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Die Tote im Maar - Eifel Krimi

Die Tote im Maar - Eifel Krimi

Titel: Die Tote im Maar - Eifel Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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mich.
    »Bitte, es ist wichtig«, sagte ich. Meine Krankheit interessierte mich überhaupt nicht, etwas anderes dafür umso mehr.
    Er murmelte etwas von alten Karteikarten, dann nahm er den Telefonhörer ab, gab die Frage an die Frau mit den rosa Haaren vorne an der Rezeption weiter, und wir warteten.
    »Ich habe Ihren Bruder am Fenster gesehen, und er sieht gar nicht gut aus.« Verdammt, das hätte ich nicht sagen sollen.
    Dr.   Wagner zog ein Gesicht. Dann lachte er. »Mein Bruder leidet an einer seltenen Hautkrankheit. Es treten Pusteln, Knötchen sowie Schwellungen auf, die sich entzünden und eitrig degenerieren können. Es ist nichts Ansteckendes, obwohl sich einige Leute fernhalten und glauben, die Beulenpest sei zurückgekehrt.«
    Ich nickte, brachte es aber nicht über mich, dass mir der Pfarrer leidtat.
    »Er sollte das Thema endlich offen ansprechen, besser als mit seinen Pflastern herumzulaufen«, sagte Dr.   Wagner.
    Ob ich ihm da zustimmen sollte …? Ich hatte vorhin immerhin einen Blick auf das Gesicht von Pfarrer Wagner geworfen.
    Kurz darauf wurde an der Tür geklopft, dann marschierte die Frau mit den rosa Haaren herein. »Die Karteikarte Isabel Friedrich«, sagte sie und legte das Dokument auf den Schreibtisch.
    Gekritzel, musste ich denken. Überall Abkürzungen, ich würde nichts davon verstehen. Hoffentlich stieß ich im Institut nicht auch auf Abkürzungen und Verschlüsselungen, die nur derjenige verstand, der sie geschrieben hatte. Hier und jetzt war es gleichgültig, denn derjenige saß mir gegenüber.
    Dr.   Wagner klappte die Krankenakte auf. Sein Finger verfolgte die Notizen, bis er schließlich den Kopf hob.
    »Im Sommer vor neunzehn Jahren, Juli. Ich hatte bei Ihnen eine funktionelle Störung diagnostiziert. Das heißt, Krankheitsanzeichen oder Beschwerden, die keine organische Ursache erkennen lassen. Offenbar hielten Fieber und Desorientierung aber nur wenige Tage an.«
    Fieber und Desorientierung. Ich erinnerte mich nicht.
    Im Sommer vor neunzehn Jahren.
    Dr.   Wager hatte mir ein weiteres Puzzleteilchen in die Hand gegeben.
    Ich rechnete damit, dass Luise schon bald auftauchen würde. Anlass war mein Arzttermin, Grund war, dass wir nach Koblenz zu meinem Großvater wollten.
    Die erste Frage schon brachte mich zum Lächeln.
    »Hat dir der Doktor Knipplatz gegeben?« Sie stieß mich an.
    Es war eine gemeinsame Erinnerung. Wir hatten uns gegenseitig mit Mumps angesteckt, und Dr.   Wagner hatte seine Mutter gebeten, für genügend Knipplatz zu sorgen.
    »Seine Mutter hat uns ein ganzes Blech voll gebacken«, lachte Luise. Wir waren die Einzigen gewesen, die in den Genuss dieses Hefesüßgebäcks kamen, und erzählten es natürlich überall herum. Die freundliche Bäckerin lebte längst nicht mehr.
    Dann war der Augenblick vorüber, und Luise war wieder ernst. »Und?«, fragte sie.
    »Er hat mir eine Spritze gegen die Entzündung und eine gegen Tetanus verabreicht. Es fühlt sich schon viel besser an, es hat aufgehört zu pochen«, versicherte ich ihr. Ich erntete nur ein Nicken, also sollte ich besser noch etwas hinzufügen. »Ich hab Pfarrer Wagner gesehen«, sagte ich und erzählte Luise, was mir der Doktor über seinen Bruder verraten hatte.
    »Eine seltene Krankheit, das ist doch mal eine Erklärung.«
    Luise wechselte nicht direkt das Thema. Als seltene Krankheit galt Alzheimer mittlerweile nicht mehr, aber sie versuchte, mich wegen Großvater zu trösten.
    »Ich weiß noch, wie komisch mir das mit Oma Minze vorkam, als sie ganz ernsthaft Unsinn erzählte und ich erst begreifen musste, dass meine geliebte Oma sich irgendwo versteckt hatte, wo ich sie nicht immer erreichen konnte.«
    Luise bestand darauf, sie würde fahren, ich könne ja lotsen. Und ich gab zurück, dass ich hoffte, es zu können. Es war eine leichtsinnige Bemerkung.
    »Ich wollte Rufus von Katharina erzählen, aber dann …« Und ich teilte Luise mit, was mir Schwester Hildegard gesagt hatte, und auch von meinem Weg zu einem Friedhof, auf dem ich niemanden kannte.
    »Das stimmt gar nicht«, sagte ich. »Ich kenne jemanden. Carolin.«
    »Deine Großmutter ist dort beerdigt?«, fragte Luise.
    »Ihre Asche befindet sich in einer Urne in einer Stele. Es ist der Hauptfriedhof in Koblenz.« Was war nur mit mir los? Es war mir gerade erst wieder eingefallen.
    Das Haus Diamand hielt für uns an diesem Tag eine kleine Überraschung bereit.
    Schwester Hildegard kam uns im Gang entgegen, und ich wappnete mich.

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