpacken oder den Dschungel roden? Dort irgendwo müßte ich nämlich hin, um Nadja zu vergessen und nicht in Versuchung zu kommen, sie doch zu entführen!«
»Ich sehe, wir verstehen uns nicht«, erwiderte Gabriel steif. »Mir bleibt nichts übrig, als Sie zu beleidigen und ein Schwein zu nennen!«
»Gut! Wenn es Ihnen gefällt und Sie erleichtert!« Stanislas sah Gabriel ernst an. Erst jetzt fiel ihm auf, daß Gabriel ganz in Schwarz vor ihm stand, und ein schrecklicher Verdacht stieg in ihm auf.
Gabriel atmete tief ein und trat nahe an Stanislas heran. Man sah es seinem Gesicht an, wie es in ihm tobte. Seine Wangen zuckten, und die Augäpfel hatten sich gelb verfärbt, als würde sein ganzer Körper mit Galle überschwemmt.
»Monsieur Stanislas …«, sagte Gabriel heiser. »Ich nenne Sie einen Lumpen, einen Hundsfott, ein Schwein … Geben Sie mir Gelegenheit, für diese Beleidigungen einzustehen?«
»Nein!« Stanislas preßte die Lippen aufeinander. »Nein. Wir leben nicht im vorigen Jahrhundert, Gabriel.«
»Sie Feigling!« brüllte Gabriel. »Sie lächerlicher, infamer Feigling!«
»Nein!« sagte Stanislas bleich. »Sie zwingen mich nicht zu einer Dummheit! Nein!«
»Sie Zuhälter!« schrie Gabriel. »Ihr ganzes Leben lang haben Sie nur Huren besessen! Wann hatten Sie Ihren letzten Tripper?«
»Sie provozieren mich nicht!« knirschte Stanislas. Er war grün vor Wut, aber mit geballten Fäusten hielt er sich zurück. »Sie nicht, Gabriel!«
»Ich werde in ganz Paris verbreiten, daß Sie ein Feigling sind und ein Zuhälter!« Gabriels Stimme war eiskalt. »Ich mache Sie gesellschaftlich kaputt, wenn Sie nicht reagieren wie ein Ehrenmann.«
»Himmel noch mal! Ich bin ein
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