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Die Tote im See

Die Tote im See

Titel: Die Tote im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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ihre Sippschaft, vermutlich meinte er Mrs. Almores Sippschaft, mich geschickt hat? Wenn Sie mir darauf eine Antwort geben könnten, wüßte ich vielleicht, ob es was mit meiner Arbeit zu tun hat.«
    Sie dachte einen Augenblick nach, während sie mir einen raschen
    Blick zuwarf, und sah dann wieder weg.
    »Ich habe Mrs. Almore nur zweimal getroffen«, sagte sie langsam.
    »Aber ich glaube, ich kann Ihre Fragen beantworten – und zwar alle.
    Das letzte Mal traf ich sie, wie ich Ihnen sagte, bei Lavery. Es waren
    viele Leute da, und es wurde viel getrunken und viel geredet. Die Frauen waren nicht mit ihren eigenen Männern gekommen und die
    Männer nicht mit ihren Frauen, falls sie überhaupt in Begleitung waren. Da war auch ein Mann, der Brownwell hieß und ziemlich
    voll war. Er soll jetzt bei der Navy sein. Er reizte Mrs. Almore mit der Praxis ihres Mannes. Es ging wohl darum, daß Dr. Almore einer
    der Ärzte sei, die die ganze Nacht mit einer ganzen Ladung von Spritzen unterwegs sind, um die örtliche Sauf‐Society davor zu bewahren, daß sie das Frühstück vor lauter weißen Mäusen nicht
    sieht. Florence Almore sagte, es sei ihr egal, wie ihr Mann sein Geld
    verdiene, solange er nur genug verdiene und sie es ausgeben könne,
    wie es ihr gefalle. Sie war ebenfalls voll und selbst nüchtern keine 133
    sehr angenehme Person, könnte ich mir vorstellen. Eines dieser
    ständig mit den Hüften wackelnden Glitzerweiber, die zu viel lachen und sich so in ihre Stühle räkeln, daß man möglichst viel Bein
    sieht. Eine Superblondine mit viel Tünche und unverschämt großen
    blauen Babyaugen. Na gut. Brownwell jedenfalls sagte ihr, sie brau‐
    che sich keine Sorgen zu machen, das würde immer ein gutes Geschäft bleiben. Mehr als fünfzehn Minuten brauche man nicht, um einen Patienten zu bedienen, und jedesmal hätte man flotte zehn bis
    fünfzig Mäuse verdient. Das einzige, was ihn wundere, sagte er, sei
    jedoch, wo ein Arzt sich ohne Beziehungen zur Unterwelt so viel Stoff verschaffen könne. Und er fragte Mrs. Almore, ob sie denn viele nette Gangster zum Dinner in ihr Haus einladen müßte. Darauf schüttete sie ihm ihr Glas ins Gesicht.«
    Ich grinste, aber Miss Fromsett blieb ernst. Sie drückte ihre Zigarette in Kingsleys großem Aschenbecher aus Kupfer und Glas aus und sah mich sachlich an.
    »Ich verstehe das gut«, sagte ich. »Jeder, der nicht ’ne kräftige Faust zum Reinschlagen hat, hätte wenigstens wie sie das Glas genommen.«
    »Genau. Ein paar Wochen später fand man Florence Almore spät
    in der Nacht tot in der Garage. Die Garagentür war geschlossen, und der Motor lief.« Sie machte eine Pause und befeuchtete ihre Lippen. »Chris Lavery hat sie gefunden. Während er um weiß Gott
    wieviel Uhr nach Hause kam. Sie lag in einem Pyjama auf dem Ze‐
    mentboden, den Kopf unter einer Decke, die auch den Auspuff be‐
    deckte. Dr. Almore war nicht zu Hause. In den Zeitungen stand darüber so gut wie nichts. Nur daß sie plötzlich gestorben sei. Man
    hat die Sache schnell vertuscht.«
    Sie hob ihre gefalteten Hände ein wenig und ließ sie dann langsam
    wieder in ihren Schoß fallen. Ich sagte:
    »War denn was faul dran?«
    »Nach dem Gerede der Leute, ja. Aber die Leute reden ja immer.
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    Einige Zeit darauf erfuhr ich, was nach Meinung der Leute dahin-tersteckte. Ich traf diesen Brownwell in der Vine Street, und er hat mich auf einen Drink eingeladen. Ich konnte ihn zwar nicht ausstehen, aber ich hatte eine halbe Stunde Zeit totzuschlagen. Wir setzten
    uns in Levy’s Bar, und er fragte mich, ob ich mich an die Puppe er‐
    innerte, die ihm den Schnaps ins Gesicht gekippt hätte. Ich sagte ja.
    Die Unterhaltung danach ging ziemlich wörtlich so. Ich erinnere mich ganz genau.
    Brownwell sagte: ›Unser Freund Chris Lavery ist fein raus. Wenn
    ihm je die Freundinnen ausgehen sollten, kann er seine Mäuse auch
    woanders melken.‹
    Ich sagte: ›Ich glaube, ich verstehe Sie nicht ganz.‹
    Er sagte: ›Teufel, vielleicht wollen Sie mich nicht verstehen. In der
    Nacht, als die Frau von Almore starb, war sie vorher bei Lou Condy
    und hat dort ihr letztes Hemd beim Roulette verloren. Sie kriegte die
    Wut und sagte, das Roulette sei präpariert, und zog eine Riesen-schau ab. Condy mußte sie praktisch in sein Büro abschleppen. Er setzte sich über den ärztlichen Notdienst mit Dr. Almore in Verbindung, und nach ’ner Weile kam der Doktor. Er verpaßte ihr einen Schuß mit einer seiner fleißigen

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