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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Madonna in sich aufsog. Mit dem Versprechen, die Gesellschaft gegen Mittag des nächsten Tages vor der Hauptpforte des San Salvatore zu erwarten, kehrte er ihr den Rücken und eilte mit federnden Schritten davon.

Kapitel 9
     
Das Mittelmeer, Dezember 1570
     
    Obwohl Elissa Angst hatte, das Essen könne vergiftet sein, konnte sie der Versuchung, den Leinensack zu öffnen, nicht lange widerstehen. Ihre Kehle war staubtrocken, und ihr Magen knurrte seit Stunden. Das letzte Mahl, das sie zu sich genommen hatte, war das Frühstück an Bord ihres Schiffes gewesen, und das schien Tage her zu sein. Sobald ihre Gedanken zu der venezianischen Karavelle wanderten, stiegen die schrecklichen Erinnerungen wieder in ihr auf, doch sie verdrängte sie mit eiserner Willenskraft. Zwar hatte der Korsar ihr die Hände nicht losgebunden, aber sie hatte dennoch genug Bewegungsfreiheit, um zuerst nach dem Wasserkrug zu greifen und ihn mit beiden Händen zu umklammern. Gierig nahm sie einen tiefen Schluck des erstaunlich frischen Süßwassers und genoss das Gefühl der Linderung, die es brachte. Sie trank so viel sie konnte und irgendwann ließ das schmerzende Gefühl in ihrer Kehle nach. Doch sie wollte das Gefäß nicht abstellen, da seine raue Oberfläche sich beruhigend vertraut in ihren unsicheren Händen anfühlte.
     
    Eine lange Zeit stand sie einfach nur so da – das Gefäß in den Händen, den Blick geradeaus gerichtet – als das Geräusch ihres knurrenden Magens sie schließlich aus dem Zustand der Erstarrung weckte. Mit einem Kopfschütteln zwang sie sich dazu, sich auf das Essen zu konzentrieren, und nachdem sie ein letztes Mal genippt hatte, stellte sie den irdenen Krug zurück auf den Tisch und öffnete mit spitzen Fingern das Säckchen – nicht sicher, was sie erwarten würde. Es sprang sie jedoch nichts an, sondern der Beutel enthielt ein frisches, mit Gewürzfisch gefülltes Fladenbrot, das einen so wundervollen Duft verströmte, dass Elissa all ihre Bedenken vergaß und die köstliche Kruste unfein in den Mund stopfte. Als sie satt war, zupfte sie dennoch immer wieder etwas von dem Brot ab und knabberte daran, bis sie schließlich das Gefühl hatte, platzen zu müssen. Sie hatte nicht mehr als den halben Fladen geschafft, und der Sack enthielt noch andere Dinge, von denen sie noch nicht einmal gekostet hatte. Neugierig öffnete sie den Beutel ein wenig weiter und entdeckte Trauben, Feigen und etwas, das wie ein Stück getrocknetes Fleisch aussah. So sehr sie diese Dinge auch kosten wollte, war doch alles, was sie noch hinunterzwingen konnte, eine der großen, saftigen Feigen.
     
    Sie hatte die süße, frische Frucht gerade zerkaut, als sie erneut schwere Fußtritte die Stufen zu ihrem Gefängnis herunterpoltern hörte. Der kurze Moment der Sorglosigkeit, den das Mahl ihr beschert hatte, verflüchtigte sich mit der Geschwindigkeit eines Herbststurmes. Als habe sie sich daran verbrannt, zuckte sie von dem Tischchen zurück und blickte sich verzweifelt in der Kajüte um. Dann zog sie sich vor Furcht zitternd in die dunkle Ecke zurück, in welcher der große Spiegel stand, und verbarg sich so gut es ging dahinter. Voller Panik kauerte sie sich in die enge Spalte zwischen der Bordwand und dem Rahmen und hoffte, dass derjenige, der die Kabine betreten würde, sie nicht entdeckte. Allerdings wurde ihre Hoffnung keine fünf Atemzüge später zerschlagen, als energische Schritte den Raum durchquerten und eine große Hand grob in ihre Locken fuhr, um sie auf die Füße zu zerren. Nur mit Mühe konnte sie einen Aufschrei unterdrücken, als der Riese sie mit so viel Gewalt auf das Bett zustieß, dass sie mit dem Gesicht nach unten auf der weichen Matratze landete. Während sie sich in eine sitzende Position kämpfte, starrte sie mit schreckgeweiteten Augen in das Gesicht des Piraten hinauf, der ihr das Essen gebracht hatte. Als der Korsar nach seinem Gürtel tastete und einen langen, geschwungenen Dolch hervorzog, entfloh ihr ein schriller Entsetzensschrei und – nicht dazu in der Lage, klar zu denken – sprang sie auf und rannte auf die verschlossene Tür zu. Mit zwei langen Schritten war der Pirat bei ihr, schleuderte sie herum und schlug ihr mit solcher Wucht ins Gesicht, dass der Schlag sie zu Boden schickte. Wimmernd hob Elissa die Hände, um sich zu schützen, doch es kam kein zweiter Hieb. Stattdessen durchtrennte der Mann ihre Fesseln mit der schrecklichen Waffe und brüllte sie in seiner Sprache an, während er ihr

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