Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Conrad
Vom Netzwerk:
heiß machte.
     
    Meine Mutter hatte recht gehabt: Während unserer Mittagspause füllte sich unser Haus mit Kondolenzbesuch. Wie aus dem Nichts war auch Susanne aufgetaucht und hielt gemeinsam mit meiner Mutter Hof in der guten Stube, wo ich ein kleines Büffet aufgebaut hatte, als dessen Hauptattraktion sich zu meiner Überraschung die guten alten Mettbrötchen herausstellten.
    Meinen Vorschlag, die Gäste in der großen, gemütlichen Küche zu empfangen, hatte zweifaches Kopfschütteln ausgelöst. Schade, fand ich, denn meine Oma hatte sich am liebsten hier aufgehalten.
    Man bewunderte allgemein die überaus gefasste Haltung meiner Mutter – die derlei Bemerkungen mit einem tapferen Lächeln quittierte – und schüttelte dann meinem Vater stumm die Hand. Susanne schnatterte alle mit der Trauerfeier im Gemeindehaus voll, und sollte jemand ihrer Agitation entgangen sein, war Majestix zur Stelle, um die Wissenslücke zu stopfen. Mir gefiel das nicht, denn Oma hatte sich ausdrücklich eine kleine, familiäre Feier gewünscht, und geplant wurde jetzt ein pompöser Massenauflauf, dirigiert ausgerechnet von Majestix, der offenbar die ultimative Gelegenheit witterte, sich als Staatsmann zu profilieren. Mann, die Janssens würden mächtig beeindruckt sein.
    Ich drängte meine galligen Gedanken beiseite und flüchtete zurück in die Sicherheit der gemütlichen Küche. Plötzlich war ich froh, dass die Besucher nicht in diesem Raum waren, denn hier lebte die Erinnerung an meine Oma besonders stark.
     
    Als die Mittagspause vorbei war, verschwanden auch die letzten Besucher. Man wusste schließlich, was sich gehört. Man hatte es mit einem Geschäftshaushalt zu tun, und die Ladentür musste pünktlich wieder geöffnet werden.
    »Waltraud, du bist so tapfer«, hörte ich es mehrfach murmeln, woraufhin meine Mutter jedes Mal die Augen schloss und den Kopf ergeben zur Seite neigte. Mater dolorosa in Person. Niemand tröstete Paps, niemand bewunderte seine Haltung. Alle schienen davon auszugehen, dass er, der schweigsame, stets starke Mann, keinen Trost brauchte. Auch Susanne sahnte jede Menge aufmunternde Worte ab und wurde nicht einmal rot, als jemand der Runde verkündete, wie glücklich Cäcilie Bernauer wäre, wüsste sie, wie wunderbar sich ihre Enkelin Susanne um eine würdige und angemessene Trauerfeier kümmerte.
    Ganz ehrlich: Mir war entschieden danach, mich zu betrinken, und zwar nicht mit einer läppischen Flasche Wein. Ich dachte da eher an Wodka on the rocks. Ich wollte diesen Irrsinn um mich herum vergessen, vor allem die Pose meiner Mutter, die ich unerträglich fand. Sie hatte Oma nicht besonders gemocht. Sicher, sie hatten sich respektiert, aber echte Freundschaft hatte es nie gegeben, dazu waren sie zu verschieden gewesen. Und jetzt führte meine Mutter sich auf – zumindest in der Öffentlichkeit -, als hätte man ihr das Herz aus der Brust gerissen. Ich fand das scheinheilig und verlogen.
    Aber vielleicht spielte sie auch wieder einmal nur die Rolle, von der sie glaubte, dass die Öffentlichkeit sie von ihr erwartete: die tapfere Geschäftsfrau, die selbst in einer emotionalen Ausnahmesituation auf dem Posten bleibt. Wie ein Soldat seine Stellung hält, selbst wenn man ihm schon beide Arme abgeschossen hat. Dies war übrigens einer der Hauptgründe, warum Oma und sie sich niemals wirklich nahegekommen waren. Meine Großmutter hatte sich über meine Mutter und ihre Rollenspiele immer nur amüsieren können.
     
    Als die Tür sich hinter dem letzten Besucher geschlossen hatte, fiel die Schmerzensmutter schlagartig von ihr ab. Aus der Mater dolorosa wurde wieder Waltraud die Geschäftstüchtige. Sie erschien drei Minuten vor Ladenöffnung in der Backstube und verkündete: »Ihr müsst den Kuchen für den Leichenschmaus planen, vergesst das nicht.«
    »Der Kuchen kommt von einem Kollegen«, antwortete mein Vater ruhig und bevor ich wieder durch die Decke gehen konnte.
    »Wie sieht denn das aus? Ein Konditor von bestem Ruf bestellt Kuchen bei jemand anderem, um seine Gäste damit zu bewirten? Kommt nicht infrage.«
    Ich hielt die Luft an, denn mir fielen wieder die geballten Fäuste meines Vaters ein, am Morgen, als sie gesagt hatte, dass ich …
    »Ich diskutiere nicht, Waltraud. Der Kuchen ist bereits geordert.«
    »Aber was das wieder kostet! Könnt ihr nicht nebenb…«
    »Schließ jetzt den Laden auf, die Kunden warten bestimmt schon«, unterbrach mein Vater sie brüsk.
    Zu meinem größten Erstaunen

Weitere Kostenlose Bücher