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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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alle Ritzen herein. Bestimmt würde es bald schneien. Seit einer Woche behauptete Mathilde, sie spüre den Schnee in ihren Knochen.
    Ob Siggo und Oliver bereits am Alsterufer angekommen waren? Nein, das würde mindestens noch eine Stunde dauern. Außerdem: Was konnten ein Fuhrmann und ein Junge schon bei den feinen Leuten ausrichten?
    Greta fröstelte, und sie ging vom Fenster weg zum kleinen Kohleherd. Doch die kalte Angst in ihrem Innern ließ sich nicht mit glühender Kohle vertreiben.
    Mathilde Voss kam erst nach einer ganzen Weile zu ihr hinauf, was Greta nur recht war.
    Außerdem brachte ihre Tante einen großen Krug mit heißem, stark gezuckertem Rum-Grog mit. Dankbar trank Greta ihre Tasse in kleinen Schlucken aus undspürte, wie ihr der ungewohnte Alkohol zu Kopf stieg. Mathilde hatte auf dem Stuhl Platz genommen, Greta hockte sich auf die Lehne von Mutters Sessel. Ihr schwindelte, in ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander.
    Mathilde schien es mit einer Erklärung nicht eilig zu haben, trank selbst von ihrem Grog, sah nachdenklich vor sich hin. Endlich, als Greta das Schweigen nicht mehr aushielt, gestand sie ihrer Tante, was geschehen war.
    Â»Ich schwöre dir, dass ich diese Brosche nicht gestohlen habe. Du kennst mich doch. Ich habe noch niemals gestohlen.«
    Â»Kind, das weiß ich. Natürlich bist du nicht der Dieb. Ich frage mich nur, was dieser Siggo und – wie heißt der Junge? Oliver? – was die unternehmen können, um dir zu helfen.«
    Greta schaute in ihre leere Tasse, überlegte, sich noch mehr Grog zu nehmen, ließ es jedoch sein. Sie musste einen klaren Kopf behalten. »Vielleicht finden sie den wahren Schuldigen.«
    Mathilde setzte eine zweifelnde Miene auf. »Wohl möglich. Warten wir es ab. Wenn sie zurückkommen, überlegen wir weiter. Ich kenne einen Schutzmann, den Benno, der uns vielleicht auch helfen könnte. Sag mal, dieser Oliver, ist das der Junge, der letztes Jahr mit seiner Familie nebenan eingezogen ist?«
    Â»So ist es«, sagte Greta und erzählte von ihren Sorgen um ihn. »Ich wollte dich schon lange fragen, ob du ihn kennst. Du weißt doch über alle Leute hier im Haus Bescheid.«
    Mathilde legte den Kopf schief. »Kuhn heißen sie mitNachnamen. Aber ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich die Eltern zum letzten Mal gesehen habe. Es muss Monate her sein.«
    Â»Genau so geht es mir auch. Kannst du dich darum kümmern, liebe Tante? Ich finde, Oliver sieht mit jedem Tag schlechter aus.«
    Â»Mach ich«, versprach Mathilde. »Gleich heute Abend.«
    Ihr Vorhaben geriet jedoch zunächst in den Hintergrund. Als Siggo und Oliver spät in der Nacht an die Wohnungstür klopften, hatten sie große Neuigkeiten zu berichten. Der Junge hüpfte vor Freude auf und ab, der Mann zwang sich, einen würdevollen Eindruck zu machen, aber auch seine Augen glänzten vor Stolz. Zum ersten Mal seit vielen Stunden wurde Greta wieder warm, und sie wunderte sich darüber. Weder der glühende Herd noch der heiße Grog hatten bewirken können, was Siggos bloße Anwesenheit in der Stube ausrichtete.
    Â»Wir haben ihn geschnappt«, platzte Oliver heraus.
    Â»Wen?«, fragte Greta, in Gedanken ganz woanders.
    Â»Den wahren Dieb. Es ist der junge Herr Baron. Ferdinand heißt er, aber wahrscheinlich muss er nicht ins Kittchen, weil sein Vater im Senat sitzt.«
    Â»Ich verstehe überhaupt nichts«, mischte sich Mathilde ein.
    So übernahm Siggo das Erzählen. In kurzen, klaren Worten schilderte er, wie sie eher planlos im Einspänner die Villa ein paarmal umrundet hatten. »Dann war das Glück auf unserer Seite, denn wir sahen einen jungen, gutgekleideten Mann das Haus durch den Dienstboteneingang verlassen.«
    Â»Wir sind hinter ihm her!«, rief Oliver, schwieg aber,als er sich einen warnenden Blick von Siggo einhandelte. Dieser übernahm wieder das Reden. Ohne lange zu überlegen, hatten die zwei den jungen Mann verfolgt. Sie blieben ihm auch auf den Fersen, als er sich am Mittelweg eine Mietdroschke nahm. Die Fahrt ging bis zum Heiligengeistfeld. Vor dem riesigen Zelt des Mechanischen Theaters Morieux – seit dem ersten Dezember die Attraktion für alle Hamburger – traf der Jüngling auf ein Mädchen, das ihm stürmisch um den Hals fiel.
    Â»In dem Moment haben wir ihn gestellt«, berichtete Siggo. »Ich

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