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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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Animositäten ganz zu schweigen?«
    »So war es auch! Aber ganz so rasant ging es nicht. Es war eine von mehreren neuen Ernennungen und dauerte ein paar Jahre, bis es durchging. Sir Nevil - und anderen - war aufgefallen, dass die Anforderungen an die Polizei sich aufgrund des Krieges verändert hatten. Männer, die zum Töten ausgebildet worden waren und dazu, ihre Ressourcen findig zu nutzen, um am Leben zu bleiben, wurden plötzlich wieder auf die Welt losgelassen. Gerissene, abgebrühte, erfahrene Männer …«
    »Damit beschreiben Sie uns, Sir.«
    »Das tue ich.«
    »Aber - ›Commander‹ - das klingt nach Marine. War das Absicht?«
    »Wahrscheinlich. Dadurch bekomme ich Zugang zu jeder Gesellschaftsschicht, die näher beleuchtet werden soll. Die Aristokratie hatte die Polizei - bei den seltenen Gelegenheiten, wo sie überhaupt mit ihr zu tun bekam - stets wie Diener behandelt. Aber wenn ein Commander an der Haustür auftaucht, muss man ihm etwas mehr Respekt erweisen! Sir Nevil erfand den Titel für eine neue, unabhängige Einheit, die nur ihm verantwortlich war und jetzt nominell unter meiner Führung steht. Insgeheim leitet er sie immer noch, auch wenn er sich schon geraume Zeit von seinem Posten als Commissioner zurückgezogen hat.«
    Joe brach ab und sah seinen Sergeant fest an. Es war ihm durchaus bewusst, dass der Informationsfluss einseitig verlief. Armitage blieb höflich undurchsichtig.
    »Tja, Armitage, ich dachte, Sie sollten wissen, worauf Sie sich da eingelassen haben.«
    Als Antwort fischte Armitage in einer Tasche seines Capes und zog einen kleinen, silbernen Flachmann heraus. Er schraubte ihn auf und reichte ihn Joe.
    »Darauf einen Schluck, Sergeant?« Joe hob den Flachmann.
    »Einen großen, Sir!«
     
    Joe war von der Begegnung sowohl erfreut als auch beunruhigt. Er ging zurück zum Piccadilly Circus. Ein Klappern in der Nachtluft erinnerte ihn daran, wie spät es war - oder wie früh? Die Marktwagen ratterten über den Piccadilly auf ihrem Weg nach Smithfield, Covent Garden und Billingsgate. Wenn die Marktglocken um fünf Uhr läuteten, fing für London ein neuer Tag an. Joe überquerte die Straße, wich einem Karren voller Blumen aus, der den schweren Duft von Goldlack verströmte und vor Tulpen glänzte, und winkte sich ein vorbeifahrendes Taxi für den Heimweg. Seine Gedanken rasten, versuchten, die vielen Dinge zu ordnen, die er in wenigen Stunden zu erledigen hatte. Müde sah er durch die Wagenscheibe auf den mittlerweile milchigen Himmel, als sie auf das Embankment bogen. Er fragte sich, ob sie Chelsea noch vor Tagesanbruch erreichen würden. Vielleicht sollte er den Taxifahrer bitten, auf der Westminster Bridge zu halten, damit er den Augenblick genießen konnte, wenn die Sonne aus den grauen Wassern der Themse aufstieg und neues Leben in die Hauptstadt brachte; der kurze Augenblick, bevor die Häuser und Fabriken anfingen, ihre Schichten gelbgrauen Rauches kräuselnd aufsteigen zu lassen. Nocturne in Schwarz und Grau vielleicht? Variationen in Schwarz und Gold?
    Eine Polizeibarkasse fuhr unter der Brücke hindurch wie eine schwimmende Ratte, die dreiköpfige Besatzung starrte suchend in die öligen Tiefen des Flusses, eine finstere Greifklaue ragte vom Bug und verkündete ihre düstere Mission. Joe schauderte. Die Sonne würde zu spät aufgehen, um einem armen, kalten, hoffnungslosen Burschen Wärme zu spenden. Joe war es etwas peinlich, dass er hatte anhalten wollen, um phantasiereich zu entscheiden, ob die neblig graue Szene besser von Monet oder von Whistler eingefangen worden wäre. Ein anderes Mal, beschloss er. Und er lag an diesem Morgen auch nicht auf derselben Wellenlänge wie Wordsworth.
    Joe gähnte. Vor dem Treffen musste er auch noch im Archiv anrufen. Er wollte darum bitten, eine Akte für ihn herauszusuchen. Der Name auf der Akte würde Sergeant W. Armitage lauten. Er fragte sich, ob Sir Nevils Fragezeichen dasselbe war wie sein eigenes.

6. KAPITEL
    »Sir! Man hat mich angewiesen, Ihnen heute Morgen zur Hand zu gehen. Constable Sweetman vom Vine-Street-Revier.«
    Der eifrige, junge Polizist in seiner makellosen Uniform befand sich, urteilte Joe, noch im Probejahr.
    »Guten Morgen, Sweetman. Sie haben Ihre Anweisungen von Inspektor Cottingham erhalten?«
    »Ja, Sir. Er wird jeden Moment hier sein. Ich glaube, wir beide sind früh dran, Sir.«
    »Ihnen ist bewusst, dass ich möglicherweise von Ihnen verlangen werde, Ihre besonderen Fertigkeiten einzusetzen?«
    »Das

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