Die Todesbotschaft
nicht ohne einen Hinweis, dass die entscheidenden Sequenzen am Ende der DVD s zu sehen sein würden.
Schließlich würde sie Umschlag und Geschenkpaket in den jeweiligen Ursprungszustand zurückversetzen. Ihr Plan war, eine Kopie an die Staatsanwaltschaft München und eine weitere an ein seriöses Nachrichtenmagazin zu schicken. Jedem der beiden Umschläge würde sie DVD s beifügen.
Sie würde Einmalhandschuhe benutzen, die sie zu diesem Zweck bereits gekauft hatte. Sowohl die benutzten als auch die unbenutzten würde sie später in verschiedenen Müllcontainern entsorgen. Eine wirkliche Herausforderung würde es sein, den Briefumschlag ohne Beschädigung zu öffnen und genauso wieder zu verschließen, damit Finja nichts davon bemerkte. Ihre handwerkliche Begabung, ihre ruhige Hand und ihre Geduld bei filigranen Tätigkeiten würden ihr dabei zugutekommen.
Allerdings durfte sie währenddessen nicht an Alexander denken. Der Hass auf ihn würde ihre Finger genauso zum Zittern bringen wie die Frage, wie ihr Leben verlaufen wäre, hätte er es nicht auf so unvorstellbar brutale Weise in eine andere Richtung gezwungen. Sollte ihr Plan jedoch klappen, würde sie sich Zeit nehmen, an ihn zu denken. Und Zeit für die Genugtuung, dass seine Taten ihn schließlich eingeholt hatten.
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21
N iklas brachte mich am Sonntagabend zum Flughafen und begleitete mich bis zur Kontrolle. Ihn dort stehen und mir einen Kuss hinterherschicken zu sehen, tat unendlich gut. Genauso würde er auf mich warten, wenn ich zurückkehrte. Jedenfalls versprach er das.
Drei Stunden später fiel ich im Glockenbachviertel in mein Hotelbett. Ich hätte Adrian anrufen können, aber ich wollte nicht reden, ich wollte einfach nur schlafen.
Am nächsten Morgen fuhr ich mit meinem Mietwagen nach Neuperlach. Dieses Mal klingelte ich direkt bei Hartwig Brandts Nachbarin und stellte mich ihr durch die Sprechanlage als die Frau aus dem Tischtennisverein vor. Sie schien sich zu erinnern, denn sie drückte sofort den Türsummer. Ich fuhr mit dem Aufzug in den achten Stock.
In einem dunkelroten Hausmantel aus Samt und mit Lockenwicklern in den Haaren empfing Frau Kogler mich an ihrer Wohnungstür. »Sie müssen entschuldigen.« Sie zeigte an sich herunter. »Aber so früh habe ich noch gar nicht mit Besuch gerechnet. Kommen Sie herein.« Sie nahm meinen Arm und zog mich in die Wohnung. »Haben Sie etwas von Herrn Brandt gehört?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich wollte ich Sie das fragen.«
»So langsam mache ich mir ja ein klein wenig Sorgen um ihn.«
»Ist er denn immer noch nicht von seiner Reise zurück?« Vorbei an der kleinen Kommode mit dem Postberg, der in der Zwischenzeit noch ein wenig gewachsen war, folgte ich ihr in die Küche. Mein schlechtes Gewissen dieser alten Frau gegenüber, der ihre Mitmenschen alles andere als gleichgültig waren, machte es mir nicht gerade leicht.
»Nein, wohl nicht«, sagte sie. »Außer, ich hätte ihn nicht gehört.« Sie legte den Kopf schief und dachte nach. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er dann nicht mal nach seiner Post gefragt hätte.« Sie füllte Kakaopulver in eine Tasse und goss Milch darüber. »Mögen Sie auch einen?«
»Dürfte ich vielleicht vorher kurz Ihre Toilette benutzen?«, fragte ich sie, während ich von einem Fuß auf den anderen trat.
»Warum haben Sie denn nicht gleich etwas gesagt?« Sie huschte an mir vorbei und gab mir ein Zeichen, ihr in den Flur zu folgen. »Ich kenne das, wenn’s pressiert.«
Ich öffnete die Toilettentür, wartete, bis sie wieder in der Küche verschwunden war und tastete mich dann in Windeseile durch Hartwig Brandts Postberg. Ziemlich weit unten stieß ich auf einen DIN -A 5 -Umschlag, dessen Inhalt sich nach Datenträgern anfühlte. Ich nahm ihn mit in die Toilette, schloss leise die Tür und schob den Umschlag hinten in meine Jeans. Dann schlang ich meinen Pulli wieder um die Hüften. Gegen die gekachelte Wand gelehnt, wartete ich, bis mein Herzschlag sich einigermaßen beruhigt hatte. Bevor ich den winzigen Raum verließ, drückte ich die Taste der Toilettenspülung.
Nachdem Frau Kogler mir bei einer Tasse Kakao eine halbe Stunde lang ihr Herz ausgeschüttet hatte, fuhr ich zurück ins Hotel, ließ mir einen Umschlag geben, schob den gestohlenen hinein und adressierte ihn an mich. Vielleicht würde irgendwann Hartwig Brandts Leiche entdeckt. Vielleicht würde die Polizei dann auch seine Post genauer unter die Lupe nehmen. Aber
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