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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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und trat vor Ines auf den Flur. Sie waren im Begriff, die Treppe hinunterzusteigen, als die scharfe Stimme Lorenzas sie innehalten ließ.
    Â»Beatrice, kommt sofort hierher!«, schrillte es aus dem Seitenflügel, in dem sich die Gemächer der Buornardis befanden.
    Beatrice zog eine Grimasse, woraufhin Ines kicherte. »Geh ruhig schon runter, Ines. Ich komme gleich nach.«
    Schräg gegenüber dem Treppenaufgang stand eine Tür halb offen. Beatrice klopfte kurz an und trat in das Schlafzimmer von Federicos Mutter und hätte am liebsten sofort angewidert die Augen geschlossen. Der dickliche Körper der älteren Frau lag bäuchlings, von der Hüfte aufwärts unbekleidet, auf einem breiten Bett. Die scharlachroten Vorhänge waren aufgebunden. Rot und Gold bestimmten das Zimmer, dessen Wände mit glänzenden Seidentapeten bespannt waren. Waschgeschirr mit vergoldeten Griffen und goldene Kerzenleuchter wetteiferten um die Gunst des Betrachters.
    Nur widerwillig lenkte Beatrice ihren Blick auf die fette Frau, deren rosafarbenes Fleisch von Blutegeln bedeckt war. Neben dem Bett stand ein behäbiger Mann mit grauem Bart, wässrigen Augen und gewichtiger Miene. Auf einem Tisch lagen chirurgische Instrumente neben einem Gefäß, in dem sich weitere gefräßige Egel wanden.
    Â»Was starrt Ihr? Kommt herein!«, befahl Lorenza, die aussah wie ein gestrandeter Wal, der mit seiner Flosse winkt.
    Gehorsam machte Beatrice einen Schritt auf das Bett zu. Die Luft in dem Zimmer war stickig und von Ausdünstungen verunreinigt.
    Â»Ihr seht so aus, als wolltet Ihr ausgehen!«
    Â»Ganz recht, Signora.«
    Â»Habt Ihr meinen Sohn um Erlaubnis gefragt?«
    Â»Bin ich eine Gefangene in diesem Haus?«
    Â»Seid nicht unverschämt! Was habt Ihr bis jetzt getan? Gar nichts! Ihr amüsiert Euch, anstatt Euch um Euer neues Heim zu kümmern.« Da Lorenza auf dem Bauch lag, hatte sie Mühe, den Kopf zu drehen. Vor Anstrengung schoss ihr das Blut in den Kopf, was ihren Anblick nicht verbesserte.
    Â»Euer Sohn hat sich bisher nicht beschwert, und Ihr kümmert Euch doch ganz hervorragend um dieses Haus. Es liegt mir fern, mich in Eure Kompetenzen zu mischen«, sagte Beatrice bestimmt.
    Â»Seid Ihr schwanger?« Kleine Augen unter schweren Lidern fixierten sie.
    Â»Nein.«
    Â»Aha!« Triumphierend sank Lorenzas fetter Hals auf ein Kissen. »Mein erstes Kind kam genau neun Monate nach der Hochzeit zur Welt.«
    Â»Wie schön, Monna Lorenza. Würdet Ihr mich jetzt entschuldigen? Ich glaube, der Medicus will die Egel entfernen.«
    Einige der bräunlichen Tiere rollten sich vollgesogen zusammen und wurden von dem Arzt zuerst in eine Schale und dann in das mit Wasser gefüllte Gefäß auf dem Tisch geworfen. »Bitte, Signora. Nicht bewegen, sonst fallen sie herunter.«
    Lorenza schnaufte ärgerlich. »Macht schon, Medicus. Und Ihr«, sagte sie zu Beatrice, »denkt an meine Worte! Ich will noch in diesem Jahr einen Enkel!«
    Der Gestank in dem Zimmer wurde so unerträglich, dass Beatrice einen Würgereiz unterdrückte und hinauslief. Sie stolperte die Treppe hinunter und lief Federico direkt in die Arme.
    Â»Was ist mit Euch?« Er hielt sie fest.
    Â»Es geht schon wieder, danke.« Tief durchatmend versuchte sie ein Lächeln aufzusetzen. Dann sah sie Ines in der Eingangshalle, die ihr mit Handzeichen etwas anzudeuten versuchte.
    Â»Na schön, wenn Ihr meint.«
    Federico trug Reisekleidung. Dolch und Degen steckten in seinem Gürtel, und weiche, bis über die Knie geschnürte Stiefel bedeuteten, dass Federico reiten wollte. Plötzlich verstand sie, was Ines wollte. »Wo, wo wollt Ihr hin?«, fragte Beatrice.
    Mit gerunzelten Brauen ließ er sie los und erklärte: »Es ist nicht meine Entscheidung. Ärgerliche Sache – von unseren beiden Schiffen ist nur eines aus Ägypten zurückgekehrt. Jetzt muss ich selbst nach Genua, um die Nachforschungen einzuleiten und Formalitäten wegen der Versicherung zu klären. Selbst wenn ich einen Teil zurückerhalte, ist das ein empfindlicher Verlust.«
    Ser Buornardi kam an Agostino Nardorus’ Seite aus seinem Kontor zu ihnen. »Federico, Ihr könntet Agostino fahren lassen. Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Wer weiß, was hier in den nächsten Wochen geschieht. Tomeo sagt, die Truppen stehen kurz vor einer Rebellion.«
    Â»Die

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