Die tote Schwester - Kriminalroman
Freundschaft mit Lena zu Ende.
Tonia. Er und Tonia würden zusammensein, sie waren ohnehin füreinander wie geschaffen. Fast wunderte sich Zbigniew, dass es ihm noch nicht eher aufgefallen war.
Das Vertrauen in Lena, würde es nicht ohnehin in alle Ewigkeit erschüttert sein?
Warum fuhr er nun mit Tonia Lindner zur Vernissage? Sollte er sich besser mit ihr amüsieren, statt seinen wirren Gedanken nachzugehen?
Zeynels neue Theorie machte es ihm leicht, sich daran zu gewöhnen, dass Lena nicht mehr da war.
Zbigniew atmete kräftig durch, Tonia blickte kurz zu ihm herüber.
»Alles in Ordnung?«
»Ja.«
Nein.
Er versuchte, alle Gedanken an Lena abzuschalten. Er würde jetzt einen klaren Kopf behalten und sich noch anhören, was Delia Johannsen ihm zu sagen hatte. Vielleicht war er mit seinen Recherchen immerhin noch in der Lage, Samuel Weissbergs große Lebensfrage zu beantworten.
Samuel Weissberg, der wie vom Erdboden verschluckt war. Der eigentlich Heinrich hieß.
Wenn dies alles mit Lena nicht zusammenhing, dann war das so.
Dann hatte er immerhin für jemand anderen eine gute Tat getan.
Christina Wetzell, diese Geschichte schien auf jeden Fall zu stimmen. Die Tochter der Hebamme hatte ihn sicherlich nicht angelogen. Er war einer Sache auf der Spur.
Und Lenas Schicksal war bei Zeynel in allerbesten Händen. Das hatte er heute Abend eindringlich demonstriert bekommen.
Er trudelte, innerlich.
Er beschloss, seinen Verstand abzuschalten.
Die Chemiewerke von Dormagen zogen vorbei.
Das Düsseldorfer Museum Kunst Palast lag fast direkt am Rhein, in einem älteren, großen Gebäudekomplex, der an einen herrschaftlichen Park anschloss. Es fühlte sich anders an als in Köln, man spürte den Geist der Landeshauptstadt. Zbigniew und Tonia hatten den Wagen in einer nahegelegenen Tiefgarage geparkt und gingen in den Innenhof des Museums, wo rund um eine große runde Wasserfläche viele Kerzen in gelben Windgläsern standen, die den Ort romantisch illuminierten.
»Was ist eigentlich mit Timo«, fragte Zbigniew. »Ist der allein zu Hause?«
»Nein. Er hatte sich heute Nachmittag mit einem Freund getroffen und die beiden wollten jetzt ins Kino.«
Zbigniew sah sie an. Tonia wirkte wie eine normale Mutter, die etwas Normales über ihren Sohn gesagt hatte.
War sie inzwischen doch schon eine andere geworden, ohne dass er es gemerkt hatte?
»Birte Kröger ist übrigens vor einigen Wochen gestorben, ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast«, sagte Tonia.
»Nein«, antwortete Zbigniew. Birte Kröger war Timos altes Kindermädchen gewesen, als die Lindners noch geglaubt hatten, alles im Griff zu haben. Zbigniew hatte Birte erst im Krankenhaus kennengelernt, nach ihrem Schlaganfall. Er hatte großen Respekt vor der alten Dame gehabt.
»Das tut mir leid«, fügte er noch an, weil er es so meinte.
Auf der Freitreppe vor dem Museum standen bereits einige Gäste, in der einen Hand ein Sektglas, in der anderen eine Zigarette.
Zbigniew musste an New York denken.
Und daran, wie er zu Lena gesagt hatte, dass die Gäste auf einer Vernissage in Köln auch nicht anders herumstanden als in der Kunsthauptstadt der Welt. Lena, die unbedingt auf der Vernissage bleiben wollte.
Jetzt war er nicht in Köln, aber es war genau das, was er gemeint hatte. Die Gäste standen hier nicht wesentlich anders herum.
Tonia und er bahnten sich den Weg durch die Rauchschwaden.
Früher ging man vor die Tür, um frische Luft zu schnappen. Heute musste man dafür hineingehen.
Ein adrett gekleideter Sicherheitsbeamter fragte nach seiner Einladungskarte.
»Ich habe keine, wir müssten aber auf der Gästeliste stehen.«
Der Sicherheitsbeamte nickte sie durch, aber Zbigniew bemerkte, dass er sie von hinten im Auge behielt. Für den Fall, dass sie doch nicht auf der Gästeliste stehen und Ärger machen würden.
An einem Tisch im Eingang saßen zwei Hostessen. Vor ihnen lag eine große Mappe Papier.
Das Personenstandsregister für den heutigen Abend.
Zbigniew wandte sich an die dunkelhaarigere der beiden und nannte seinen Namen. Delia hatte sie auf eine Zusatzliste schreiben lassen. Die Hostessen wünschten »Viel Spaß« und winkten sie durch.
Der Sicherheitsbeamte im Rücken konnte sich entspannen.
Eine weitere Hostess, gekleidet wie die beiden Damen im Eingang, drückte Tonia und ihm zwei Gläser Sekt in die Hand. Zunächst wollte Zbigniew ablehnen; wenn Delia Johannsen ihm noch wertvolle Informationen geben würde, wollte er einen klaren
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