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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Kreis auch das Symbol für die Frau, die den großen Zyklus der Natur in sich birgt. Aber in der von der Frau geschaffenen Zivilisation kommt dem Kreis eine neue und weiter gefaßte Bedeutung zu. Das Verhältnis Vater, Mutter und Kind kann in diesen Kreis eingezeichnet werden. Der Ursprung des Kindes liegt in der Samenzelle des Vaters und in der Eizelle der Mutter, wo das Leben im Leib der Mutter Herberge findet.“
    Er zeichnete die Samenzelle des Vaters oben in den Kreis ein, einen winzig kleinen Punkt, und die Eizelle der Mutter als eine große kräftig umrissene Rundung etwas unterhalb des Kreismittelpunktes. „Hier drinnen entsteht das Kind, der Fötus, und schließlich kommt dort das Kind heraus.“
    Er zeichnete auf der Kreislinie die Stelle in Form eines Herzens ein. „Und der Vater, der Erzeuger des Samens, nimmt das Kind in seine Arme. Das Kind kehrt sozusagen zu seinem Ursprung zurück. In der Tierwelt ist das ganz anders. Das ist die Leistung der Zivilisation. Wir können diese Beziehung darstellen, indem wir die drei Punkte durch Linien miteinander verbinden.
    Herrlein Uglemose zeichnete ein Dreieck in den Kreis. „Das Dreieck ist das Symbol für die Zivilisation, vom Kreis, dem Symbol für die Frau, umschlossen. Beide Figuren zusammen, das im Kreis eingeschlossene Dreieck, sind ein Symbol dafür, daß die Zivilisation von den Frauen geschaffen wurde, ein Symbol dafür, daß alle tieferen Kulturen Frauenkulturen sind.“
    Herrlein Uglemose schaute mit Zufriedenheit und Einfühlung auf den Kreis. „Das ist schön. Unendlich schön und vollkommen. Ja, deshalb sind die Frauen immer so bewegt, wenn sie Bilder von der kleinen Donna Klara in den Armen ihres Vaters sehen.
    „Aber können wir nicht genausogut sagen, daß die Eizelle der Ursprung des Kindes ist?“ fragte Ann Plattenberg. Sie war dem Unterricht aufmerksam gefolgt. Herrlein Uglemose bekam vor Erregung rote Flecken auf den Wangen.
    „Die Eizelle kann mit der Lebenskraft an sich nicht verglichen werden“, sagte er. „Sie verkörpert das schöpferische Prinzip. Die Eizelle ist Keim und Nährboden zugleich. Die Samenzelle ist nur eine Art auslösende Ursache, ein Nadelstich sozusagen. Und wenn die Eizelle diesen Reiz spürt, entschließt sie sich, den Lebensprozeß in Gang zu bringen. Und die Eizelle will, genau wie der Nährboden, alles wieder uneigennützig und reichlich zurückgeben. Deshalb wird dem Vater das Kind auch in die Arme gelegt.“
    „Warum kümmert sich denn die Katzenmutter um die Jungen? Der Vater weiß nicht einmal, daß es seine Jungen sind. Bisweilen tötet er sie sogar“, sagte Wolfram Saxe, der zu Hause fünf Katzen besaß.
    „Die ganze wibschliche Zivilisation besteht darin, die Wibschen von tierischem Verhalten abzubringen. Die Aufgabe der Zivilisation ist es, das Unrecht der Natur auszugleichen. Das haben wir ja früher schon behandelt.“
    „Aber hast du nicht gerade die Natur bemüht, um zu erklären, daß der Mann zur Versorgung der Kinder besser geeignet ist?“ fragte Ba.
    „Nein. Hier müssen wir zwischen Mystik und Wirklichkeit unterscheiden. Mystik, das ist die Dichtung, die die Wirklichkeit schön und begreiflich in ihrer ganzen Unbegreifbarkeit macht. Wir schaffen uns einen Überbau über Dinge, von denen wir wissen, daß sie richtig sind, um zu zeigen, wie schön es ist, daß eine Mutter die Frucht und Gabe der Liebe in die sicheren und fürsorglichen Hände des Vaters legt.“
    Herrlein Uglemose hatte Schwierigkeiten zu reden. Sein großes Unglück im Leben, nie selbst Gegenstand dieser schönen und unendlichen Mildtätigkeit gewesen zu sein, stand jetzt, als er den Schülern den Segen des Lebens erklären sollte, klar vor ihm. „Wir wollen uns jetzt die Wirklichkeit, die hinter diesem poetischen Zyklus liegt, etwas genauer betrachten.“
    Er sah sie an. Ausnahmsweise saßen sie still in ihren Bänken. Es war wichtig, daß dies richtig vermittelt wurde. Herrlein Uglemose sah das respekteinflößende Doppelkinn von Rektorin Barmerud vor sich und begann: „Die Natur zeichnet sich bisweilen durch eine große, göttliche Weisheit aus. Das wichtigste Geschlechtsorgan der Wibschen liegt daher geschützt im Inneren des Körpers. Das beweist uns, daß die Verletzung des Geschlechtsorgans einer Frau ungleich schwerere Folgen nach sich zieht als beim Mann. Er trägt seines ja nach außen. Deshalb nennen wir den Mann auch das empfindsame Geschlecht. Seine Geschlechtsorgane benutzt er, um unendliche Mengen Samen

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