Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die tote Schwester - Kriminalroman

Die tote Schwester - Kriminalroman

Titel: Die tote Schwester - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Brueggenthies
Vom Netzwerk:
danach, als ob man nicht genügend Sex gehabt hat«, lachte sie.
    Die alte Frau sah sie strafend an. Eine optische Ohrfeige, die so wirkte, als sei sie kurz davor, in eine reale überzugehen. Delia hörte auf zu lachen und blickte schuldbewusst drein.
    »Nein, es ist wirklich schlimm, entschuldigen Sie. Vielleicht hat er nur noch ein Jahr. Aber er hat es mit Fassung getragen, macht jetzt das Beste draus. Auch wenn er seitdem immer wieder mit seiner Schwester anfängt, statt das letzte Jahr seines Lebens zu genießen.«
    »Du hast niemals einen solchen Verlust erlitten, Delia. Du weißt nicht, was das heißt«, sagte die alte Dame nun. Sie warf ihre Zigarette auf den Boden und trat sie aus.
    Zbigniew hatte mehrere kleine Schocks erlitten, während Delia gesprochen hatte. Es war für ihn nicht einzusehen, dass dieser rüstige, sportlich wirkende Herr todkrank sein sollte.
    Aber wie sollte man jemandem so eine Krankheit ansehen? Zbigniew selbst hatte man seinen Bandscheibenvorfall ja auch nicht angesehen, vor einem halben Jahr, als er sich todkrank gefühlt hatte.
    Nein, jetzt belog er sich. Alle hatten damals hinter seinem Rücken darüber getuschelt, dass er humpelte.
    »Na, du weißt es ja auch nicht«, sagte Delia etwas zickig zu ihrer Mutter.
    Die Alte zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Samuel ist ein wunderbarer Mann«, sagte sie nun. »Und du solltest nicht so über ihn reden.«
    »Entschuldige, Mutter.«
    Just in diesem Moment kam Samuel Weissberg aus der Ausstellung heraus, stellte sich zu ihnen.
    »Smokers«, grunzte er abfällig. Er blinzelte Delias Mutter zu, diese lächelte fast flirtend zurück.
    Zbigniew zog Lena beiseite.
    »Komm, lass uns gehen.«
    Lena schüttelte den Kopf.
    »Ich will nicht«, sagte sie. »Der arme Samuel, ist es nicht schrecklich?«
    »Ich muss hier weg«, versuchte Zbigniew seine Gemütslage in Worte zu fassen.
    Er würde nicht noch einmal Nein sagen können, wenn Samuel Weissberg ihn fragte. Der todkranke Mann.
    Er würde ihm nicht helfen können und seine Enttäuschung nur verstärken.
    »Dann geh doch. Ich wollte sowieso mal ’nen freien Abend in New York. Das find ich okay.«
    Zbigniew spürte, wie Weissberg Lena beobachtete. Hatte er Angst, dass sie nun gehen würden?
    »Du lässt dich aber nicht auf irgendwelche Suchaufträge ein, ja?«
    »Und wenn doch?«
    »Lena, ich fang’ übernächste Woche wieder den Dienst an, und dann ermittle ich bei der Kripo, Vollzeit. Hier ein Bargeldbetrug, da ein Handtaschenraub. Das ist meine Realität, und so sieht das aus.«
    »Okay, du stinknormaler Polizist. Ich verspreche, dass ich dich in New York nicht mehr damit behelligen werde. Gehst du jetzt?«
    Zbigniew runzelte die Stirn. Wollte sie ihn etwa loswerden?
    Der Mann mit der Kufiya, vermutlich würde Lena ihn in revolutionäre politische Diskussionen verwickeln wollen. Oder umgekehrt.
    Konnte er sie allein lassen, hier in New York?
    »Jetzt geh schon«, sagte sie noch einmal grinsend. »Ich mein das ernst.«
    »Dann nimmst du dir aber nachher ein Taxi, das dich bis vors Hotel bringt, ja?«
    »Klar.«
    Er gab ihr zwei Zwanzig-Dollar-Scheine, die sie dankend annahm. Sie gingen wieder zu den anderen. Zbigniew nahm Delia Johannsen beiseite.
    »Ich werde mich zurückziehen, es war ein sehr langer Tag«, sagte er leise zu ihr. »Meine Freundin möchte noch bleiben. Achten Sie bitte darauf, dass sie später ein Taxi nimmt? Ich möchte nicht, dass sie hier alleine nachts durch die Stadt geht.«
    »Oh«, lachte Delia Johannsen, »wie schade. Sie brauchen keine Angst zu haben, New York ist nicht mehr so, wie man es von Kojak kennt.«
    Zbigniew schluckte.
    »Wenn Sie wissen, was ich meine«, fügte sie hinzu.
    Er nickte und starrte in ihre Föhnwelle, die ihm mit einem Mal so vertraut, so nah vorkam. Sie war wie eine alte Schulfreundin, mit der man sich über gemeinsame Erlebnisse unterhalten konnte. Die ersten großen Fernseherlebnisse. Harry und Sally.
    »Inzwischen ist zumindest Manhattan ist ein wunderbar sicherer Ort. Aber wir werden Ihrer Freundin ein Taxi bestellen. Oder jemand wird sie fahren.«
    »Das ist nett, vielen Dank«, sagte er bloß.
    War sie nicht eigentlich Sally?
    »Hatten Sie einen Streit?«, zwinkerte Delia Johannsen ihn an.
    »Nein. Ich bin nur sehr müde«, log Zbigniew. Er deutete auf Lena. »Passen Sie bitte ein bisschen auf sie auf. Sie ist erst achtzehn.«
    Delia Johannsen zwinkerte ihn wieder an. War es ein flirtendes Zwinkern? Oder ein süffisantes »Na, da

Weitere Kostenlose Bücher