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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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zuhalten, nicht noch einmal die schreckliche Geschichte hören, aber er konnte nichts tun, als zum zweiten Mal innerhalb von einer halben Stunde dem Drama beizuwohnen, das sich damals ereignet hatte: Als Gerlinde im fünften Monat schwanger war, tauchte Oswald Lohmann in Altona auf und versuchte mit allen Mitteln, dem Fuhrunternehmen Freesen die Kunden wegzuschnappen. Doch Erik Freesen galt als zuverlässig, und selbst als Lohmann drastisch seine Preise senkte, konnte er den Alteingesessenen nicht aus dem Geschäft drängen. Also beschloss Lohmann kurzerhand, den Mann zu zerstören.
    Es geschah an einem sonnigen Frühlingstag. Gerlinde Freesen überquerte die Georgstraße, als die Pferde vor Lohmanns Leiterwagen durchgingen. Sie kam knapp mit dem Leben davon, aber das Baby, ein kleines Mädchen, war verloren.
    Niemand konnte beweisen, dass Lohmann seine Pferde mit Absicht angetrieben hatte. Einzig Erik Freesen hatte alles mit angesehen. Doch er zeigte Lohmann nicht an. In den ersten Tagen stand er unter Schock und bangte um das Leben seiner Frau. Danach glaubte er, es sei zu spät, kein Mensch würde ihm mehr glauben. Seine Frau erholte sich langsam, doch Erik verstrickte sich immer tiefer in seine Schuldgefühle. Er hörte auf, gegen den Konkurrenten zu kämpfen, ließ die Zügel seines Lebens schleifen wie ein Fuhrmann, der keine Kraft mehr in den Armen hatte.
    Â»Du hast ja selbst lange genug miterlebt, wie er war«, sagte Gerlinde.
    Â»Ja«, erwiderte Siggo und dachte an den Mann, der über Jahre hinweg in Schwermut versunken war. »Aber nun geht es ihm besser.«
    Seine Mutter warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. »Er hat gespürt, dass wir ihn brauchen.«
    Siggo schwieg und dachte daran, wie sein Vater ihn an diesem Abend gehindert hatte, sich an Oswald Lohmann für den Überfall auf Greta zu rächen. Endlich hatte er seinem Sohn erzählt, was damals vorgefallen war, und dazu gehörte eine Menge Mut.
    Das Schweigen breitete sich im Stall aus, wurde nur hin und wieder unterbrochen durch ein Schnauben oder ein Hufescharren.
    Schließlich sagte Siggo: »Ich kann nicht zulassen, dass Lohmann nun auch mein Leben zerstört.« Und meine Zukunft mit Greta und der kleinen Leni, fügte er in Gedanken hinzu.
    Gerlinde zuckte erschrocken zusammen. »Was soll das heißen? Was willst du tun? Denk an das, was dein Vater gesagt hat. Unsere Familie hat schon genug Unglück ertragen müssen.«
    Er hob die Schultern. »Das mag sein, und ich weiß noch nicht, was ich tun werde. Aber diesmal darf er nicht ungeschoren davonkommen. Ich werde mir etwas überlegen.«
    Aber sosehr Siggo in den folgenden Tagen auch nachdachte, eine gerechte Strafe für Oswald Lohmann wollte ihm nicht einfallen. Was immer ihm vorschwebte, hätte ihn selbst zum Gesetzesbrecher gemacht, und diese Grenze konnte er nicht überschreiten. Er war von seinen Eltern zu einem gottesfürchtigen und anständigen Mann erzogen worden. Dieses Erbe würde er nicht mit Füßen treten. Nicht für einen Mann wie Lohmann.
    Greta verhielt sich ihm gegenüber weiterhin abweisend.Auf den langen Fahrten zum Meßberg schwieg sie und sah nur geradeaus.
    Mehr als einmal setzte Siggo zu einer Erklärung an. »Ich habe nicht gewusst, was Lohmann für ein Teufel ist«, sagte er zum Beispiel.
    Ihr scharfer Blick verriet ihm, dass sie ihm kein Wort glaubte, und er verzichtete darauf, sie daran zu erinnern, dass er sie an jenem Abend inständig gebeten hatte, nicht allein vorauszulaufen.
    Einzig an dem Morgen, an dem er ihr von einer jungen Familie erzählte, die vielleicht Leni aufnehmen konnte, taute sie ein wenig auf. »Danke«, sagte sie.
    Â»Es sind nette Leute«, fuhr er fort, ein wenig ermutigt durch ihr Lächeln. »Sie heißen Krause und wohnen in Eimsbüttel. Reich sind sie natürlich nicht, aber sie besitzen ein kleines Haus, in dem noch eine Kammer frei ist. Horst Krause ist Zimmermann von Beruf. Seine Frau Marianne arbeitet an drei Tagen in der Woche als Wäscherin und versorgt ihre beiden Kinder. Das Mädchen ist fünf, also genau in Lenis Alter, der Junge wird im Frühling acht. Mein alter Freund Wilhelm hat mir von der Familie erzählt, es sind Verwandte von seiner Köchin Anna.« Er sah, wie Gretas Lächeln bei der Erwähnung von Podolski noch eine Spur breiter wurde, und schöpfte neue Hoffnung. »Es sind

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