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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Auf dem Hintersitz des alten Taxi saß Gabriel.
    Es war wirklich umsonst.
    Nadja weigerte sich, Gabriel überhaupt zu empfangen. »Ihn sprechen?« schrie sie Saparin an. Sie ballte die Fäuste und stampfte mit den Füßen auf. Es sah chaotisch in der Wohnung aus. Kisten und Rohrplattenkoffer standen herum. Seesäcke waren mit Bettwäsche vollgestopft, der Haushalt befand sich bereits in Auflösung. »Was will er hier?«
    »Das soll er dir selbst sagen, Nadja.«
    »Ich will ihn nicht sehen. Ich will nicht!« Sie rannte ins Kinderzimmer und schloß sich ein. Geduldig klopfte Saparin so lange an die Tür, bis sie wieder öffnete und ihn wie eine Tigerin anfuhr. »Laßt mich in Ruhe!« schrie sie. »Oder ja! Ja! Laß ihn kommen! Ich werde ihn als Mörder aus der Wohnung peitschen! Wo ist er?«
    »Er wartet draußen auf der Treppe.«
    »Dort kann er verschimmeln!«
    »Nadja …« Saparin trat auf sie zu, aber zum erstenmal, seit sie sich kannten, hob sie die Hand gegen ihn und behielt sie oben, um zuzuschlagen, wenn er näher kam. Mit einem Ruck blieb Saparin stehen.
    »Was ist aus dir geworden, Nadja Grigorijewna?« sagte er leise. »Ich kenne dich nicht wieder.«
    »Ich bin frei. Frei!« schrie sie ihn an. Ihr langes Haar umflatterte sie. Und wieder war in ihren Augen jene unheimliche Kraft, gegen die jedermann wehrlos war. Auch Saparin nickte schwer und wandte sich ab.
    »So muß es also sein«, sagte er traurig. »Wie Ebbe und Flut ist das Leben … du hast recht, Nadjuscha …«
    Er verließ die Wohnung, faßte den auf der Treppe wartenden Gabriel stumm unter und zog ihn auf die Straße.
    Die Einschiffung in Le Havre war ein Theater für sich. Nur wer schon mit einem Zirkus gereist ist, weiß, was es heißt, einige hundert Tiere, die Zelte, Käfige, Wagen und Materialien auf ein Schiff zu verladen. Die Pferde und die anderen Tiere in den Käfigen waren kein Problem … aber da waren die Elefanten, die man nicht an Bord marschieren lassen konnte, weil sie alle Gangways zertrampelten. Und die Giraffen waren mit ihren langen Hälsen überall im Weg, während die Lamas gleich Streit mit den Hafenbegleitern bekamen, weil sie um sich spuckten, hoheitsvoll und selbstbewußt. Eine kleine Welt wurde an Bord gehoben und geschoben, viel Geschrei gab es, Kommandos, die keiner befolgte, Krach, wenn in den Laderäumen nicht jeder Zentimeter ausgenutzt wurde, und offenen Aufruhr, als drei Affen ausbrachen und den Hafenarbeitern die Gefäße mit dem Mittagessen umwarfen.
    Aber auch das geht einmal vorbei. Nachdem man die Elefanten einzeln mit einem Kran an Bord gehievt hatte und die Giraffen in einem Verschlag auf dem Oberdeck Platz gefunden hatten, da die Deckenhöhe der Laderäume nicht ausreichte, gingen die Artisten an Bord, schwitzend, müde und schmutzig, denn das Verladen der Tiere war ihre Aufgabe gewesen.
    Drei Stunden vor der Abfahrt traf Saparin ein. Er hatte solange in einer Wirtschaft gewartet und schlich sich nun mit seinem Seesack und einem Koffer an Bord wie ein Dieb. Er hatte sich genau erkundigt: Nadja und Frank Castor hatten ihr Kabine auf Deck 1, wo auch die Löwenwagen standen. Er bekam eine Schlafstelle unter Deck im Bunker VI, der in einen großen Pferdestall umgewandelt worden war. Hier legte er sich ins Stroh, verstopfte sich die Ohren mit Watte und schlief. Er wollte den Abschied von Frankreich, von Europa, nicht miterleben. Mit dem, was er zurückließ, hätte er einmal ein zufriedenes Leben führen können. Zwei Autotaxis, eine kleine Wohnung, ein Mädchen Nanette, das drei Jahre von Saparins stiller Liebe zu Nadja profitiert hatte, eine Schar von Freunden, die ihn einen Idioten nannten, und das war noch der mildeste Name, den Saparin zu hören bekam, als er alle Brücken hinter sich abbrach.
    Amerika, dachte er und wälzte sich im Stroh. So schlimm kann es nicht sein. Auch dort wohnen Menschen.
    Als die Maschinen unter ihm stampften und der Schiffsleib erzitterte, wußte er, daß sie auf See waren und die Küste Frankreichs als Streifen im Meer unterging, so wie damals auch die russische. Damals, 1919. Die Küste der Krim.
    Und nun lag wieder ein neuer Anfang vor ihm. In einem Zirkus. Boris, der letzte Kosak. Mit einer lächerlichen Tagesgage, denn was bezahlt man schon einem Reiter?
    Graf Saparin drückte das Gesicht in das Stroh und biß die Zähne zusammen.
    Nördlich der Azoren, hinter der Biskaya-Schwelle, brach das Heldentum Frank Castors zusammen. Er hatte mannhaft versucht, es zu vertuschen. Er

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