Die Tore zu Anubis Reich
Jahrhundert sein Leben in dieser Jahrhunderthälfte, die von Gestalten wie Napoleon, Wellington, Goethe und Byron charakterisiert sein würde, zu Ende bringen solle.
Die dreitägige Ruhepause war von nur einem widerwärtigen Ereignis getrübt. Am Donnerstagvormittag, als Doyle von einem Buchhändler in Cheapside zurückkehrte, machte sich ein erschreckend verkrüppelter Mann humpelnd und mit fuchtelnden Armen, von denen die Lumpen wie zerrissene Flügel baumelten, an Doyle heran. Er schien sich ebenso durch die rudernden Bewegungen seiner an Treibholz gemahnenden Hände wie durch den Gebrauch seiner Füße fortzubewegen. Der kahle Kopf, der wie ein Pilz, der auf einem Komposthaufen wächst, aus der Sammlung schmutziger alter Lumpen ragte, hatte einst eine fürchterliche Verletzung erlitten, welcher die Nase, das linke Auge und die linke Hälfte der Kinnlade zum Opfer gefallen waren, ersetzt durch tief ausgehöhltes, knotiges Narbengewebe. Als das alte Wrack vor Doyle haltmachte, hatte dieser bereits in die Tasche gegriffen und einen Shilling hervorgezogen.
Aber der Krüppel bettelte nicht. »Sie, Sir«, krächzte er, »sehen wie ein Mann aus, der gern nach Hause gehen würde. Und ich denke«, sagte er und zwinkerte mit dem Auge, »Ihr Haus liegt in einer Richtung, die wir nicht mit dem Finger weisen könnten, wie?«
Doyle blickte in jäher Panik umher, sah aber niemanden, der mit dieser menschlichen Ruine im Bunde zu sein schien. Vielleicht war dieser Alte bloß einer der allgegenwärtigen Verrückten, die Londons Straßen unsicher machten, und dessen Gefasel nur scheinbar einen Bezug zu Doyles Situation hatte. Wahrscheinlich meinte er den Himmel oder was. »Was soll das heißen?« fragte Doyle mißtrauisch.
»Heh heh! Glauben Sie vielleicht, Dr. Romany sei der einzige, der weiß, wo und wann die Tore des Anubis sich öffnen werden? Da kann ich Sie eines Besseren belehren! Ich kenne sie, und da gibt es eins, zu dem ich Sie heute führen könnte.« Er kicherte, ein abstoßendes Geräusch, wie Murmeln, die eine metallne Treppe hinabrollten. »Es ist nicht weit, gleich drüben am anderen Ufer. Wollen Sie sehen?«
Doyle war verwirrt. Konnte dieser Mann tatsächlich Zeitpunkt und Örtlichkeit einer Lücke kennen? Jedenfalls wußte er von ihnen, soviel war gewiß. Und die Lücken sollten in dieser Zeit relativ häufig vorkommen; es war nicht unwahrscheinlich, daß sich eine drüben auf der Surreyseite öffnen würde. Er konnte sich kaum vorstellen, wie es sein würde, schon heute nach Hause zu kommen! Es würde bedeuten, daß er Benner im Stich ließ, aber dieser üble Geselle konnte keinen Anspruch auf seine Loyalität erheben. Und wenn es sich um eine Falle Horrabins oder Darrows handeln sollte, war sie unnötig umwegig. »Aber«, sagte er, »wer sind Sie? Und was versprechen Sie sich davon, mir den Weg zu zeigen?«
»Ich? - Ich bin bloß ein alter Mann, der zufällig etwas von Magie versteht. Was die Frage betrifft, warum ich Ihnen diesen Dienst erweisen will«, sagte er mit erneutem Kichern, »so könnte es sein, daß ich nicht gerade ein Freund von Dr. Romany bin, nicht wahr? Manches spricht dafür, daß ich Romany für dies zu danken habe.« Er zeigte auf seine zerstörte Gesichtshälfte. »Also, mein Freund, sind Sie interessiert? Wollen Sie mitkommen und das Tor sehen, das Sie nach Hause bringen wird?«
Doyle bejahte leichten Herzens.
»Dann kommen Sie!« Doyle verkrüppelter Führer setzte sich energisch in Bewegung, und wieder schien er ebensosehr zu schwimmen wie zu gehen, und Doyle war im Begriff, ihm zu folgen, hielt aber inne, als er etwas bemerkte.
Dürres Laub lag, vom Wind zusammengekehrt, in Wellen entlang dem Gehsteig, und als der alte Mann darüberging, raschelte es nicht.
Er wandte sein zerstörtes Gesicht über die Schulter zu Doyle, als er bemerkte, daß dieser stehengeblieben war. »Vorwärts, und nicht gesäumt!« sagte er.
Doyle zuckte die Achseln, unterdrückte die jähe Regung, sich zu bekreuzigen, und folgte.
Sie überquerten den Fluß auf der Blackfriars Bridge, ohne viel zu sprechen, obwohl der Mann sich zu freuen schien wie ein Kind am Heiligabend, das nun, da die Lichter angezündet worden sind, endlich zur Bescherung eingelassen wird. Er führte Doyle die Great Surrey Street hinunter und dann nach links durch eine der schmaleren Straßen und gelangte schließlich zu einer hohen Ziegelmauer, die ein geräumiges Grundstück umgab. In die Mauer war eine massiv aussehende Tür
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