Die Tote im Keller - Roman
besten Beruf der Welt auszuüben. Irene war davon nicht immer so überzeugt wie er.
D er Stadtteil Biskopsgården hatte nie einen Preis für seine Architektur oder menschenfreundliche Gestaltung erhalten. Einige der Hochhäuser aus den fünfziger Jahren waren hin und wieder renoviert worden, aber die übrigen verfielen allmählich. Die Mieten wurden trotzdem gezahlt. Schließlich mussten Arbeiter und Einwanderer irgendwo wohnen, seit die traditionellen Arbeiterstadtteile Majorna, Landala und Haga luxussaniert worden waren und es dort nur noch Eigentumswohnungen gab.
Das achtstöckige Wohnhaus sah aus wie alle anderen, mit dem einzigen Unterschied, dass das Dach teilweise mit einer Plane abgedeckt war, weil es auf dem Dachboden gebrannt hatte. Der Lastwagen des Bauunternehmens stand vor dem Treppenaufgang. Er war dunkelblau, und auf den Seiten stand mit weißen Buchstaben MT-Bygg. Das Haus wirkte verlassen, und der Bürgersteig war menschenleer. Nur die Presslufthämmer der Bauarbeiter vom Dach störten die Stille. Auf dem Hof standen ein paar Schaukeln, der Sandkasten war zugeschneit. Kinder, die im Schnee spielten, waren nicht zu sehen. Wahrscheinlich war es zu kalt. Der Schnee fiel jetzt wieder stärker.
Linda Holm hatte ihren neutralen Wagen so geparkt, dass sie die gesamte Vorderseite des Hauses überblicken konnten. Der Schneefall erschwerte die Sicht. Nach einer Weile war es fast nicht mehr möglich, die Aufschrift auf der Seite des Lastwagens zu lesen.
»Es ist der Aufgang, vor dem der Lastwagen steht. Hausnummer
33. Im vierten Stock«, sagte Linda Holm, ohne sich ihren Kollegen auf dem Rücksitz zuzuwenden.
Irene beugte sich vor und schaute zu den Wohnungen hoch. Außer Schneegestöber sah sie nichts.
»Es handelt sich um eine Zweizimmerwohnung. Der Mieter ist seit einigen Wochen verreist. Wir versuchen gerade, ihn ausfindig zu machen. Wir wollen natürlich wissen, wie Heinz Becker an diese Wohnung gekommen ist. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass der Mieter gerade in der Woche verreist, in der Heinz Becker einen Unterschlupf für sein temporäres Bordell benötigte«, meinte Linda Holm.
»Funktioniert das immer so?«, fragte Irene.
»Gelegentlich. Es lässt sich schwer beweisen, wer den Zuhältern den Zutritt zur Wohnung gestattet hat. Der verreiste Mieter spielt immer den Ahnungslosen«, antwortete Linda.
Die Haustür von Nummer 33 ging auf, und zwei Männer traten ins Freie. Sie trugen einen großen schwarzen Plastikmüllsack. Sie zogen wegen des Schneefalls die Köpfe ein, eilten auf den Lastwagen zu und schlossen die hintere Tür auf. Dann warfen sie den Sack auf die Ladefläche, knallten die Tür zu und rannten zum Fahrerhaus. Einige Sekunden später heulte der Motor auf. Der Lastwagen machte einen Satz und fuhr davon.
Kommissarin Holm zog ihr Handy aus der Tasche und antwortete. Irene hatte es nicht klingeln hören. Linda Holm brummte ein paarmal zustimmend und sagte dann kurz:
»Fünf Minuten ab … jetzt!«
Sie machte ihr Handy aus. Einige Minuten später fuhr der Mannschaftswagen vor. Er parkte auf dem Parkplatz, auf dem der Lastwagen eben noch gestanden hatte. Niemand im Auto sagte etwas, alle starrten auf die Zeitanzeige des Handys. Nach fünf Minuten stieß Linda Holm die Fahrertür auf. Rasch, aber nicht im Laufschritt bewegten sie sich auf die Haustür zu. Aus einem Auto, das etwas abseits geparkt war, stiegen zwei Beamte des Dezernats für Menschenhandel, ein Mann und eine Frau.
»Fahrstuhl und Treppen«, sagte die Kommissarin kurz, als die beiden Trupps gleichzeitig an der Haustür eintrafen.
Der Inspektor öffnete daraufhin die schwere Haustür. Die Glasscheibe in der oberen Hälfte war beschädigt und durch eine Sperrholzplatte ersetzt worden. Schwarze und blaue Graffiti bedeckten die ganze Tür.
Drei Beamte rannten die Treppe hinauf, die anderen nahmen den Fahrstuhl. Einer der Polizisten aus dem Mannschaftswagen bezog unten im Eingang Posten. Irene geriet in die Gruppe, die die Treppe als Rückzugsweg sperren sollte.
Sie musste sich beeilen, um die beiden anderen, die bereits die Treppe hinaufrannten, einzuholen. Im zweiten Stock hörte sie einen Knall, der im ganzen Treppenhaus widerhallte. Die Polizisten hatten die Tür eingetreten. Als Irene atemlos das vierte Stockwerk erreichte, sah sie sich dem erbosten Leiter des Einsatzkommandos gegenüber.
»Leer. Sie haben sich dünngemacht«, sagte er.
»Der Lastwagen!«, rief Irene.
Die anderen sahen sie fragend
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