Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
braunhaarigen Mädchen mit dem Finger auf die Nase gestupst, bevor sie beide in Gelächter ausbrachen.
»Ich habe das nicht verdient«, flüsterte Asper jetzt, während sie gebrochen auf dem Waldboden lag. »Ich habe nichts getan, um so etwas zu verdienen.« Sie hob den linken Arm und starrte ihn an. Er schien unter seiner rosa Haut zu grinsen, wohl wissend, dass er bald wieder losgelassen werden würde. »Du hast mir das hier gegeben.«
Sie erhob sich auf die Knie und hielt dem Medaillon ihre linke Hand hin wie einen Beweis.
»Du warst es. Das ist nicht das, was ich wollte. Ich … ich wollte Leuten helfen.« Sie fühlte, wie Tränen in ihren Mund liefen, und biss die Zähne zusammen. »Ich wollte den Leuten helfen!«
»Der Menschheit zu dienen« , hatte Taire laut gelesen, als sie das Buch durchblätterten. »Knochen zu richten, die Wunden zu heilen, Krankheiten zu kurieren.«
»Wozu?«, hatte Asper gefragt.
»Du bist wirklich komisch, weißt du das?« Taire hatte ihr erneut die Zunge herausgestreckt. »Wer sonst soll das tun?«
»Talanas?«
»Du passt während der Hymne nicht auf, stimmt’s? Die Menschheit wurde vor die Wahl gestellt: freier Wille oder Glückseligkeit. Wir haben uns für den freien Willen entschieden, also liegt es an uns, auf uns aufzupassen. Beziehungsweise es obliegt uns, Seinen Gläubigen, auf alle anderen aufzupassen.«
»Warum sollte man denn nicht die Glückseligkeit wählen?«
»Wie bitte?«
»Ich würde den freien Willen ohne zu zögern aufgeben, wenn das bedeutet, dass ich keine Schmerzen mehr fühlen müsste, nicht mehr weinen müsste.«
»Dann, Dummkopf, wärst du eine Sklavin.«
»Und was ist daran so schlimm?«
»Was daran schlimm …?«, hatte Taire ungläubig gestammelt. »Welchen Sinn hätte das Leben, wenn du niemals Schmerz erfahren hättest? Woher wüsstest du dann überhaupt, dass du lebst?«
Asper hatte Schmerz empfunden. Asper hatte auch Taires Schmerz empfunden, in jener Nacht in den Schlafsälen. Asper hatte ihn gefühlt, als ihre Freundin sie angefleht hatte, sie jedoch nichts dagegen tun konnte. Asper hatte den Schmerz noch Jahre später empfunden, während sie heranwuchs, sich einredete, es wäre ein Unfall gewesen, sich sagte, dass sie dafür sühnen musste, indem sie Talanas folgte.
»Ich bin dir gefolgt«, flüsterte sie dem Medaillon zu. »Und du hast mich nirgendwohin geführt. Ich … ich habe mich immer gefragt, ob ich das Richtige tat, als ich unter diesen Heiden lebte. Nicht einmal habe ich geargwöhnt, dass ich etwas Falsches tun könnte.« Ihre Tränen wuschen das Blut von dem Silber. »Niemals, hörst du? Aber was soll ich damit anfangen?« Sie packte ihren Arm. Der Ärmel ihres Gewandes war schon lange zerrissen. »Kann etwas Gutes aus so etwas entstehen? Was ist gut daran, wenn nichts übrig
bleibt, was begraben werden kann? Wenn man jemandem alles raubt? Was daran ist gut?«
Das Medaillon antwortete nicht.
»Antworte mir«, flüsterte sie.
Der Wind schlug um. Das Medaillon schwieg gleichgültig.
»Antworte mir!«
Sie hob den Arm und legte ihre Finger um ihre Kehle.
»Wenn du da bist, wenn du zuhörst, wirst du mir sagen, warum ich dies hier nicht einfach gegen mich selbst wenden und allem ein Ende machen sollte.« Sie schüttelte drohend den Arm. »Ich tue es. Ich werde das einzig Gute tun, was ich mit diesem Arm zustande bringen kann.«
Eine salzige Träne rann an seinem Schnabel vorbei. Das Medaillon gähnte. Asper sah sich verstohlen um und packte einen schweren braunen Stein. Sie hob ihn hoch, schwang ihn über ihren Kopf, und ihre Finger zitterten, als sie damit auf das Medaillon zielte.
»Das hier«, sie schüttelte drohend den Felsbrocken, »das ist real. Dieser Fels ist real. Bist du das auch?« Sie fauchte das Medaillon böse an. »Bist du es? Wenn ja, dann sag mir, warum ich dich nicht einfach zerstören sollte? Wenn du nicht real bist, endest du mit diesem Medaillon. Dann bist du nur Silber … nur ein Stück Metall.« Sie knurrte. »Ein Stück Metall mit drei Brüsten. Eins.«
Das Medaillon reagierte nicht.
»Zwei.«
Das Medaillon starrte sie aus leeren Augenhöhlen an.
»Drei!«
Der Felsbrocken fiel zu Boden, rollte über die Erde und prallte gegen einen Baumstamm, der sich über einem braunhaarigen Mädchen erhob, das zusammengekauert vor einem moosigen Altar lag und mit tränenüberströmtem Gesicht seinen linken Arm umklammerte, während ein Stück Metall es mitleidig beobachtete.
»Also«, sagte Denaos
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