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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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als seine Lippen die ihren fanden. Sein Kuss war nicht zärtlich, sondern fordernd, genauso wie seine Berührungen. Während sie es geschehen ließ, zogen Erinnerungen an Szenen vorbei, die sie wahrgenommen, aber nicht mit sich in Verbindung gebracht hatte. Wie hätte sie ahnen können, dass ihr eigener Mann sie nicht anders behandelte als ein Stallbursche eine Magd auf dem Weg zum Milchholen?
    Federicos Atem ging schneller, und plötzlich spürte sie sein Gewicht auf sich. Er packte ihre Handgelenke, drückte sie ins Laken und schob sich zwischen sie. Mit den Fingern drang er prüfend zwischen ihre Scham und tastete, bis er auf Widerstand stieß. Warum nur hatte sie Ines nicht ausgefragt über dieses erste Mal, das sie über sich ergehen lassen sollte und das so erniedrigend war, dass sie sich fühlte wie eine Kuh, die man zum Bullen führt, um sie besteigen zu lassen?
    Sein erregtes Geschlecht drängte sich gegen sie, und kurz darauf durchschoss ihren Körper ein Schmerz, der sie schier zerreißen wollte. Sie schrie auf, versuchte, ihn von sich zu stoßen, und biss in seine Schulter, als er nicht nachgab, sondern sich nur noch heftiger in ihr bewegte. Tränen liefen ihr die Wangen hinunter, und sie schluchzte, bis er mit ihr fertig war und sich endlich zur Seite rollte. Etwas Warmes ergoss sich zwischen ihre Beine, und als sie mit zitternden Händen ihr Hemd über die Hüften strich, sah sie das hellrote Blut auf dem Laken. Sie zog die Beine an den Körper und drehte sich von ihm ab. Wenn es seine Absicht gewesen war, sie zu demütigen, hatte er Erfolg gehabt. Mit offenen Augen starrte sie auf die Vorhänge am Fenster, die sich sacht im Luftzug bewegten. »Und dass ich lebend, weinend lerne …«, hieß es in einem Lied Petrarcas, das sie liebte.
    Â»Verflucht!« Federico richtete sich auf. »Ihr habt mich gebissen!«
    Sie hörte, wie er aus dem Bett sprang und fluchend nach seiner Hose suchte. Kurz darauf warf er die Zimmertür hinter sich ins Schloss. Die Kerze verlosch durch den Windstoß, und Beatrice atmete erleichtert auf. Sie war allein.
    Â»Und weinend lerne ich …«, flüsterte sie in die Dunkelheit.

III
    Südliche Lombardei, Januar 1525
    Tomeo Buornardi zügelte sein Pferd, um den überwältigenden Ausblick auf das Kloster San Alberto di Butrio inmitten der verschneiten Berglandschaft genießen zu können. »Dort bleiben wir heute Nacht, Gian Marco.«
    Sein Begleiter brachte einen kräftigen Braunen zum Stehen, dessen erhitztes Fell in der kalten Nachmittagsluft dampfte. »Gibt es da einen guten Wein, capitano ?«
    Â»Die Mönche machen einen hervorragenden Cortese, und ein warmes Nachtlager werden sie auch für uns haben. Meine Brüder sind hier schon viele Male über den Apennin gereist.« Er deutete zurück. »Varzi ist ein wichtiger Handelsknotenpunkt auf dem Weg in den Norden, aber kommst du nicht hier aus der Gegend, oder täusche ich mich?«
    Â»Morimondo, capitano .«
    Â»Kein günstiger Ort in diesen Zeiten.« Tomeo schnalzte mit der Zunge und lenkte sein Pferd vorsichtig den vereisten Bergpfad hinunter. Morimondo lag zwischen Mailand und Pavia, den seit Jahrzehnten verfeindeten Städten. Darüber hinaus war Mailand seit langem ein Zankapfel im Machtkampf zwischen Frankreich und den Habsburgern. Am 14. September 1523, dem Todestag von Papst Hadrian VI., hatte die französische Armee den Ticino überschritten, um auf Mailand vorzurücken. Mit der Unterstützung von Karl V. wurde Giuliano de’ Medici unter dem Namen Clemens VII. zum Nachfolger des unbeliebten Hadrian VI. Von nun an stand Clemens zwischen Frankreich, das die Hände nach der Lombardei und Neapel ausstreckte, und den Habsburgern unter Kaiser Karl, der durch die spanischen Erblande zur größten Macht in Europa geworden war. Wie sollte sich der neue Papst verhalten, ohne Frankreich zu verärgern, und sich gleichzeitig das Wohlwollen Karls erhalten? Eine schier ausweglose Situation, die Clemens durch wechselnde Bündnisse mit beiden Seiten zu beherrschen suchte.
    Â»Meine Familie ist tot.« Gian Marco fluchte, und Tomeo hörte das Pferd des Soldaten ängstlich schnauben.
    Â»Gib ihm mehr Zügel. Die Tiere wissen besser als wir, wie sie diese verdammten Berge hinunterkommen. War es die Pest? Mailand ist verseucht, würde mich nicht wundern, wenn auch die umliegenden

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