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Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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plötzlich so viel Aktivität herrschte.
    Asper hätte es nicht bemerkt, wäre es nicht so überaus auffällig gewesen. Die weiße Krone auf dem Turm war plötzlich sehr lebhaft geworden; die Omen hüpften aufgeregt herum, und ihr Geschnatter drang über die Wellen bis zu ihr. Bei dem Anblick der zahllosen riesigen, hervorquellenden Augen, die wie hässliche, matte Juwelen glänzten, drehte sich ihr der Magen um. Sie waren schon widerlich genug gewesen, als sie ruhig da gehockt hatten.
    Doch erst als sie eine deutlich sichtbare Lücke unter ihnen bemerkte, bereitete ihr eine andere Frage Kopfzerbrechen, die sich schleichend in ihr Bewusstsein und auf ihre Lippen drängte.
    »Wohin ist das große Omen verschwunden?«
    Ihre Frage wurde von einem Klappern von Zähnen hinter ihr beantwortet, das von einer Wolke stinkenden Fischgeruchs begleitet wurde. Ihre Nackenhaare richteten sich auf, als salziger, heißer Odem über ihre Haut strich. Die Furcht legte sich wie eine kalte Decke über sie, ließ Muskeln gefrieren, die sie anflehten, wegzulaufen, und paralysierte einen Hals, der unbedingt wollte, dass sie den Kopf drehte.
    Im nächsten Moment wurde ihr heiß, als sie eine gutturale Parodie ihrer eigenen Stimme hörte.
    »Wohin ist das große Omen verschwunden?«
    Sie fuhr herum und sah mit Entsetzen, dass zwei riesige, vorstehende graublaue Kreise sie starr anglotzten. Sie saßen in einem Gesicht, das einer alten Frau zu gehören schien. Asper presste die Lippen zusammen, unfähig, Worte für ein
Gebet zu finden, das heilig genug wäre, um sie gegen diesen Anblick zu schützen.
    Die Augen der Kreatur starrten sie von einer Stelle in dem Gesicht an, wo eigentlich das Kinn hätte sein sollen; die gekrümmte Nase bog sich scharf darüber wie ein langes, fleischiges Horn. Die Priesterin stammelte atemlos einen Fluch, und ihre Worte hallten aus einem Maul zurück, das sich auf der Stirn der Kreatur öffnete.
    Sie griff zitternd nach ihrem Medaillon und stieß ein Wort hervor.
    »Lauf«, keuchte sie. »Lauf!«
    »Lauf«, antwortete ihre Stimme aus dem Maul der Kreatur.
    Ihre Beine verweigerten ihr den Gehorsam, als sie rückwärts aus dem Unterholz auf den Strand taumelte. Auf Ellbogen und Knien robbte sie hastig vor der Kreatur davon. Das Omen zögerte nicht, sondern sprang mit einem Schlag seiner ausgebreiteten Schwingen hinterher und landete vor ihr.
    Im Tageslicht wirkte die Kreatur noch gruseliger. Ihr auf dem Kopf stehendes Gesicht saß auf einem langen Hals, der einem Körper entsprang, der wie der eines unterernährten Storches aussah. Die Kreatur kroch auf von blauen Adern übersäten, knochigen Händen voran, die aus den Gelenken entsprangen. Ihre Miene war vollkommen leer und ausdruckslos, und ihre Zähne klapperten, als sie den Blick auf Asper richtete, die vor ihr saß, unfähig, sich zu rühren.
    Das Omen stellte sich auf die mit Schwimmhäuten ausgestatteten gelben Füße, spreizte die Schwingen und entblößte welke Brüste, die zitterten, als die Kreatur tief Luft holte und ihr gewaltiges inneres Maul aufriss.
    Was sie auch hatte ausstoßen wollen, einen Fluch oder einfach nur Hohn über Aspers Entsetzen, ging in einem klagenden Schrei und einem dumpfen Schlag unter, als etwas Silbernes durch die Luft wirbelte. Asper blinzelte, und als sie die Augen öffnete, ragte ein mit Leder umwickelter Griff
aus dem Hals der Kreatur hervor. Das Omen verzog keine Miene, während es gurgelte, die Schwingen sinken ließ und zur Seite kippte.
    Dann lag es im Sand und färbte ihn dunkelrot. Asper hatte nicht einmal genug Luft, um zu schreien. Sie konnte nur fassungslos den zuckenden Kadaver ansehen, bevor sie herumfuhr, als sie das Knirschen schwerer Schritte im Sand hinter sich hörte.
    Das Langgesicht ging mit gelassenen und langsamen Schritten auf das Omen zu. Die Miene der Frau schien vor allem Verwirrung auszudrücken. Ohne auf die Priesterin zu achten, die wie betäubt neben dem Kadaver hockte, bückte sie sich und zog das lange Messer aus dem Hals der Kreatur. Seine Klinge war mit Blut bedeckt. Sie lächelte unmerklich, als sie der Kreatur ein letztes Krächzen entlockte, indem sie die Waffe herausriss.
    Als Asper endlich die Sprache wiederfand, war sie über ihre eigenen Worte schockiert.
    »Ich … da … danke dir«, keuchte sie.
    Das Langgesicht drehte sich zu ihr herum und hob eine schwarze Braue, als hätte es die Frau jetzt erst bemerkt. Trotz dieses nicht unbedingt wohlmeinenden Ausdrucks stand Asper zitternd

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