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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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gut. Aber davon ausgehend dann Agitation für die Sache der Männer zu betreiben und zu behaupten, daß die Männer eigentlich stärker seien als die Frauen: Da ist für mich das Maß voll, Rektorin Barmerud. Das ist ja gerade die große Leistung unserer Zivilisation, daß nicht die physische Stärke das Geschlecht bestimmt. Gerade das hat sie doch verwirklicht, indem sie dem männlichen Geschlecht im Leben den ihm gebührenden Platz zuwies. Wird den Kindern in der Schule jetzt etwas anderes beigebracht? Hat dam denn vergessen, daß die Schule hundertprozentig objektiv sein soll?“ Rektorin Barmerud nickte unentwegt. „Bedeutet das, Rektorin Barmerud, daß wir Ihre Schule stärker im Auge behalten müssen?“
    „Überhaupt nicht, Direktorin Bram, keineswegs. Das heißt, selbstverständlich könnt ihr das gern tun, sooft ihr Lust dazu habt. Ich will ja nicht behaupten, daß meine Schule mustergültig ist, aber ich will auch nicht das Gegenteil behaupten. Auf der anderen Seite gibt es natürlich gewisse Elemente... auch im Kollegium. Und hier mußt du berücksichtigen, Herrlein Uglemose war das einzige Kind unserer letzten Rektorin. Und da konnte ich ihn doch nicht an die frische Luft setzen, als ich nach ihrem Tod die Schule übernahm. Oder meinst du vielleicht, ich hätte...“
    Rut machte eine besänftigende Handbewegung. „Nein, das meine ich nicht. Dam sollte nie zu hart sein. Dam sollte besonders mit diesen frustrierten Mannsbildern mittleren Alters nicht zu hart umgehen. Die haben es sicher nicht so leicht. Seien Sie milde, Barmerud, dazu rate ich Ihnen vor allem.“
    Rektorin Barmerud erhob ihr Glas zu einem vorsichtigen Prost. Bram erwiderte die Geste, und sie stießen an. Dann sprang Bram vom Barhocker und wischte sich die Asche von ihrem schwarzen Kittel. „Ich muß nach Hause, bevor der Alte ganz einschläft“, sagte sie und deutete zum ersten Mal ein Lächeln an. Rektorin Barmerud würdigte dies Einlenken durch ein strahlendes Gesicht und leerte ihr Glas auf einen Zug.
    Als Rut sich in ihren kleinen, gelben Elektro-Sportwagen setzte, merkte sie, wie feucht und geil sie war. Sie trat das Gaspedal durch und raste die Kurven des Plattenbergs hinunter. Die schärfsten nahm sie fast auf zwei Rädern. Als junges Mädchen hatte sie viel Motorsport getrieben und die Begeisterung dafür nie verloren. Dieser flotte Sportwagen war fast so etwas wie eine zweite Haut für sie. So ein Gefühl mußte dam auch haben, wenn man einen Taucheranzug anhatte. Das mußte sie mit Lis besprechen. Lis. Was in Donnas Namen würde sie ohne sie tun? Sie war die einzige vernünftige Wibsche, die sie kannte. Mit wem konnte dam denn heutzutage noch reden? Rut Bram sauste durch die Kurven. Es war dunkel. Sie kannte den Weg wie ihre Kitteltasche. Ein Weg ist wie ein Mann, dachte sie. Der liegt da und ist bereit, genommen zu werden. Dam kennt die kleinste Unebenheit, weiß, wenn dam Tempo zulegen oder wenn dam bremsen muß. Ein Weg ist wie ein Männerkörper, den dam liebt, dachte sie.
    Sie glitt durch die Kurven und weiter auf die Nordbrücke zu. Das Wasser lag schwarz unter ihr. Spiegelblank und schwarz. Tief. Was, wenn sie da hinabraste? Sie verspürte plötzlich einen unheimlichen Drang dazu. Je länger sie hinunterstarrte, je weiter sie über die Brücke fuhr, desto größere Lust überkam sie, alles sausen zu lassen und sich einfach in die Tiefe zu stürzen. Jäh merkte sie, daß sie auf die entgegengesetzte Fahrbahn geraten war. Sie steuerte auf die richtige Seite herüber. Angsterfüllt starrte sie auf die Lichtkegel vor sich auf dem Asphalt. Dort im Lichtkegel erkannte sie es. Sie liebte ihn. Sie mußte zu ihm nach Hause. Jetzt lag er da und wartete auf sie. Er hatte den ganzen Abend auf sie gewartet. Jetzt komme ich, Liebster. Ich komme zu dir. Der Lichtkegel war Kristoffer. Sie fuhr ihm nach. Sie war davongelaufen. Es gab keinen anderen Weg. Sie beschleunigte das Tempo. Es hing hügelabwärts. Sie erreichte den großen Eichenwald. Jenen Eichenwald voller Erinnerungen, wo sie ihn zum ersten Mal genommen hatte. Hier hatte er zum ersten Mal nachgegeben, ihr zum Vergnügen das getan, was sie wollte. Sie spürte, wie sich die Lust warm und kribbelnd über die Innenseite ihrer Schenkel ausbreitete. Der Griff ums Lenkrad wurde kräftiger. Der Tachozeiger bewegte sich auf 110. Links tauchten die ersten Häuser auf. Nun war sie gleich zu Hause. Sie fuhr die breite Allee zwischen den Wohnblocks entlang, hielt bei dem ersten, schwang

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