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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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ist sie nicht bei dir?«
    Unmerklich zog sie sich von ihm zurück. Er war nur ein Mann, er konnte nicht verstehen. »Ich durfte sie nicht behalten. Ich wäre für alle Zeiten verurteilt gewesen, verstehst du das nicht? Man hätte mich in ein Heim für ledigeMütter gesteckt, und ich hätte als Hure gegolten. So ist das nun mal. Die feinen Herren kommen ungeschoren davon, die armen Mädchen müssen büßen.«
    Â»Verzeih«, sagte er mit echter Traurigkeit in der Stimme. »Ich bin ein Hornochse.«
    Â»Es ist gut.« Sie fühlte sich plötzlich unendlich erschöpft.
    Â»Aber sag mir, wo ist die Lütte dann?«
    Also erzählte Greta von der Familie Kröger, die Christoph damals für sie aufgetan hatte. Hans Kröger hatte bei den Hansens kurze Zeit im Pferdestall gearbeitet und sich bereit erklärt, das Kind aufzunehmen. Gegen eine angemessene Entlohnung natürlich.
    Â»Doch es geht ihr dort nicht gut«, schloss Greta. »Ich war vorgestern bei ihr. Sie war furchtbar dünn und wirkte sehr unglücklich.« Von ihrer großen Furcht sprach sie nicht. Ihr war selbst noch nicht klar, was diese Geschichte mit den Juden zu bedeuten hatte.
    Â»Wie alt ist sie denn?«
    Â»Im September ist sie fünf geworden.«
    Plötzlich sprang Siggo erneut auf und reichte Greta die Hand. »Komm«, sagte er schlicht.
    Sie ließ sich hochziehen. »Wohin?«
    Â»Ich spanne Moritz an. Wir fahren nach Barmbeck. Um diese Uhrzeit an Heiligabend werden wir im Nu durchkommen. Selbst die Grenzposten werden uns nicht lange aufhalten. Die haben heute gewiss schon einige Liter Grog getrunken. Wir packen deine Tochter warm ein und bringen sie hierher. Kein Kind soll am Weihnachtsabend einsam und unglücklich sein.«
    Greta starrte ihn an. »Aber … Oh Siggo! Danke.Vielen, vielen Dank!« Sie fiel ihm um den Hals, für eine Sekunde nur, aber lange genug, um sich in seinen starken Armen geborgen zu fühlen.
    Es ging schon auf Mitternacht zu, als der Einspänner vor dem Kröger'schen Haus in Barmbeck hielt. Ein verschlafener Hans Kröger öffnete den späten Besuchern. Sein Atem roch nach billigem Schnaps, seine Augen blickten stumpf.
    Â»Bist du das Christkind, oder was?«, fragte er Greta.
    Aber da drängte sich Siggo schon in die Stube und baute sich groß und mächtig vor dem Mann auf. Kröger zuckte zurück, und nur Greta sah das unsichere Flackern in Siggos Augen. Sie erinnerte sich daran, wie er auch bei dem Zusammenstoß mit Oswald Lohmann gezögert hatte, und sie fragte sich, ob unter den vielen Muskeln und seiner forschen Art gar ein Hasenfuß steckte.
    Nein, entschied sie dann, er ist kein Feigling, aber er zaudert. Erneut fühlte sie sich dadurch mehr mit Siggo verbunden als mit dem unverwundbaren Helden, für den sie ihn ganz zu Beginn ihrer Bekanntschaft gehalten hatte.
    Â»He, was soll das!«, schrie Hans Kröger zornig.
    Im nächsten Moment war jede Unsicherheit aus Siggos Blick verschwunden, und er hob drohend die Fäuste.
    Krögers Zorn verpuffte wie der letzte Knallfrosch am Sedantag. Sein Blick irrte zwischen Siggo und Greta hin und her. »Sie ist doch noch hier. Ich hab sie noch gar nicht weggegeben. Wegen dem schlechten Wetter konnte das Schiff nicht auslaufen.«
    Â»Was redest du da, Mann?« Siggos Fingerknöchel traten weiß hervor.
    Es war Greta, die endlich begriff, was los war. »Herr im Himmel«, stöhnte sie und musste sich gegen den Türrahmen lehnen, um nicht ohnmächtig zu werden.
    Â»Ich kapier gar nichts mehr.« Ratlos ließ Siggo die Fäuste sinken.
    Â»Sie wollen Leni weggeben«, flüsterte Greta.
    Â»Wieso das denn?«
    Â»Was heißt hier weggeben?«, sagte Hans Kröger, dessen Rausch sich langsam verflüchtigte und dem nun klarwurde, dass er einen dummen Fehler gemacht hatte. Er hatte sich selbst verraten.
    Â»Leugnen Sie nicht!«, stieß Greta hervor. »Ich weiß Bescheid. Leni hat es mir gesagt. Sie haben das Kind an Juden verkauft, die nach Amerika auswandern.«
    Getroffen, dachte sie voller Entsetzen, als sie sah, wie Kröger kreidebleich wurde.
    Dennoch schüttelte er den Kopf. »Verkauft? Sie sind ja verrückt! Ich bin kein Menschenhändler. Der arme Jakob und seine Frau haben mir leidgetan. Ihr kleines Mädchen ist auf der Reise von Galizien hierher gestorben …«
    Â»Erfroren«, warf Greta

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