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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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überflüssige Luxuswesen sind, sehen wir überall in der Natur: von den niedrigsten bis hinauf zu den am höchsten entwickelten Tierarten. Bei Spinnen, Ameisen und Bienen wird das Männchen nach der Paarung getötet oder geht zugrunde. Wozu es einzig bestimmt ist, nämlich Nachkommen zu zeugen, führt es aus, und dann muß es sterben. Was soll der Staat, die Gesellschaft noch mit ihm? Bei den Bienen darf das Männchen freilich noch eine ganze Saison weiterleben, doch auch da sehen wir, daß es in keiner Weise etwas zum Bestand des Bienenvolkes beiträgt, sondern nur träge herumkrabbelt. Und so muß es dann auch dafür mit dem Leben bezahlen. Bei den Ameisen werden die Männchen, denen es nicht glückt, sich zu paaren, sofort getötet, genauso wie die erfolglosen Samenzellen der Wibschen zugrunde gehen. Sollten sie aber nicht getötet werden, weil die weibliche Ameise sie nicht erwischt, dann sterben sie vor Hunger, denn sie sind nicht imstande, sich Nahrung zu verschaffen.“
    „Sind deshalb hier in Egalia so viele Männer, die kein Vaterschaftspatronat haben, arm und müssen hungern?“ fragte Wolfram Saxe.
    „Ja, das stimmt, Wolfram. Für Männer ist es schwer, sich selber zu versorgen.“
    „Pööh! Das ist doch, weil es einen Klassenunterschied gibt“, prustete Ann raus. „Das sagt jedenfalls meine Mutter.“
    „Ich will mich nicht auf eine Diskussion darüber einlassen. Das einzige, was ich sagen kann, ist, daß in allen Gesellschaften, die wir kennen, die Männer am härtesten darum kämpfen müssen, sich ihre Nahrung zu verschaffen.“
    Das Herrlein machte eine Pause. Etwas rührte sich in ihm. Das stimmte doch! Die Männer arbeiteten am härtesten. Aber das konnte doch unmöglich in Übereinstimmung mit dem Rundschreiben Nr. 287 sein! Ich muß schnell zu etwas anderem übergehen, etwas Sicherem. Zu den Fischen, dachte Herrlein Uglemose.
    „Bei vielen Fischarten sind es jedoch die Männchen, die für die Nachkommen sorgen. Die Jungfische entstehen ja nicht in der Mutter; die Befruchtung und auch die Entwicklung der Brut finden außerhalb von ihr statt. Hier begreift der Vater sofort seine Rolle. Bei einigen Arten — beispielsweise beim Speerbeißer — bauen die Männchen das Nest für die Jungen und beschützen sie in der ersten Zeit. Deshalb sind Fische und besonders der Speerbeißer Symbol für unser Mutterland Egalia; eine Gesellschaft, in der die Aufgaben gleich und vernünftig zwischen den Geschlechtern verteilt sind.“
    Der kleine mollige Fandango meldete sich erneut.
    „Was gibt es, Fandango?“
    „Also das ist doch bei uns nicht so. Du hast doch eben gesagt, daß der Vater sich um die Jungen kümmern muß und
    „Ja, eben. Wie bei den Fischen — eigentlich den klügsten Geschöpfen in der ganzen Tierwelt. Wir töten ja auch nicht die Männchen, weil sie nutzlos sind. Die Zivilisation hat es so eingerichtet, daß auch die Männchen nützlich sind. Das ist das Großartige an unserer Gesellschaft, daß die Männchen nicht so nutzlos sind wie in der Natur. So können wir sagen, in unserer Gesellschaft, in der Wibschengesellschaft, haben Männer auch eine Art Existenzberechtigung. Das heißt, sie haben ein Recht auf Leben. Gleichwohl sehen wir, daß es uns nie ganz gelingen wird, die männlichen Geschlechtswesen zu zivilisieren. Instinktiv wissen die meisten Männer, daß sie Luxusgeschöpfe, also nur zur Zierde da sind. Das ist auch der eigentliche Grund, warum sie sich mehr schmücken als die Frauen.“
    „Ich dachte, die machen das, weil sie ein bißchen blöde sind“, sage Ba. „Na ja, auf eine Art können wir das auch sagen. In gewisser Weise wird einer ja auch ein bißchen blöde, wenn er nur ein Luxusgeschöpf und nur zur Zierde da ist. Wir kennen das gleiche Phänomen aus der Tierwelt.“
    „Was heißt Phänomen?“
    „Phänomen, das bedeutet Erscheinung. Etwas, was vorkommt, können wir sagen. In der Tierwelt sehen wir zum Beispiel, was für eine prächtige Mähne der Löwe hat, der jedoch nichts weiter tut, als in der Sonne zu liegen und laut zu brüllen, während das Weibchen die Nahrung für die Familie herbeischafft. Und vor allem im Vogelreich, da schmückt sich das Männchen mit knalligen Farben, um dem Weibchen zu imponieren. Es denkt an nichts anderes als an prächtiges Aussehen und begreift nicht, wie wichtig es ist, die Art zu erhalten. So kommt das Vogelmännchen auch gar nicht auf die Idee, sich selber einmal auf die Eier zu setzen. Es läßt sich höchstens dazu

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