Die Todesliste
Sekundenbruchteil offen. Dann war sie wieder verschwunden. Aber auf dieses winzige Fenster hatte Ariel gewartet. Die IP -Adresse verriet ihm ein Land, und sie hatte einen Eigentümer: France Telecom.
Wenn die Supercomputer der NASA für Gary McKinnon kein Hindernis dargestellt hatten, würde die Datenbank der France Telecom Ariel erst recht nicht lange aufhalten. Innerhalb eines Tages hatte er sie gehackt, unbemerkt und ohne Verdacht zu erregen. Wie ein guter Einbrecher war er bald darauf wieder draußen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Jetzt hatte er einen Längen- und einen Breitengrad – eine Stadt.
Das musste er Colonel Jackson mitteilen, aber er wusste, dass er ihm die Nachricht nicht per E-Mail schicken konnte. Es gab Leute, die E-Mails mitlasen.
Der australische Captain hatte in zwei Punkten recht. Die beiläufige Bemerkung des Talibanveteranen war tatsächlich eine Erwähnung wert, und sein Freund gehörte tatsächlich zu der großen und aktiven SIS-Einheit in der britischen Botschaft. Und aufgrund des Hinweises wurde unverzüglich gehandelt. Die Information ging sicher verschlüsselt nach London und von dort weiter zu TOSA .
Zum einen hatte Großbritannien es ebenfalls mit drei Morden zu tun, zu denen der gesichts- und namenlose Prediger angestiftet hatte. Zum andern war bereits ein Fahndungsersuchen an alle befreundeten Dienste übermittelt worden. Angesichts des starken Verdachts, dass der Prediger aus Pakistan stamme, herrschte in den britischen SIS -Stationen in Islamabad und im benachbarten Kabul besondere Alarmbereitschaft.
Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war eine Grumman Gulfstream 500 des J-SOC mit einem einzigen Passagier auf der Andrews Air Base am Rand von Washington gestartet. Sie landete zum Tanken auf der amerikanischen Basis in Gloucestershire, Großbritannien, und noch einmal auf dem großen amerikanischen Stützpunkt in Doha, Katar. Die dritte Station war die Basis, die noch immer von den USA auf dem riesigen Gelände von Bagram, nördlich von Kabul, unterhalten wurde.
Der Spürhund flog nicht nach Kabul. Das brauchte er nicht, und seine Maschine war im Schutz von Bagram sicherer als auf dem internationalen Flughafen von Kabul. Aber was er brauchte, war bereits vorausgemeldet worden. Wenn das Reintegrationsprogramm finanziellen Einschränkungen unterlag, so galten sie nicht für J-SOC . Die Macht des Dollars tat ihre Wirkung. Captain Hawkins wurde per Hubschrauber nach Bagram gebracht. Nach dem Auftanken brachte derselbe Hubschrauber die beiden Männer und eine von einer Rangerkompanie gestellte Schutzeinheit nach Qala-e-Zai.
Es war Mittag, als sie am Rand des ärmlichen Dorfes landeten, und die Frühlingssonne schien warm. Als sie Mahmud Gul fanden, tat er, was er schon so lange hatte tun wollen: Er saß in der Sonne und spielte mit seinen Enkeln.
Beim Anblick des dröhnenden Blackhawk, der vom Himmel herunterkam, und der Soldaten, die herausstürmten, nachdem er auf dem Dreschplatz der Gemeinde gelandet war, flüchteten die Frauen in die Häuser. Türen und Fensterläden wurden zugeschlagen. Schweigende Männer mit versteinerten Gesichtern standen auf der einzigen Straße der Ortschaft und sahen zu, wie die feringhee in ihr Dorf marschierten.
Der Spürhund befahl den Rangern, beim Hubschrauber zu bleiben. Nur Captain Hawkins begleitete ihn, um ihn vorzustellen und zu übersetzen, als er die Straße entlangging, nach links und rechts nickte und den traditionellen Salaam -Gruß sprach. Hier und da kam ein widerwilliges Salaam zurück. Der Australier wusste, wo Mahmud Gul wohnte. Der Veteran saß vor seinem Haus. Ein paar Kinder rannten erschrocken auseinander. Nur eins, ein dreijähriges Mädchen, eher neugierig als verängstigt, klammerte sich an den Mantel seines Großvaters und starrte die beiden Männer mit großen runden Augen an. Die beiden Fremden setzten sich mit gekreuzten Beinen vor dem Kriegsveteranen auf den Boden und begrüßten ihn. Er erwiderte den Gruß.
Der Afghane schaute die Straße hinauf und hinunter. Die Soldaten waren nicht mehr zu sehen.
»Ihr habt keine Angst?«, fragte er
»Ich glaube, ich besuche hier einen Mann des Friedens«, sagte der Spürhund, und Hawkins übersetzte seine Worte in Paschtu. Der ältere Mann nickte und rief etwas über die Straße.
»Er sagt dem Dorf, dass keine Gefahr besteht«, flüsterte Hawkins.
Mit Übersetzungspausen erinnerte der Spürhund Mahmud Gul an seine Sitzung mit dem Reintegrationsteam nach dem Freitagsgebet
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