Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
wortlos. Eine wirklich seltsame Geschichte. Sie scheint allerdings absolut glaubwürdig zu sein.
»Und Sie haben keinerlei Anhaltspunkte, was Ihr Mann eigentlich vorhatte?«
Susan schüttelte den Kopf. »Immer, wenn ich nachgefragt habe, hat Kurt darauf hingewiesen, dass im Immobiliengeschäft oft mit Methoden gearbeitet wird, die sich hart am Rande der Legalität befinden. Insofern bräuchte ich das gar nicht erst zu wissen.«
»Ihr Mann war wesentlich älter als Sie?«
Susan nickte. »Kurt war neunundfünfzig. Also genau dreißig Jahre älter als ich.«
»Und das hat funktioniert?«
Susan strich sich durch ihre blonden Haare. »Sie müssen wissen, dass ich Kurt in einer Lebensphase kennengelernt habe, die für mich äußerst schwierig war. Meine Mutter ist früh gestorben, da war ich noch ein Kind. Mein Vater war Arzt, ich glaube, ein wirklich guter. Jedenfalls hatte er unter den Ärzten an der Ostküste einen sehr guten Ruf. Und entsprechend viele Freunde. Ich hatte gerade begonnen, Kunstgeschichte zu studieren, als mein Vater an Krebs erkrankte. Und da er jahrelang alles für mich getan hatte, habe ich das Studium aufgegeben, um ihn zu pflegen. Als die Ärzte ihm sagten, dass er unheilbar sei, hat er sich …« Susan schluckte. »… hat er sein Leiden selbst beendet. In der schweren Zeit danach habe ich durch Freunde Kurt kennengelernt. Er hat sich rührend um mich gekümmert und mich mit seiner sorglosen Art wieder aufgemuntert. Keineswegs aufdringlich. Er war nur immer für mich da. Außerdem war er nicht unattraktiv, viel in der Welt herumgekommen und konnte spannend erzählen. Auch finanziell schien er keine Sorgen zu haben. Und dann hat er mir einen Heiratsantrag gemacht, und ich habe nicht lange gezögert. Er war mein Mann und mein Vater zugleich. Bei ihm habe ich mich geborgen gefühlt. Und jetzt ist das alles einfach so vorbei.« Susan schlug beide Hände vor das Gesicht. Die Tränen flossen. Sie weinte lautlos.
Was machst du jetzt, Roberto? Du kannst sie doch nicht in den Arm nehmen.
Doch Susan hatte sich schnell wieder im Griff.
Robert verschränkte seine Arme. »Viel gewusst haben Sie offensichtlich nicht über ihn.«
Er reichte ihr ein Taschentuch, und sie tupfte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. »Das ist mir ja jetzt erst klar geworden.«
»Haben Sie denn auch seine Familie kennengelernt?«
Susan schüttelte energisch den Kopf. »Nein, er hatte schon lange keinen Kontakt mehr mit ihr. Nur einmal ist er dorthin gefahren. Das war, als seine Mutter im Sterben lag.«
»Wann war das?«
»Etwa vor drei, vier Monaten. Das kommt mir jetzt seltsam vor. Als er wiederkam, schien er sehr viel nachdenklicher zu sein. Aber ich dachte, das hätte damit zu tun, dass er seine Mutter das letzte Mal gesehen hatte.«
»Wissen Sie was«, sagte Robert, der inzwischen bemerkt hatte, dass es draußen bereits heller wurde, »ich habe Lust auf einen schönen heißen Tee. Assam-Goldspitzen.«
»Eine gute Idee«, sagte Susan und lächelte müde.
»Erstaunlich«, erwiderte Robert, »eine Amerikanerin, die Tee mag.« Dann schlug er sich mit einem Finger gegen die Stirn und machte ein bewusst übertrieben erstauntes Gesicht. »Natürlich. Die Boston Tea Party!«
»Das war aber etwas anderes«, sagte Susan, deren Stimme zunehmend schleppender wurde.
»Aber immerhin«, erwiderte Robert, »ist der Tee eine Verbindung mit Wasser eingegangen.«
Als er mit einem Tablett wiederkam, auf dem zwei Tassen, eine Kanne mit exakt drei Minuten gezogenem Assam-Goldspitzen sowie einer Schale mit Kandiszucker stand, war Susan eingeschlafen. Ihr Kopf lag auf der Lehne des Sofas, und ihr blondes Haar hatte sich auf dem dunkelbraunen Leder ausgebreitet.
Robert blieb einen Augenblick stehen und betrachtete sie. Eine hübsche Frau , dachte er, und im selben Augenblick fiel ihm Francesca ein. Er stellte das Tablett auf den Tisch und berührte Susan an der Schulter.
»Kommen Sie, Susan«, sagte er. »Im Gästezimmer erwartet Sie ein komfortables Bett. Da können Sie schlafen, solange Sie wollen.«
Susan schlug die Augen wieder auf und blickte verwirrt um sich. »Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist. Ich kenne Sie kaum, und trotzdem erzähle ich Ihnen mein ganzes Leben. Ich sollte vielleicht …«
Robert ging nicht darauf ein, lächelte und machte eine einladende Handbewegung. »Die Treppe hinauf und dann die zweite Tür links. Soll ich Sie hinaufbegleiten?«
»Bis zur Tür«, sagte Susan mit müder
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