Die Tore der Welt
Steinen in Form eines
Achtecks. Nach außen hin wird es eine achteckige Turmspitze sein,
aber aufgebaut ist sie wie ein Konus.«
»Habt Ihr Philemon
das gesagt?«
»Nein. Wenn ich das
tue, sucht er einen anderen Vorwand.« »Was ist sein eigentlicher Grund?«
»Er möchte eine
Marienkapelle errichten, statt die Kathedrale fertigzustellen.« »Aha.«
»Es ist Teil einer
Kampagne, mit der er sich beim älteren Klerus beliebt machen will. Als Erzdiakon
Reginald zugegen war, hielt er eine Predigt gegen die Sektion. Und den Beratern
des Königs hat er versichert, nicht gegen die Besteuerung der Geistlichkeit
einzutreten.«
»Was hat er vor?«
»Er möchte Bischof
von Shiring werden.« Henri zog die Brauen hoch. »Philemon hatte schon immer
hochfliegende Pläne, das muss man ihm lassen.« Claude ergriff zum ersten Mal
das Wort. »Woher wisst Ihr davon?« »Sir Gregory Longfellow hat es mir gesagt.«
Claude blickte Henri an und sagte: »Wenn jemand so etwas weiß, dann Gregory.«
Caris merkte deutlich, dass Henri und Claude bei Philemon nicht mit solchem
Ehrgeiz gerechnet hatten. Um sicherzustellen, dass sie die Bedeutung dieser
Offenbarung nicht übersahen, sagte sie: »Wenn Philemons Wunsch in Erfüllung geht,
wird der Erzbischof von Monmouth ständig Dispute zwischen Bischof Philemon und
der Stadt Kingsbridge schlichten müssen. Ihr wisst selbst, wie viel Reibung es
schon in der Vergangenheit gegeben hat.« Claude erwiderte: »Das ist wohl wahr.«
»Ich bin froh, dass wir uns einig sind«, sagte Merthin.
Claude dachte laut:
»Wir müssen einen anderen Kandidaten ins Spiel bringen.«
Caris hatte
gehofft, dass er das sagen würde. »Wir haben schon jemanden im Sinn.«
»Wen?«, fragte
Claude. »Euch.«
Schweigen folgte
darauf. Caris merkte Claude an, dass ihm die Vorstellung gefiel. Sie vermutete,
dass er Henri im Stillen um seine Beförderung beneidete und sich fragte, ob es
seine Bestimmung sei, auf ewig der Zweite hinter Henri zu bleiben. Das Amt des
Bischofs konnte er mit Leichtigkeit bewältigen. Er kannte die Diözese gut und
verwaltete sie bereits zum größten Teil selbst.
Allerdings dachten
beide Männer nun an ihr persönliches Leben. Sie lebten ohne Zweifel wie Mann
und Frau zusammen: Caris würde nie vergessen, wie sie die beiden im innigen
Beisammensein miteinander ertappt hatte. Doch seit dem ersten Aufflammen der
Romanze waren Jahrzehnte verstrichen, und ihre Eingebung sagte ihr, dass sie
eine vorübergehende Trennung ertragen konnten.
»Ihr würdet dennoch
eng zusammenarbeiten«, fuhr sie fort.
»Der Erzbischof
hätte oft Grund, Kingsbridge und Shiring zu besuchen«, sagte Claude.
»Und der Bischof von
Kingsbridge müsste häufig nach Monmouth kommen«, fügte Henri hinzu.
Claude sagte: »Es
wäre eine große Ehre, Bischof zu sein.« Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu:
»Besonders unter Euch, Herr Erzbischof.«
Henri wandte den
Blick ab und gab vor, die Doppeldeutigkeit nicht bemerkt zu haben. »Ich halte
es für eine ausgezeichnete Idee«, sagte er.
»Der Rat von
Kingsbridge würde Claude unterstützen — das kann ich garantieren. Aber Ihr,
Eminenz, müsstet dem König den Vorschlag unterbreiten«, sagte Merthin.
»Freilich«, sagte
Henri.
Caris fragte: »Wenn
ich noch etwas anregen dürfte?« »Bitte.« »Findet für Philemon einen anderen
Posten. Schlagt ihn vor als … was weiß ich … als Erzdiakon von Lincoln. So
etwas würde ihm gefallen, aber es würde ihn viele Meilen von uns entfernen.«
»Das ist ein sehr guter Vorschlag«, sagte Henri. »Wenn er für zwei Ämter gehandelt
wird, wäre sein Stand in beiden Fällen schwächer. Ich will sehen, was ich tun
kann.« Claude erhob sich. »Wie aufregend all das ist«, sagte er. »Wollt Ihr mit
uns zu Abend essen?« Ein Diener kam herein und sprach Caris an. »Da fragt
jemand nach Euch, Herrin«, sagte der Mann. »Es ist nur ein Junge, aber er wirkt
sehr bedrückt.« Henri sagte: »Bring ihn herein.«
Ein Junge von etwa
dreizehn Jahren kam in den Saal. Er war schmutzig, doch seine Kleidung war
nicht billig gewesen, und Caris vermutete, dass er einer wohlhabenden Familie
angehörte, die in einer Krise steckte. »Kommt Ihr bitte zu mir nach Haus,
Mutter Caris?«
»Ich bin keine
Nonne mehr, mein Kind, aber was gibt es denn?«
Der Junge sprudelte
hervor: »Mein Vater und meine Mutter sind krank, und mein Bruder auch, und
meine Mutter hat gehört, dass Ihr beim Bischof seid,
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