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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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geduldig. Sie wusste ja, dass die Wärme sehr tapfer war und gegen alle eisigen Ecken ankämpfte, damit sie auch in die hintere Kammer gelangen konnte. Dann war sie manchmal schon ein bisschen müde, mehr lau als richtig warm, aber Leni war trotzdem glücklich, denn ihre Zähne hörten auf zu klappern, und sie musste auch nicht mehr so zittern. Natürlich hätte Leni in die Stube gehen können, da war die Wärme noch stark und richtig gemütlich. Aber dann hätte sie mit Mutti und Vati zusammen sein müssen, und davor hatte sie immer mehr Angst.
    Auch heute traute sie sich nicht mehr in die Stube, obwohl ihre Kammer furchtbar kalt war. Ob es in der Stube noch ein kleines bisschen warm war? Der staubige Mann war lange nicht gekommen, aber vielleicht hatte Mutti ja irgendwo noch einen Rest Kohle versteckt. Seltsam, die Eltern froren gar nicht. Die waren jetzt immer lustig, so lustig, dass Leni es mit der Angst bekam. Sie tranken etwas, das ziemlich scharf roch, und als Leni beim Abendbrot leise gefragt hatte, ob sie zu der Scheibe Brot auch ein bisschen Öl oder Schmalz bekommen könnte, da flog ihr Kopf plötzlich weg von dem harten Schlag, so doll, dass sie dachte, er würde herunterfallen und in eine Ecke kullern.
    Â»Hans!«, hörte sie durch ein lautes Sausen Mutti rufen. »Bist du verrückt?«
    Â»Eine Backpfeife hat noch keinem vorlauten Gör geschadet«, gab Vati zurück, und dann schickte er Leni inihre Kammer. Sie ging ganz vorsichtig, und zum Glück kam ihr Kopf mit.
    Jetzt saß sie schon sehr lange in der Ritze zwischen ihrem Bett und dem Schrank. Das Sausen war nicht mehr so schlimm, aber ihr Kopf tat furchtbar weh, und es war kalt, so kalt. Wie gern hätte sich Leni in ihr Bett gekuschelt, aber das war verboten. Mutti würde mit ihr schimpfen, wenn sie vor dem Schlafengehen das Bettzeug in Unordnung brachte, und Vati, Vati würde sie vielleicht wieder schlagen. Leni musste ein bisschen weinen, aber dann dachte sie schnell an ihre Märchenfee. Greta würde jetzt öfter kommen, das hatte sie fest versprochen, und Leni glaubte ihr. Schade, dachte sie, dass Siggo nicht mehr dabei ist. Er war so freundlich, und er roch so gut nach Leder und nach Pferden. Leni stellte sich vor, wie schön es wäre, wenn Greta und Siggo ihre Eltern wären. Aber das war nicht klug. Davon musste sie noch mehr weinen.

18
    E in langer und anstrengender Tag lag hinter Greta. Ihr Arbeitgeber, der Hamburger Reeder Olaf Johansson, hatte Geschäftsfreunde aus New York zum Dinner gebeten. Gemeinsam mit zwei Küchenhilfen, der Hausdame und dem Smutje einer Fünfmastbark der Johansson-Linie hatte Greta ohne Pause vierzehn Stunden durchgearbeitet. Kaum saß sie in Siggos Kutsche, war sie auch schon eingeschlafen, und sie wachte erst auf, als der Freund sie sanft an der Schulter berührte.
    Greta rieb sich müde die Augen. »Habe ich so lange geschlafen? Sind wir schon da?«
    Siggo schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Moritz lahmt, ich muss mir das ansehen.«
    Greta nickte und sah sich um. Sie hatten die Große Gärtnerstraße erreicht. Sie schätzte, von hier bis nach Hause waren es noch ungefähr fünfzehn Minuten Fußmarsch. Im schwachen Licht der Kutschenlaterne sah Greta, wie Siggo sorgenvoll das rechte Vorderbein des Pferdes abtastete.
    Â»Die Fessel ist heiß und dick geschwollen«, sagte er und richtete sich wieder auf. »Das viele Traben auf den vereisten Pflastersteinen und dem neumodischen Asphalt wird zu schwer für ihn. Ich bringe dich erst noch heim, und dann führe ich ihn langsam zu unserem Stall und mache ihm einen Umschlag.«
    Â»Kommt nicht in Frage«, erwiderte Greta entschieden. »Ich kann sehr gut zu Fuß gehen, und du führst Moritz gleich nach Hause.«
    Siggo wollte sie nicht aussteigen lassen. »Du solltest um diese Zeit nicht allein unterwegs sein.«
    Â»Ich bin kein kleines Mädchen mehr und kann gut auf mich selbst aufpassen. Lass mich nur laufen, dann wird mir auch im Nu wieder warm.«
    Â»Warte!«, rief er, aber da war sie schon an ihm vorbeigeschlüpft und winkte ihm nur kurz zu. Sie hörte noch, wie Siggo dem lahmenden Wallach gut zuredete und wie das Hufeklappern wieder einsetzte. Schwerfällig jedoch und aus dem Takt geraten. Bald hatte sie den Einspänner weit hinter sich gelassen.
    Als Greta kurz darauf die Norderreihe entlanglief, wurde ihr bewusst, dass

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