Die tote Schwester - Kriminalroman
hatte etwas Durchbohrendes, etwas Statisches.
»Wie sehr liebst du deine Freundin?«, fragte er.
Zbigniew brauchte einige Sekunden.
»Sehr«, sagte er schließlich.
»Okay, dann wird dir das alles nicht gefallen.«
Zeynel setzte sich auf die Couch. Zbigniew ihm gegenüber.
»Was alles?«
»Was machst du eigentlich gleich in Düsseldorf?«, fragte Zeynel plötzlich.
»Eine Ausstellungseröffnung.«
»Ich wusste gar nicht, dass du dich für Kunst interessierst.«
»Lena machte sich etwas daraus.«
Zeynel nickte.
»Jetzt schieß endlich los.«
»Du hast vorhin nach dem Schließfach gefragt. Uns kam die ganze Angelegenheit von Anfang an sehr seltsam vor, so uralte Schließfächer, die schon seit hundert Jahren angemietet sind, und kein Mensch weiß von wem und was überhaupt.«
Er hielt inne, sich vergewissernd, ob Zbigniew den Gedankengängen folgte. Zbigniew nickte höflicherweise.
»Dagegen wissen wir konkret, dass der Direktor der Stürmer-Bank ein recht aktives Mitglied der FDP in Nordrhein-Westfalen ist. Und dass seine Bank die Partei mit erheblichen Spenden mitfinanziert. – Du erinnerst dich, ich hatte dir gesagt, dass Lena im letzten Jahr gegen FDP -Politiker auf Demos war?«
»Auf einer Demo«, korrigierte Zbigniew ihn.
»Ja.«
»Also, wir wissen nicht, was in dem alten Schließfach lag. Ich nenne das mal gar nicht Schließfach, ich nenne das Versteck. Hinterm Gerümpelkeller, ein Versteck für irgendwelche Akten.«
»Und Lena klaut die Akten. Die Spendenakten der FDP .«
»Nein. Halt. Nimm die Indizien bitte ernst.«
Das tue ich doch, dachte Zbigniew. Er hatte es vielleicht ein wenig flapsig formuliert, aber im Endeffekt war er durchaus gewillt, den Gedanken zu folgen.
»Also, nennen wir das mal Theorie zwei«, ging Zbigniew in die Offensive.
»Sofern du Theorie eins bei dir behältst«, konterte Zeynel, »was auch immer deine Theorie ist.«
»Theorie zwei also. Lena inszeniert ihre eigene Entführung, klaut dem bösen Herrn Bankdirektor irgendetwas aus seinem Keller, das ihm lieb ist. Ist es das, was du andeuten willst? Woher zum Teufel hat sie den Schlüssel für das Fach?«
»Das weiß ich nicht. Irgendwer hat ihn besorgt. Wenn das so wäre, wie du sagst, macht Lena das ja auch nicht alleine. Dann ist sie Teil von etwas Größerem.«
»Aha. Und was passiert mit den Akten jetzt? Werden die bald veröffentlicht, gibt es einen Skandal?«
»Wir vermuten, dass es etwas mit der FDP und der Afghanistanpolitik der Regierung zu tun hat.«
Zeynel machte eine Kunstpause. Er hatte es von Zbigniew gelernt, vor einem Jahr. Es sorgte dafür, dass alle Mitarbeiter immer aufmerksam dem folgten, was man sagte.
»Einen politischen Zusammenhang«, konkretisierte er.
Sie nahmen es ernst. Sie nahmen es ernster als alles andere.
»In einem Safe in Köln. Nicht Berlin, sondern Köln.«
»Einige der wichtigsten FDP -Funktionäre wohnen im Rheinland.«
»Habt ihr Alaia Sarwari noch einmal verhört?«
»Ja, natürlich. Sie bleibt aber bislang standhaft bei ihrer bisherigen Aussage.«
»Und das Umfeld?«
»Glaube mir, es ist alles durchleuchtet worden, keine Sorge. Es bestehen überall Querverbindungen. Zwischen der islamistischen Zelle, die scheinbar der Verfasser des Bekennerschreibens ist. Und der Familie der Sarwaris.«
»Ich dachte, das Bekennerschreiben ist gefälscht.«
»Ist es auch. Vermutlich. Aber es könnte aus dem Umfeld stammen, wenn es nicht direkt von der Gruppe ist.«
»Aha. Und was sagt Edina zu alledem?«
»Was soll sie sagen. Ich meine, was 17-jährige Mädchen halt so sagen.«
Zbigniew wurde wütend.
»Was sagen sie denn? Abgesehen davon, dass sie achtzehn ist?«
»Dass Krieg scheiße ist, und Afghanistan überhaupt, und dass man sich raushalten soll, Peace, der Islam ist der Gute und der amerikanische Präsident hat Schuld … «
»So wie wir damals dachten, Atomkraftwerke sind doof, genauso wie Pershing-Raketen im Vorgarten und Tretminen, die Kindern die Beine abreißen … «
»Zbigniew … «
Es kochte in ihm hoch.
»Ich mein, das ist doch Unsinn, was du da erzählst. Das ist halt die Meinung von denen, und das ist die kommende Generation, die bestimmt, was hier abläuft in dem Land. So wie wir dafür gesorgt haben, dass nicht alles Atomstrom wird und dass es Mülltrennung gibt und was weiß ich. Und das war doch verdammt noch mal richtig, das hat doch inzwischen sogar das Establishment begriffen.«
»Ja, aber … «
»Ich meine, ich hab keine Ahnung, was bei
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