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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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Straße hinauszusehen. Plötzlich lag die Wahrheit so klar und deutlich vor mir wie die leuchtende Neonreklame für SAPPORO über dem Spirituosenladen.
    »Wenn Setsuko die jüngere Schwester war, dann war der Amerikaner ihr Vater. Mariko hat uns die Wahrheit erzählt«, sagte ich.
    »Und Kiki ist Marikos Mutter?« fragte Richard.
    »Das glaube ich nicht. In Setsukos Autopsiebericht stand, daß sie ein Kind hatte«, fiel mir wieder ein. »Überlegen wir mal: Mariko ist vierundzwanzig. Wenn sie 1973 geboren wurde, dann war Setsuko erst siebzehn. Ich kann verstehen, weshalb sie ihre Tochter weggegeben hat.«
    »Zu einer Schwester, die nur drei Jahre älter war?«
    »Aber nicht so hübsch. Mit weniger Aussichten.«
    »Ich finde, es ist Zeit für ein paar Drinks im Marimba. Ein paar Drinks und ein Gespräch mit Mariko und Kiki.« Hugh sah auf die Uhr.
    »Ihr braucht mich dort, weil Mariko zu mir am meisten Vertrauen hat«, sagte Richard.
    Hugh wurde starr, aber ich blickte ihn streng an, bis er schließlich sagte: »In solche Lokale gehen Männer gewöhnlich in Gruppen.«
    »Natürlich!« Richard tat so, als ginge er regelmäßig in Hostessenbars.
    »Und sie sind gut angezogen, weil sie gerade aus dem Büro kommen«, forderte Hugh ihn heraus.
    »Möchtest du mich modisch beraten?« Über die Vorzüge von Hugo Boss versus Junko Shimada for Men dahinplappernd, führte Richard Hugh in sein Zimmer.
    Ich ging ins Badezimmer, wo ich mich kurz unter die Dusche stellte und mir so schnell die Beine rasierte, daß ich mich an beiden Knien schnitt. Ich dachte an das, was mir Kiki das letzte Mal über meine Aufmachung gesagt hatte, und zog deshalb Karens schwarzes Cocktailkostüm an, das ich zum Dinner mit Joe getragen hatte, einen schwarzen BH, aber keine Bluse und hauchdünne schwarze Strümpfe. Ich fand eine Make-up-Probe von Shiseido und zog mir mit dem grellen Stift, den mir Mariko dagelassen hatte, die Lippen nach.
    »Du siehst ja richtig fies aus«, sagte Hugh, als ich aus dem Bad kam.
    »Das hatte ich zum Essen im Trader Vic’s an, und da war es durchaus passend.« Ich durchsuchte meine Schuhschachteln nach meinem einzigen Paar Stöckelschuhe.
    »Es ist vielleicht angemessen, aber wundere dich nicht, wenn dich jemand bittet, dich auf seinen Schoß zu setzen.«
    »Mariko sagt, das passiert hauptsächlich bei Ausländern. Du wirst dich doch beherrschen, oder?« Vorsichtig schob ich das Fotoalbum in meinen Rucksack. Es war keine Abendhandtasche, aber wenigstens war er schwarz.
    »Leichter als Richard. Es war eine ganz schöne Arbeit, ihm seinen Zungen- und Ohrenschmuck auszureden.«
    »Jetzt siehst du mal, was ich alles aushalten muß.«
    »Ich mag ihn, auch wenn ich dich am liebsten erwürgt hätte, als du ihm das Fotoalbum gezeigt hast.« Hugh hielt mir einen Arm hin, als ich in die höchsten Schuhe stieg, die ich besaß. Mit den zusätzlichen acht Zentimetern fühlte ich mich richtig stark.
    »Er weiß alles über Mariko. Er hat recht, sie hat Vertrauen zu ihm. Deshalb sollte er auch mitkommen.«
    »Je mehr Leute in die Geschichte verwickelt werden, desto riskanter wird es. Ich kann mir schon vorstellen, wie der junge Richard zu meinem Einbruchsprozeß vorgeladen wird.«
    »Er würde für dich lügen. Für mich lügt er ständig«, versicherte ich ihm.
    »Aber vor Gericht soll man nicht lügen!« protestierte Hugh.
    »Du und deine Ehrlichkeit.« Ich wiederholte damit, was er in dem englischen Pub so höhnisch zu mir gesagt hatte. Diesmal lachten wir beide.
     
    Hugh übernahm den Eintritt – siebeneinhalbtausend Yen pro Person, eine Flasche Whisky inbegriffen. Als wir dem Türsteher unsere Mäntel reichten, flüsterte ich Hugh leise zu, daß das hoffentlich die europäische Union bezahle. Er nickte und legte einen Finger auf die Lippen.
    Im Club war mehr Betrieb als an dem Nachmittag, an dem ich dort gewesen war. Beinahe jeder Tisch war besetzt. Ich war die einzige Frau im Raum, die nicht hier arbeitete. Ich machte mir keine Illusionen darüber, weshalb ich eingelassen worden war: die Männer in meiner Begleitung waren einfach so klasse, daß man sie nicht abweisen konnte.
    »Wir würden gerne Mariko-san sprechen«, sagte Hugh zu Esmerelda, der Filipina in dem burgunderfarbenen Spitzenunterkleid, die uns mit schwingenden Hüften an einen Tisch führte.
    »Hier gibt es keine Mariko«, sagte sie verlegen. »Meint ihr Mimi-chan?«
    »Ja, ja. Die Mädchen haben alle Barnamen«, erklärte Richard.
    »Was habt ihr denn gegen

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