Die Todesgöttin
Bill Conolly mit, der mir zustimmte.
»Ja, wir müssen hin.«
»Wir?«
Bill grinste. »Glaubst du denn, John, dass ich dich allein reisen lasse? Schließlich habe ich den Fall ins Rollen gebracht, und mit Sheila werde ich schon einig.«
»Das ist dein Problem.«
»Klar.«
Ich schaute noch einmal im Buch nach. Als ich die Seite vier aufgeblättert hatte, sah ich die Abbildung eines weiteren Götzen. Es war Schiwa, Kalis Gemahl.
Sah die Todesgöttin schon schaurig aus, so stand ihr Schiwa wirklich in nichts nach. Wie Kali besaß auch er vier Arme. Allerdings zählte ich bei ihm drei Augen. Auch eine Kette hing um seinen Hals. Nicht aus Menschenköpfen, sondern aus Totenschädeln. Oberhalb der Kette und ebenfalls noch um den Hals des Götzen hatte sich eine armdicke Schlange gewickelt. Schlangen dienten ihm auch als Armreifen, und um seine Schultern lag ein Tigerfell.
»Wenn wir es mit beiden zu tun bekommen, dann viel Spaß«, meinte Bill mit Galgenhumor.
Da hatte er recht.
»Willst du Mandra Korab anrufen?«
»Das erledige ich vom Büro aus. Dann sage ich Sir James und Suko Bescheid.«
»Das gibt wieder Spesen.«
Ich hob die Schultern. »Wie heißt es so schön? Erfolgreiche Leute sind nicht billig.«
Bill lächelte schief. »Deinen Optimismus möchte ich haben.«
»Ja, der kostet nichts.«
Burns betrat den Raum. »Haben Sie etwas gefunden?« erkundigte er sich.
Das Buch hatte ich bereits eingesteckt. »Nein, leider nicht. Der Kopf war der einzige Hinweis.«
»Der hat mir auch gereicht.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Übrigens, wenn die Untersuchungen beendet sind, lassen Sie mir doch bitte eine Kopie des Berichtes zukommen. Und dann können Sie mir noch sagen, wann die nächste Maschine nach Kalkutta fliegt.«
Seine Augen wurden groß. »Sie wollen wirklich nach Indien?«
»Ja. Warum nicht? Schließlich muss das Übel an der Wurzel ausgerottet werden.«
»Wenn Sie es so sehen, sicherlich. Ich jedenfalls wünsche Ihnen viel Glück.«
»Danke, das können wir brauchen.«
***
Sie fanden Jim Marlowe, als er mehr tot als lebendig war. Bis zu einem Flusslauf hatte er es geschafft. Am Wasser war er dann zusammengebrochen und liegengeblieben. Während die Fluten seine ausgestreckten Hände umspülten und Marlowe vor Schwäche nicht mehr auf die Beine kam, tuckerte das kleine Boot durch die Fluten. Es war mit zwei Männern besetzt, die nur lange Hosen trugen und ansonsten den Oberkörper frei hatten. Bewaffnet waren die Männer mit modernen Schnellfeuergewehren. Die brauchten sie auch, denn sie hatten sich auf die Jagd nach einem Tiger gemacht. Das Tier sollte allerdings nicht getötet, sondern nur betäubt werden. Ein paarmal war es schon gesichtet worden, und es bestand die Gefahr, dass es sich auf seiner Suche nach Nahrung zu sehr einer menschlichen Ansiedlung näherte und dabei Schaden anrichtete.
Der Tiger sollte gefangen und weiter im Westen wieder ausgesetzt werden, wo der Dschungel noch dichter war und es vor allen Dingen weniger Menschen gab.
Am besten kam man im Dschungel noch immer mit dem Boot voran, wenn man ein bestimmtes Gebiet erreichen wollte. So dachten auch die beiden Männer, die als Tierfänger vom Staat ihr Geld bekamen. Sie waren auf Tiger spezialisiert. Schon mehr als einmal hatten sie eine dieser prächtigen Raubkatzen gefangen, betäubt und Hunderte von Meilen entfernt wieder ausgesetzt.
Mit Ferngläsern suchten sie die Flussufer ab. Es konnte durchaus sein, dass sich das Tier auf irgendeiner Sandbank ausstreckte, um die warmen Sonnenstrahlen zu genießen.
Den Tiger sahen die Fänger nicht, dafür aber den Mann, der im Uferschlamm lag und sich nicht rührte.
Sofort drosselten die Männer die Geschwindigkeit des Bootes und drehten bei. Quer zur Strömung bewegte sich das Boot auf das Ufer zu, wo sich zwischen dem Wasser und dem Dschungel eine schmale Sandbank befand, auf der Jim Marlowe lag.
Schon bald schrammte der Kiel über den Sand, und beide Männer konnten das Boot verlassen. Einer blieb jedoch sitzen, während sich der andere um den am Ufer liegenden Jim Marlowe kümmerte.
Er hob ihn hoch und drehte ihn auf den Rücken. Zuerst glaubte der Inder, Marlowe würde nicht mehr leben, so blass war sein Gesicht. Als er nach dem Herzschlag fühlte, spürte er das leise Pochen in der Brust.
Der Weiße war nicht tot. Er war nur erschöpft. Seinem Aussehen nach zu urteilen, musste er einiges hinter sich haben, zumindest einen gewaltigen Marsch durch den Dschungel.
Allein
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