Die Tore zu Anubis Reich
dorthin gelangt.«
»Ja, es mußte wohl so etwas sein. Was für eine Magie? Und woher kamst du?«
Doyle war verwirrt. »Es fällt dir nicht schwer, das zu glauben?«
»Es würde mir schwer fallen zu glauben, daß Dr. Romany über irgend etwas, was nicht mit Magie zu tun hätte, derart in Aufregung geraten könnte. Und ich bin ganz gewiß nicht so... unerfahren, daß ich behaupten würde, sie existiere nicht.« Er lächelte mit einem Ausdruck frühreifer Bitterkeit, daß Doyle sich fragte, was der Junge erlebt haben mochte. »Von welcher Art war die Magie?« wiederholte Jacky.
»Ich weiß es wirklich nicht. Ich war bloß Teil einer Gruppe und die magische Mechanik des ganzen Unternehmens war Sache eines anderen. Aber es war ein Zauber oder was, der uns erlaubte, von einer... von einem Ort zum anderen zu springen, ohne die Entfernung dazwischen zurückzulegen.«
»Und du hast auf diese Weise die ganze Entfernung von Amerika hierher übersprungen?«
Warum nicht, dachte Doyle bei sich. »So ist es. Und dieser Dr. Romany muß unser Erscheinen auf dieser Wiese gesehen haben - ich vermute, er hatte sie beobachtet, denn man kann nicht einfach nach Belieben von hier nach dort springen, verstehst du, du mußt an bestimmten Orten abspringen und landen, Orten, die der Magier ›Lücken‹ nannte, und ich glaube, Romany weiß, wo diese Lücken sind. Und er muß uns von dort gefolgt sein, denn er überfiel mich, als ich nur für ein paar Augenblicke von den anderen entfernt war, und verschleppte mich in ein Zigeunerlager.« Er trank vom Cognac, denn die Erzählung weckte seine Furcht vor dem kahlköpfigen alten Mann aufs neue.
»Und was ist mit den anderen Leuten geschehen, mit denen du kamst?«
»Ich weiß es nicht. Ich nehme an, sie schafften rechtzeitig die Rückkehr zur Lücke und sprangen zurück nach... ah... Amerika.«
»Und warum seid ihr alle gekommen?«
Er lachte. »Das ist eine lange Geschichte, aber der eigentliche Anlaß unseres Kommens war ein Vortrag, den wir hören wollten.«
Jacky zog die Brauen hoch. »Ein Vortrag? Was meinst du damit?«
»Hast du je von Samuel Taylor Coleridge gehört?«
»Selbstverständlich. Er soll nächsten Samstag im Krone und Anker über Milton sprechen.«
Doyle staunte. Dieser Bettlerjunge begann ihn zu beeindrucken. »Richtig. Nun, er hatte die Daten verwechselt und war gestern abend gekommen, den Vortrag zu halten, und wir waren alle da, also hielt er ihn. Sehr interessant, übrigens.«
»Wirklich?« Jacky trank sein Glas leer und schenkte sich gedankenvoll zwei Fingerbreit nach. »Und wie konntet ihr wissen, daß er die Daten verwechseln würde?«
Doyle breitete die Hände aus. »Der verantwortliche Mann wußte es.«
Jacky schwieg eine Weile, kratzte sich mit einem Fingernagel unter dem Schnurrbart, dann blickte er auf und grinste. »Warst du bloß ein Mietling, mitgenommen, um die Pferde zu versorgen oder was, oder warst du an dem Vortrag interessiert?«
Doyle war versucht, diesem arroganten Jüngling zu erzählen, daß er eine Biographie von Coleridge veröffentlicht habe, ließ es aber glücklicherweise sein und gab sich damit zufrieden, so hochmütig wie möglich zu antworten: »Ich wurde mitgenommen, um den Gästen zu erklären, wer Coleridge ist, und um Fragen über ihn zu beantworten, nachdem er nach Hause gegangen war.«
Jacky lachte erfreut. »Also interessierst du dich für neue Dichtkunst! In dir steckt mehr, als auf den ersten Blick zu sehen ist.«
Die Tür hinter Doyle wurde geöffnet, und Kopenhagen-Jack trat ein. In dem kleinen Raum wirkte er noch größer und breitschultriger als zuvor. »Zwei neue Mitglieder«, sagte er, ließ sich auf die Tischkante nieder und nahm die Cognacflasche. »Ein guter heruntergekommener besserer Herr, und der beste Zitterer, den ich seit Jahren gesehen habe - du hättest den Anfall sehen sollen, den er hinlegte, um uns seinen Stil zu zeigen. Erstaunlich. Und wie geht es dem Stummen Tom?«
Doyle machte ein Gesicht. »Bleibt mir das wirklich nicht erspart?«
»Wenn du bleibst, bist du der Stumme Tom. Was ist das für eine Geschichte, von der ich gehört habe - daß Horrabin hinter dir her sein soll?« Er setzte die Flasche an den Mund und tat einen kräftigen Schluck.
»Es ist Horrabins Meister, Dr. Romany«, sagte Jacky. »Er glaubt, der Stumme Tom hier wisse eine Menge über Zauberei und so weiter, was ein Irrtum ist, aber er hat eine hohe Belohnung geboten, und deshalb wird jeder verlauste Bastard aus Horrabins
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