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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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ordentliche Menschen. Sie werden gut für Leni sorgen, und für dich wird die Fahrt auch nicht mehr so weit sein. Außerdem sind sie bereit, einen Lehrer ins Haus zu lassen, damit Leni auf ihre Weise lernen kann. Das alles wird natürlich teurer werden als die Unterkunft bei den Krögers, aber mein Angebot gilt nach wie vor. Ich habe im Moment keine andere Verwendung für meine Ersparnisse.«Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, denn ihm war inzwischen klargeworden, dass er mindestens ein zweites Fuhrwerk benötigte, um annähernd mit Lohmann mithalten zu können, aber das brauchte Greta nicht zu wissen.
    Â»Danke«, sagte Greta wieder. »Du weißt, ich werde dir jeden Pfennig zurückzahlen.«
    Nicht nötig, hätte er gern geantwortet. Es reicht, wenn du meiner Familie verzeihen kannst. Wir hätten dich vor Lohmann beschützen müssen. Ich hätte dich beschützen müssen. Ich habe versagt. Und auf einmal wurde ihm klar, wie sich sein Vater damals gefühlt haben musste. Wieder loderte Zorn in ihm auf und drohte seinen Sinn für Recht und Gerechtigkeit zu zerstören.
    Er trieb Max an, und der Wallach trabte munter in Richtung Hamburg. Der Winter legte in diesen Tagen eine Verschnaufpause ein, die Straßen blieben trocken, die Luft war beinahe frühlingshaft mild.
    Sie erreichten den Meßberg fast gleichzeitig mit der elektrischen Ringbahn, und Max blieb gehorsam stehen. Greta stieß einen leisen Schrei aus. Siggo schaute erst in ihr bleiches Gesicht, blickte dann nach vorn und erstarrte. Direkt vor ihm peitschte Oswald Lohmann seine mageren Kutschpferde aus. Er stand breitbeinig auf einem mit Weinfässern vollbeladenen Pritschenwagen, ließ die lange Peitsche auf die bereits mit Striemen überzogenen Pferderücken sausen und brüllte aus Leibeskräften: »Vorwärts, ihr lahmen Gäule! Oder soll euch der Abdecker holen?«
    Die mageren Pferde zitterten vor Schwäche, sie waren mit ihren Kräften am Ende.
    Innerhalb von Sekunden begriff Siggo: Lohmann hatte ihm wieder einmal eine Fuhre weggeschnappt, denn gleich nachdem er Greta abgesetzt hatte, wollte Siggo die leichte Kutsche zurückbringen und selbst mit seinen belgischen Kaltblütern zum Weinhändler Eberle fahren. Die Ladung, das wusste er schon, sollte zu verschiedenen Restaurants rund um den Berliner Bahnhof gehen. Er stieß einen lautlosen Fluch aus.
    Im nächsten Moment war Greta von der Kutsche gesprungen und rannte auf Lohmanns Pritschenwagen zu. »Hören Sie sofort auf, die armen Pferde zu schlagen!«, schrie sie. All ihre Angst vor dem Mann schien angesichts der leidenden Kreaturen vergessen.
    Siggo zögerte keine Sekunde und sprang hinterher. Fast wäre er zu spät gekommen. Mit irrem Blick hatte Lohmann Greta erkannt. Schon sauste die Peitsche auf sie nieder. Mit einem Riesensatz war Siggo bei Greta, griff in die Luft und bekam das Ende der Peitsche zu fassen. Instinktiv zog er daran. Lohmann stieß einen Schrei aus. Er ließ den Peitschengriff nicht los und wurde nach vorn gerissen. Mit dem Oberkörper landete er auf der Deichsel, die Beine blieben im Wagen hängen. Das war zu viel für seine geschundenen Pferde. Mit einem Aufbäumen gingen sie durch. Voller Panik stürmten sie auf die herannahende Ringbahn zu, und das laute Klingeln machte sie nur noch wilder. Metallräder quietschten auf Schienen, von der Oberleitung flogen Funken herab, Lohmann brüllte wie verrückt. Hilflos hing er zwischen Himmel und Erde. Die Pferde schafften es gerade noch über die Schienen, aber der Pritschenwagen wurde mit einem lauten Krachen von der Bahn erfasst und einige Meter mitgeschleift. Das brüchigeZaumzeug riss, die Deichsel brach wie ein Zündholz. Lohmann wurde unter den herabpolternden Weinfässern begraben, seine Beine gerieten unter die Räder der Bahn.
    Die Fahrgäste der Ringbahn stürzten in Panik aus dem Waggon, Frauen fielen in ihren enggeschnürten Korsetts in Ohnmacht, und schließlich machten sich einige Männer daran, Lohmanns Körper zu bergen. Ein paar flinke Straßenjungen schnappten sich heil gebliebene Weinflaschen und flitzten um die nächste Häuserecke. Ein großer, kräftiger Bursche hatte ein kleines Weinfass erbeutet, das ein Stück zur Seite gerollt war. Ächzend schleppte er es nun davon und kam dabei dicht an Siggo und Greta vorbei.
    Â»Dem hat’s die Beine abgerissen!«,

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