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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Petersburg. Aber niemals Amerika! Nie das Zirkuszelt! Nadja … wir Russen sind doch wie welke Blätter ohne Heimat.«
    »Ich habe Frank …«
    Und dabei blieb es. Jeden Nachmittag, und oft auch am Vormittag, fuhr Nadja Gurjewa zum Zirkus und übte mit Frank Castor die Löwendressur. Sie gewöhnte die Löwen an sich, indem sie sie fütterte, die Ställe reinigte, im kleineren Übungskäfig immer neben Frank stand und schließlich auch die Stange in die Hand nahm und die Raubtiere zu den Podesten und Leitern dirigierte. Sie lernte die Zurufe und Worte auswendig, an die Castor die Löwen gewöhnt hatte und die zur Dressur gehörten wie ein Stichwort, das dem Schauspieler das Signal zum Auftritt gibt. Im großen Zentralkäfig lernte sie, die sensationelle Nummer Castors allein durchzuführen. Dann stand Frank im Hintergrund, an die Gitterstäbe gelehnt, die Lederpeitsche in der rechten Hand, in der linken eine Pistole, deren erster Schuß nur ein Schreckschuß war. Erst die zweite Patrone war scharf, und sie war lebensrettend, wenn ein angreifender Löwe sich vor dem Schreckschuß nicht zurückzog.
    Ein paarmal stand der Direktor des Zirkus Orlando am Zentralkäfig und sah Nadja zu. Er war ein Grieche mit einem Namen, den niemand behielt und niemand aussprechen konnte. Man nannte ihn deshalb einfach Boß.
    »Bravo, bravo!« sagte der Boß und klatschte in die Hände, wenn es Nadja gelang, die berühmte Löwenpyramide allein zu bauen, und sie mit schwingender Peitsche die dickmähnigen Raubtiere Männchen machen ließ. »Das ist eine Sensation! Nur fehlt noch der ganz große Knall, Castor! Das, wo einem der Atem stockt und das Herz in die Hosen fällt! Wie wäre es, wenn Nadja den Kopf in den Rachen von Ali steckte?«
    »Nie!« sagte Frank Castor hart. »Das lasse ich nie zu!«
    »Nadja kann mit Ali machen, was sie will!« Der Boß zeigte auf den Zentralkäfig. Nadja stand vor dem mächtigen Ali, und sie sahen sich an, beide mit glitzernden Augen. Nadja hatte die Lippen gespitzt. Und Ali, der König der Manege, streckte den Kopf vor und gab Nadja vorsichtig, ja zärtlich fast, einen Kuß.
    Frank Castor war bleich geworden. »Laß das, Nadja …!« rief er leise. »Übertreib es nicht! Ali ist unberechenbar! Er soll dich achten und fürchten, aber wehe, wenn er sich in dich verliebt! Er fängt dann an, mich zu hassen!«
    »Sie reden von Löwen, als seien es Menschen!« sagte der Boß mit einem schiefen Lächeln. Frank Castor nickte. Nadja war von Ali weggegangen und rollte neue Podeste durch die Manege.
    »Löwen können wie Menschen empfinden«, sagte er. »Ich habe im Käfig schon Eifersuchtsdramen erlebt, die nicht mehr aufzuhalten waren. Am Ende steht immer der Tod …«
    »Uns fehlt die Weltsensation!« Der Boß griff in seine Brusttasche und holte ein paar Blatt Papier heraus. Es war die Korrespondenz mit dem amerikanischen Agenten, der den Zirkus Orlando für zwei Jahre verpflichtet hatte. »Lesen Sie«, sagte er. »Sie sind der erste, dem ich's zeige. Man erwartet von uns, daß Amerika kopfsteht. Und Amerika ist verwöhnt, Castor. Dort drüben gelten nur Spitzenleistungen, und die fragen wenig danach, ob es gefährlich ist und das Leben dran hängt. Im Gegenteil … Tod in der Manege – das wäre noch ein Reklameschlager! So sind die in den USA!« Der Boß räusperte sich. »Ein entzückendes Mädchen im Käfig, gut, das ist etwas Neues«, sagte er. »Aber wenn das Mädchen sich eine Badekappe überzieht und den Kopf in den Rachen …«
    »Nie!« unterbrach Castor hart. »Boß, reden wir nicht mehr davon. Eher übe ich es ein.«
    »Ein Mädchenkopf zieht mehr! Und Nadjas Engelsköpfchen … Castor, ich verdopple Ihre Gage!«
    »Ich lasse es nicht zu«, wiederholte Castor. Er nahm seine Peitsche und ging vom Gitter weg. »Eher lege ich die Löwennummer nieder!«
    »Castor, machen Sie keinen Quatsch!« rief der Boß ihm nach, aber Frank drehte ihm den Rücken zu und half Nadja, die Podeste der Pyramide wegzurollen.
    Von der Idee des Boß sprach er nie mit Nadja. Er studierte mit ihr die alte Nummer ein, verfeinerte sie und fügte noch einen großen Manegenabgang ein: Ali mußte einen toten Löwen spielen, der nach Ende der Dressur auf nichts mehr hörte, auf keinen Zuruf, kein Peitschenknallen, keine Zärtlichkeiten. Erst wenn sich Nadja in den Manegensand kniete, den schweren Kopf des Löwen in ihren Schoß legte und ihn zärtlich auf die geschlossenen Augen küßte, sprang er auf, dehnte sich, trottete leise

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