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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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betreute, lehnte in einer Ecke des Zimmers und betete. Der Zar stand am Fenster, starrte in die Winternacht und hatte den Kopf gegen die Scheibe gelehnt. Seine Hände tasteten über die Fensterbank, seine Schultern zuckten.
    Der Zar weinte.
    Nebenan im Krankenzimmer lag die Zarin neben dem Bett des bewußtlosen Zarewitsch und hielt die Hand des fiebernden Kindes umklammert. Wie versteinert war sie … sie gab keine Antwort mehr, wenn man sie ansprach, sie rührte sich nicht vom Platz, wenn jemand an das Bett trat, selbst auf die Worte des Zaren reagierte sie nicht. Alles schien in ihr erstorben zu sein – mit dem nahenden Tod des Zarewitsch schien auch sie zu vergehen.
    Professor Dr. Fedorow, der berühmte Petersburger Chirurg, hatte Zarskoje Selo wieder verlassen. Er konnte nichts mehr tun.
    Der Zarewitsch erbrach alle Medikamente, das Fieber stieg, die Schmerzensschreie des Jungen waren so grell, daß sie durch alle Zimmer bis hinaus auf den Gang drangen. Bei jedem Schrei zuckte der Zar zusammen, als schlüge man ihn mit der Nagaika. Ab und zu wandte er sich um und sah mit seinem tränennassen Gesicht Dr. Derewenko stumm an. Und Dr. Derewenko hob ebenso stumm die Schultern in schrecklicher Hilflosigkeit.
    Wir können nichts mehr tun, Majestät.
    Wir … sind … am … Ende …
    Kurz vor neun Uhr abends kamen die beiden Großfürstinnen Stana Nikolajewna und Miliza in den Nebenraum. Ihre Augen glänzten hektisch. Ihnen folgte die Hofdame Anna Wyrobowa, die Vertraute der Zarin.
    »Sie haben ihn gefunden«, sagte die Großfürstin Stana mit einer Stimme, in der es wie Jubel schwang. »Er wird geholt! Er ist gleich hier!«
    »Wer?« fragte der Zar mit müder Stimme.
    »O Väterchen Grigori. Der Staretz aus Sibirien.«
    Neun Uhr abends.
    Dr. Derewenko betrat noch einmal das Krankenzimmer, nachdem er aus seinem Wohnraum schmerzstillende Mittel geholt hatte. Verwundert blieb er vor dem Bett des Kranken stehen.
    Die Zarin und der Zar waren nicht mehr im Zimmer. Ganz allein war der Zarewitsch, nur der riesige, schnauzbärtige Matrose saß neben dem Bett und sah dem Arzt düster entgegen.
    Der Zarewitsch war wieder bei Bewußtsein. Sein Fieber war nicht gesunken, er stöhnte laut und weinte dann, schwach, greinend, ohne innere Kraft. Und doch war eine Veränderung mit ihm vorgegangen … er hatte einen offenen Blick, die Apathie war gewichen, er nahm teil an dem, was um ihn herum geschah, trotz der wahnsinnigen Schmerzen, die den kleinen Körper marterten.
    »Was ist geschehen?« fragte Dr. Derewenko leise.
    Der Matrose zuckte mit den Schultern. »Nichts!« sagte er müde. »Die Großfürstin Stana war hier und hat gesagt, der Staretz hätte gebetet, bevor er in den Schlitten stieg. Auf den Knien hat er gelegen. Als sie das berichtete, wachte Aljoscha auf …«
    Verwirrt verließ Dr. Derewenko das Krankenzimmer. Im Nebenraum traf er den Zar und die Zarin, die gerade eintraten. Völlig verändert war die Zarin, das Eisige, Steinerne war von ihr abgefallen. Ihre Augen hatten wieder Leben, ihr Gesicht war seltsam gerötet. »Sie können sich jetzt ausruhen, Dr. Derewenko!« sagte die Zarin. Ihre Stimme war schnell und abgehackt, als habe sie einen langen Lauf hinter sich. »Morgen früh rufen wir Sie wieder …«
    Der Zar schwieg. Er wich dem fragenden Blick seines Leibarztes aus.
    »Es wird eine Katastrophe geben, Majestät!« wollte Dr. Derewenko rufen. »Gehorchen Sie nicht der Mystik der Zarin … auch dieser Rasputin ist nur ein Scharlatan wie alle Wundertäter, die in Zarskoje Selo ein und aus gingen! Es gibt kein Mittel gegen die Hämophilie. Noch nicht! Vielleicht werden unsere Enkel nicht mehr daran sterben … aber wir leben im Jahr 1907 Majestät! Wir können nur auf ein Wunder hoffen.«
    Aber er rief es nicht aus, er schluckte die Worte hinunter und verließ gebrochen die Zimmerflucht des Zarewitsch. In seinem Wohnzimmer warf er sich auf das Sofa, bedeckte die Augen mit beiden Händen und verfluchte seine Hilflosigkeit.
    Neun Uhr abends.
    Die Großfürstin Stana Nikolajewna wartete schon an einer kleinen Seitenpforte im rückwärtigen Teil des Schlosses Zarskoje Selo, als Rasputin in einem geschlossenen Schlitten des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch, des Onkels des Zaren, vorfuhr. Keine Wache hatte den kaiserlichen Schlitten angehalten. Im Flur kam ihnen die Wischniakowa entgegen. Wie von einer Faust zurückgestoßen, blieb sie stehen und starrte den Mann an, der mit dicken Bauernstiefeln und hartem Schritt

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