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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hasse dich! Du bist nicht mehr mein Vater! Ich verachte dich! Ich will dich nie, nie mehr wiedersehen! Du hast keine Tochter mehr!«
    »Welch ein Irrtum, Seelchen! Ein schöner Tag ist heute! Ich erkenne mein Töchterchen! Geh nebenan zu einem Spiegel, sieh dich an … diese Augen, dieser Mund, diese Stärke, dieses wilde sibirische Blut … Oh, du bist meine Tochter … jetzt mehr als je zuvor!«
    Mit einem Aufschrei wandte sich Nadja ab und rannte in das Nebenzimmer. Dort war ein großer Spiegel, bis zur Erde reichte er, und sie baute sich davor auf und starrte sich an.
    Und sie sah: die Augen Rasputins, die unbezwingbare Kraft des Willens im Blick, ein Wald zerzauster Haare, herrlich in seinem Bronzeton, aber doch jetzt, gerade jetzt ähnlich dem Bart Rasputins. Sie sah, daß sie seine Tochter war, unverkennbar.
    »Ich hasse dich!« schrie sie wieder, ergriff einen silbernen Leuchter, der neben ihr stand, und schleuderte ihn in den Spiegel. Krachend zerbarst das Glas, die Splitter spritzten durch das ganze Zimmer.
    Von diesem Tag an kam sich Nadja Grigorijewna wie eine Gefangene vor.
    Anna Alexandrowna Wyrobowa nahm sie wieder mit zurück nach Zarskoje Selo, in das herrliche, geliebte und gehaßte goldene Gefängnis, zu dem traurigen, immer von seinem riesigen Leibmatrosen bewachten Zarewitsch, zu den vier schönen Zarentöchtern, die musizierten, stickten, Tagebücher führten und französische Romane lasen; zu der Zarin, die mehrmals täglich betete und Briefe an Rasputin schrieb; zu dem Zaren, der blaß und schmal, immer sorgenvoll, immer stiller werdend in seinem Schloß umherging, regieren wollte und nicht regieren konnte, weil Minister und Großfürsten ihm ein falsches Bild Rußlands vorspiegelten.
    Mit der Wyrobowa war nicht zu reden. Sie war so im Banne Rasputins, daß alles, was er ihr befahl, wie ein Wort aus dem Evangelium war. Nadja ahnte, was ihr Vater angeordnet hatte, und sie erfuhr es durch ihre Kammerfrau, die unter großen Schwierigkeiten einen Brief nach Petersburg zu Nikolai Gurjew geschmuggelt hatte.
    Der Brief kam zurück. Mit einem schrecklichen Vermerk.
    Hauptmann Nikolai Gurjew ist versetzt. Wohin? Unbekannt.
    In Europa braute sich unterdessen ein Unwetter zusammen. Die Duma, das russische Parlament, gärte vor Unzufriedenheit. Korruption und Vetternwirtschaft beherrschten Politik und Geschäftsleben, die Bauern murrten, in den Bergwerken und Verbanntenlagern Sibiriens kam es zu Aufständen, die von Kosaken blutig niedergeschlagen wurden. Die Adeligen mit ihrem unermeßlichen Großgrundbesitz beuteten die Pächter aus und lebten auf ihren Schlössern und Datschas im Stil französischer Könige, in den Stadtpalais sammelten sie Kunstwerke von Millionen Rubel Wert, die Wände wurden mit Marmor verkleidet. Das Portal des Palastes des Fürsten Jussupoff an der Moika, einem Flußkanal, der durch Petersburg fließt, war mit griechischen Säulen geschmückt, die Säle und Zimmer atmeten die Einflüsse französischer, deutscher und italienischer Baumeister und waren behangen mit den wertvollsten Gemälden. Stolz zeigte Jussupoff, der einer der reichsten Fürsten Rußlands war, seine Edelsteinsammlung, von der man flüsterte, daß sie selbst die Sammlung der englischen Könige übersteige.
    Am aktivsten aber waren die Militärs. Der Onkel des Zaren, Großfürst Nikolai Nikolajewitsch, Oberbefehlshaber des russischen Heeres und Ehemann der Großfürstin Stana, die der Zarin als erste Rasputin empfahl und ihn nach Zarskoje Selo brachte, arbeitete unermüdlich an einem großen Feldzugsplan gegen Deutschland.
    In diesen Tagen waren die politischen Wolken besonders dicht. Aus Serbien trafen Geheimberichte ein. Die ›Schwarze Hand‹, eine nationalistische Geheimbewegung, die die Loslösung Serbiens aus der österreichischen Monarchie anstrebte, hatte Nachricht nach Rußland gegeben. Oberst Artamanow, der russische Militärattaché in Belgrad, fragte an: Was geschieht, wenn die ›Schwarze Hand‹ den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand bei seinem Besuch in Serbien ermordet und es Krieg geben sollte?
    Großfürst Nikolai Nikolajewitsch wartete nicht lange mit der Antwort. Er wußte, daß Österreich und Deutschland ein Waffenbündnis auf Gegenseitigkeit hatten. Gab es Krieg mit Österreich, marschierte auch Deutschland. Der große ersehnte Krieg würde entstehen. »Serbien wird nicht allein stehen!« ließ Großfürst Nikolai antworten, ohne den Zaren lange zu fragen. »Ein Überfall auf

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