Die Tote in der Bibliotek
habe leider schlechte Nachrichten für Sie.»
«Pamela…» Die Frau brach ab.
«Ist dem Kind – etwas zugestoßen?», fragte Major Reeves in scharfem Ton.
«Ja, Sir.»
«Heißt das, sie ist tot?»
«Nein! Nein!» Mrs. Reeves brach in hemmungsloses Schluchzen aus. Major Reeves legte den Arm um seine Frau und zog sie an sich. Seine Lippen zitterten, aber er sah Harper fragend an. Der Superintendent senkte den Kopf.
«Ein Unfall?»
«Nicht direkt, Major Reeves. Sie wurde in einem ausgebrannten Auto gefunden, in einem Steinbruch.»
«In einem Auto? In einem Steinbruch?»
Entsetzen malte sich auf seinen Zügen. Mrs. Reeves brach vollends zusammen und sank laut schluchzend auf das Sofa.
«Ich kann gern einen Moment warten, wenn Sie möchten», sagte Superintendent Harper.
«Was soll das heißen?», fragte Major Reeves schneidend. «Besteht Verdacht auf einen gewaltsamen Tod?»
«Es sieht so aus, Sir. Deswegen würde ich Ihnen gern einige Fragen stellen, wenn es nicht allzu belastend für Sie ist.»
«Nein, nein, fragen Sie nur. Wenn es stimmt, was Sie sagen, dann darf man keine Zeit verlieren. Aber ich kann es gar nicht glauben. Wer sollte denn einem Kind wie Pamela etwas antun?»
«Die Umstände des Verschwindens Ihrer Tochter haben Sie der hiesigen Polizei ja bereits geschildert», sagte Superintendent Harper schwerfällig. «Sie ist zu einem Pfadfinderinnentreffen gefahren und sollte zum Abendessen wieder zurück sein. Ist das richtig?»
«Ja.»
«Wollte sie mit dem Bus heimfahren?»
«Ja.»
«Nach Aussagen der anderen Pfadfinderinnen wollte sie nach dem Treffen noch nach Danemouth zu Woolworth und einen späteren Bus nehmen. Wäre das in Ihren Augen ein normales Verhalten gewesen?»
«Ja, durchaus, Pamela ging sehr gern zu Woolworth. Sie hat oft in Danemouth eingekauft. Die Bushaltestelle ist an der Hauptstraße, nur etwa eine Viertelmeile von hier entfernt.»
«Und Sie wissen nicht, ob sie sonst noch etwas vorhatte?»
«Nein.»
«Auch nicht, ob sie sich in Danemouth mit jemandem treffen wollte?»
«Nein, ganz bestimmt nicht, das hätte sie uns gesagt. Wir haben sie zum Abendessen zurückerwartet. Deswegen haben wir auch bei der Polizei angerufen, als es immer später wurde und sie nicht kam. Es war so gar nicht ihre Art, einfach auszubleiben.»
«Und sie hatte auch keinen schlechten Umgang, Freunde, die Sie nicht akzeptieren konnten?»
«Nein, da hat es nie irgendwelche Probleme gegeben.»
«Pam war noch ziemlich kindlich für ihr Alter», sagte Mrs. Reeves tränenüberströmt, «hat noch so gern gespielt. Sie war in keiner Weise frühreif.»
«Kennen Sie einen George Bartlett, der im Hotel Majestic in Danemouth wohnt?»
Major Reeves sah ihn groß an. «Nie gehört.»
«Könnte es sein, dass Ihre Tochter ihn gekannt hat?»
«Ganz sicher nicht. Was hat der Mann damit zu tun?», fragte er scharf.
«Ihm gehört der Minoan 14, in dem die Leiche Ihrer Tochter gefunden wurde.»
«Aber dann muss er doch…!», rief Mrs. Reeves.
«Er hat uns heute Morgen gesagt, dass sein Auto verschwunden ist», fuhr Harper rasch fort. «Gestern um die Mittagszeit stand es noch im Hof des Majestic. Jeder hätte es nehmen können.»
«Aber hat denn niemand gesehen, wer damit weggefahren ist?»
Der Superintendent schüttelte den Kopf.
«Dort fahren den ganzen Tag Dutzende von Wagen ein und aus. Und der Minoan 14 ist der häufigste Typ.»
«Aber so tun Sie doch etwas!», rief Mrs. Reeves. «Finden Sie den, den – diese Bestie, die das getan hat! Mein kleines Mädchen, ach, mein kleines Mädchen! Sie ist doch nicht bei lebendigem Leibe verbrannt? O Pam, Pam!»
«Sie hat nicht gelitten, Mrs. Reeves. Ich kann Ihnen versichern, dass Sie schon tot war, als der Wagen in Brand gesteckt wurde.»
«Wie wurde sie getötet?», fragte Major Reeves steif.
Harper warf ihm einen viel sagenden Blick zu.
«Das wissen wir nicht. Das Feuer hat alle Spuren vernichtet.»
Er wandte sich der verzweifelten Frau auf dem Sofa zu.
«Glauben Sie mir, Mrs. Reeves, wir tun alles, was in unserer Macht steht. Die Ermittlungen laufen noch. Früher oder später werden wir jemanden finden, der Ihre Tochter gestern in Danemouth gesehen hat und der auch gesehen hat, mit wem sie zusammen war. Aber das braucht seine Zeit, verstehen Sie? Wir werden Dutzende, Hunderte von Hinweisen bekommen. Alle möglichen Leute werden eine Pfadfinderin gesehen haben – hier, dort, überall. Das alles muss mit viel Geduld überprüft und gesichtet
Weitere Kostenlose Bücher