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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unsterblich!«
    Stumm überreichte ihm Dimitri seinen Revolver. Dr. Lasowert öffnete die Tür. Langsam, Stufe um Stufe, schritt Fürst Jussupoff die Treppe wieder hinab. In der Tasche umklammerte er den Griff des Revolvers. Im Kellergewölbe war es geisterhaft still.
    Rasputin stand vor dem Schränkchen mit den vielen Schubladen und starrte auf das kristallene Kreuz, vor dem er vor einer Minute noch gekniet und gebetet hatte. Er drehte sich nicht um, als er den Schritt Jussupoffs hörte.
    »Wie schön es ist«, sagte er wie vor zwei Stunden. »Was hast du dafür bezahlt, Kleiner? Ich möchte es kaufen …«
    Fürst Jussupoff blieb stehen. Langsam zog er den Revolver aus der Tasche. Rasputin stand noch immer unbeweglich vor ihm, den Kopf nach rechts geneigt. Seine Augen blickten gebannt auf das Kruzifix.
    Jussupoff hob den Revolver.
    »Grigori Jefimowitsch«, sagte er mit tonloser Stimme. »Sie täten besser daran, das Kruzifix anzusehen und ein Gebet zu sprechen …«
    Jetzt, dachte Jussupoff, jetzt, o Gott!
    In diesem Augenblick drehte sich Rasputin um.

4
    Sie sahen sich an, der Mörder, der ein Fürst war, und das Opfer, von dem man nicht wußte, ob er ein Heiliger oder ein Teufel war.
    Dann drückte Jussupoff ab. Der Knall des Schusses dröhnte in dem Kellergewölbe wie ein Granateneinschlag und hallte mehrfach wider.
    Rasputin brüllte auf. Es war der Aufschrei eines Tieres, unmenschlich. Er warf die Arme hoch und stürzte dann auf dem Bärenfell, das vor dem Schränkchen mit dem kristallenen Kruzifix lag, zusammen. Jussupoff wich zurück, die Hand mit dem Revolver sank herab, wie gebannt starrte er auf den vor ihm liegenden Körper Rasputins, über dessen Gesicht noch ein Zucken lief. Auf der Seidenbluse breitete sich ein roter Fleck aus.
    Rasputins Blut. Jussupoff schloß erschüttert die Augen. Ich habe ihn getötet, dachte er. Ich hatte die Kraft dazu! Ich habe einen Teufel vernichtet …
    Die Treppe hinunter rannten Großfürst Dimitri, Dr. Lasowert, der Abgeordnete Purischkewitsch und Leutnant Suchotin. Der Schuß war das Signal für sie gewesen. Sie wollten helfen, falls Jussupoff Rasputin nur verwundet hatte. In ihrer Aufregung stießen sie gegen den Lichtschalter. Völlige Dunkelheit brach über das Kellergewölbe herein.
    »Licht!« schrie Jussupoff. Entsetzen würgte seine Kehle. »Was ist denn? Licht!«
    Leutnant Suchotin suchte den Lichtschalter und fluchte. Großfürst Dimitri stand auf der Treppe und rief in die Finsternis hinein: »Hast du ihn getroffen, Felix? Wo ist er?«
    Als das Licht endlich wieder aufflammte, standen sie wie versteinert im Keller und starrten auf den ausgestreckten, mächtigen, verhaßten, blutigen Körper. Jussupoff war totenbleich, sein schönes, schmales Gesicht wirkte wie durchsichtiges Porzellan.
    Dr. Lasowert kniete sich neben den Körper Rasputins, untersuchte die Wunde, indem er das weiße Seidenhemd hochschob, und ohne Erregung, routinemäßig, als beuge er sich über ein Krankenbett, fühlte er den Puls und kontrollierte den Herzschlag.
    »Er ist tot!« sagte Dr. Lasowert, als er sich wieder aufgerichtet hatte. »Die Kugel hat die Herzkammer durchbohrt. Durchlaucht …« Er nahm eine militärisch stramme Haltung an. »Sie haben Rußland von einem Ungeheuer befreit!«
    »Es läuft alles so ab, wie es besprochen ist!« Großfürst Dimitri winkte. Purischkewitsch stöhnte auf, aber er griff zusammen mit Leutnant Suchotin und Dimitri zu und schleifte den Körper Rasputins von dem Bärenfell weg auf die Steinfliesen, die man besser vom Blut säubern konnte. Dann gingen alle nach oben, drehten das Licht aus und setzten sich. Purischkewitsch trank mit bebenden Händen ein Glas Wein. »Wir haben Rußland vor dem Ruin gerettet!« sagte Dimitri, aber es klang nicht freudig oder wie eine Befreiung, eher wie eine Verteidigung. »Die Schande, die über das Haus Romanow gekommen war, ist getilgt!«
    »Reden wir nicht, handeln wir.« Fürst Jussupoff gab den Revolver an Dimitri zurück und sah auf die Uhr. Gleich drei Uhr morgens. Die Straßen waren leer, der Frost klirrte in den Hauswänden, niemand würde den Wagen beachten. »Er wird spurlos verschwunden sein! Die Strömung der Newa wird den Körper mitreißen bis hinaus ins Finnische Meer. Nichts wird von ihm übrigbleiben.«
    Jussupoff sah auf die Tür, die hinunter zum Keller führte. Er kam sich wie befreit vor, und doch spürte er jetzt eine merkwürdige Unruhe in sich aufsteigen, einen unwiderstehlichen Drang, den

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