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Die Tote im See

Die Tote im See

Titel: Die Tote im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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Mr. Kingsleys Bü‐
    ro entgegengenommen. Er hat neben mir gesessen, aber nicht mit ihr
    gesprochen. Sie sagte, man sollte das Geld runter zu dem Peacock‐
    Lokal schicken und fragte, wer es bringen würde.«
    »Klang es, als ob sie Angst hätte?«
    »Nicht im geringsten. Sie wirkte vollkommen ruhig. Man könnte
    sagen, eiskalt. Sie hatte alles genau durchdacht. Sie hatte sich sogar
    vorgestellt, daß ihr jemand das Geld bringen müßte, den sie vielleicht nicht kennt. Sie schien zu ahnen, daß Derry – daß Mr. Kings‐
    ley es nicht bringen würde.«
    »Nennen Sie ihn ruhig Derry«, sagte ich. »Ich werde trotzdem er‐
    raten können, wen Sie meinen.«
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    Sie lächelte schwach. »Sie wird jede Stunde ungefähr um Viertel nach in diese Peacock Lounge gehen. Ich – ich habe ihr vermutlich
    den Eindruck vermittelt, daß Sie derjenige wären, der zu ihr käme.
    Ich habe Sie ihr beschrieben. Und Sie sollen Derrys Schal tragen.
    Auch den hab ich ihr beschrieben. Er hat einige Sachen im Büro, und
    dieser Schal war darunter. Er ist auffällig genug.«
    Das war er wirklich. Es handelte sich um eine Angelegenheit aus
    sattgrünen Nieren auf dottergelbem Untergrund. Es war fast so auf‐
    fällig, als ob ich mit einem rotweißblauen Schubkarren dort aufgekreuzt wäre.
    »Dafür, daß sie vor Angst außer sich ist, macht sie das aber recht
    gut«, sagte ich.
    »Das ist nicht der Augenblick für dumme Scherze«, warf Kingsley
    scharf ein.
    »Sie wiederholen sich«, erzählte ich ihm. »Und Sie müssen ver‐
    dammt abgebrüht sein, wenn Sie vorschlagen, daß ich dorthin gehe,
    um jemand ’ne ganze Stange Fluchtgeld zuzustecken, von dem ich weiß, daß die Polizei hinter ihm her ist.«
    Er rieb sich mit der Hand das Knie und zeigte ein geriebenes Grin‐
    sen.
    »Ich gebe zu, es ist ein dicker Hund«, sagte er. »Was halten Sie da‐
    von.«
    »Es macht uns alle drei zu Mittätern, wenn’s herauskommt. Viel‐
    leicht ist das für ihren Ehemann und seine Privatsekretärin nicht so
    schlimm, weil die sich rausreden können. Aber was sie mit mir an‐
    stellen werden, ähnelt sicher kaum der Traum Vorstellung vom
    idealen Urlaub.«
    »Ich werd’s Ihnen reichlich vergüten«, sagte er. »Und falls sie es nicht gewesen ist, können wir auch keine Mittäter sein.«
    »Ich bin bereit, das anzunehmen«, sagte ich. »Sonst würde ich
    überhaupt nicht mehr mit Ihnen sprechen. Und ich muß hinzufü‐
    gen, wenn ich zu der Überzeugung komme, daß sie jemand umge‐
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    bracht hat, werde ich sie augenblicklich der Polizei übergeben.«
    »Sie wird nicht mit Ihnen sprechen wollen.«
    Ich griff mir den Umschlag und steckte ihn in die Tasche. »Sie wird, falls sie das da will.« Ich blickte auf meine Armbanduhr.
    »Wenn ich gleich losfahre, könnte ich die Ein‐Uhr‐fünfzehn‐
    Verabredung schaffen. Die in der Bar müssen sie schon in‐ und auswendig kennen nach den vielen Stunden. Das ist ein zusätzlicher
    Reiz.«
    »Sie hat ihr Haar dunkelbraun gefärbt«, sagte Miss Fromsett.
    »Vielleicht hilft Ihnen das ein wenig.«
    Ich sagte: »Es hilft mir nicht zu glauben, daß sie die Unschuld auf
    Reisen ist.« Ich beendete meinen Drink und stand auf. Kingsley stürzte seinen in einem Zug herunter, wickelte den Schal von seinem Hals und gab ihn mir.
    »Was haben Sie denn angestellt, daß die Polizei dort unten hinter
    Ihnen her war?« fragte er.
    »Ich habe ein paar Informationen verarbeitet, die Miss Fromsett mir freundlicherweise besorgt hatte. Das brachte mich dazu, mich nach einem Mann namens Talley umzusehen, der am Fall Almore
    gearbeitet hatte. Und das brachte mich ins Kittchen. Sie hatten um das Haus eine Falle für mich gebaut. Talley war der Schnüffler, den
    die Graysons engagiert hatten«, fügte ich hinzu, während ich zu dem dunklen hochgewachsenen Mädchen sah. »Sie können ihm
    vielleicht erklären, worum es da geht. Obwohl es egal ist. Ich habe jetzt jedenfalls keine Zeit dazu. Wollen Sie beide hier warten?«
    Kingsley schüttelte den Kopf.
    »Wir fahren zu meiner Wohnung und warten dort auf Ihren An‐
    ruf.«
    Miss Fromsett stand auf und gähnte: »Nein. Ich bin müde, Derry.
    Ich gehe nach Hause. Ins Bett.«
    »Sie kommen mit zu mir«, sagte er bestimmt. »Sie müssen dafür sorgen, daß ich nicht total überschnappe.«
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    »Wo wohnen Sie, Miss Fromsett?« fragte ich.
    »Im Bryson Tower am Sunset Place. Apartment 716. Warum?« Sie
    sah mich fragend an.
    »Vielleicht will ich Sie irgendeinmal erreichen

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